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Naturschutz auf Sylt, Folge 5: MIND THE GAP: wer schliesst die Walschutzlücke?

Zeichnung Martin Camm

Schweinswal Phocoena phocoena, Zeichnung: Martin Camm

In einer Serie stellt die Naturschutzgemeinschaft Sylt und die Söl’ring Foriining das Thema „Natur auf Sylt“ in seiner ganzen Bandbreite in der Sylter Rundschau dar. Erschienene Artikel werden auf natuerlichsylt.net veröffentlicht und archiviert. Es werden Institutionen und Vereine vorgestellt und auch  Menschen, die sich für die Sylter Natur einsetzen.

In der fünften Folge gibt Lothar Koch, freier Biologe und Autor einen Überblick über das Walschutzgebiet im Nationalpark Wattenmeer vor der Insel.

 

 

Zum Sylter Walschutzgebiet – Geschichte und aktueller Status

MIND THE GAP!– Achtung Sicherheitslücke! so schallt es über die Lautsprecher der Londoner U-Bahn, wenn der Zug in den Bahnhof eingefahren ist. Zwischen Zug und Bahnsteig bleibt für die Ein-und Austretenden oft ein gefährlicher Spalt.

Ähnliches möchte man den Sylter Schweinswalen zurufen, wenn sie im Sommer mit ihren frisch geborenen Kälbern durch die warmen Priele direkt entlang des Sylter Strandes ziehen und Sandaalen nachjagen: MIND THE GAP!

Ja, es gibt eine Sicherheitslücke für die streng geschützte Tierart- trotz Walschutzgebiet. Und die ist 150 Meter breit und liegt genau entlang des Sylter und Amrumer Strandes.

Woran das liegt, erklärt die Entstehungsgeschichte des Walschutzgebietes.

Ein Blick zurück:

Die 1980iger Jahre waren  an der Küste von hitzigen Debatten um Wattenmeer- und Nordseeschutz geprägt. Ein jahrelanges Gerangel um die Idee, ein Großschutzgebiet als  Nationalpark im deutschen Wattenmeer einzurichten, brachte  Fischer, Jäger, Touristiker, Skipper und alteingesessenen Insulaner auf die Barrikaden. 1985 wurden in Schleswig-Holstein Kompromisse zwischen „Schützern“ und „Nutzern“ geschlossen, um das Vorhaben hier doch noch zu realisieren. Ein wesentlicher Punkt lag darin, dass sämtliche Inseln und große Halligen nicht Teil des Nationalparkes werden und die Grenze des Parkes 150 m seewärts  der MTHW-Linie von Inseln und Küste gezogen würde. Ökologisch unsinnig, aber politische Notwendigkeit.

Eine erste Novellierung des Nationalparkgesetzes stand knapp 15 Jahre später an. Das Landesamt für den Nationalpark hatte die Jahre genutzt, um das Großschutzgebiet im Detail zu erforschen. Die zahllosen Ergebnisse dieser Ökosystemforschung und weitere Streitereien um Nutzungsinteressen machten erhebliche Anpassungen im Gesetz erforderlich. Der sogenannte „150 Meter-Streifen“ blieb jedoch unangetastet, obwohl in Niedersachsen Teilflächen der Inseln inzwischen in den dortigen Nationalpark Wattenmeer integriert worden waren.

Meeressäuger rücken in den Fokus

In Schleswig-Holstein, insbesondere auf Sylt,  hatten Naturschützer während der Forschungsjahre ihren Blick über den „Tellerrand“ des klassischen Wattenmeeres, auf die offene Nordsee hinaus gerichtet. Der Grund war auch eine Epidemie unter den Seehunden, die 1988 bundesweit für drastische Empörung angesichts der sterbenden „Nordsee-Kuscheltiere“  gesorgt hatte. Allein vom Sylter Strand wurden rund 800 Kadaver in wenigen Wochen der Hauptsaison geborgen. Am Ende waren es 23 000 im gesamten Gebiet der Epidemie. Dies geschah gerade in dem Sommer, der einer Internationalen Nordseeschutzkonferenz in London (Herbst 1987) folgte, zu der sowohl die Natur-und Umweltverbände der Küste, als auch Gemeindevertreter und Nordseebäderverbände reisten, um gemeinsam für eine „saubere Nordsee“ zu protestieren. Das Seehundsterben wirkte demzufolge wie eine brutale Bestätigung all dieser Bemühungen um ein Müll- und schadstofffreies Hausmeer, denn die Seehundstaupe grassierte auf der Basis eines Tierbestandes, dessen Immunsystem durch enorm hohe Schadstoffwerte geschädigt war.

Das Augenmerk lag also ab jetzt mehr auf den Meeressäugern, statt auf den Vögeln und Wattwürmern. Als hätte diese Tiergruppe der Nordsee das Interesse wahrgenommen, rückten ab 1989 plötzlich zwei weitere Meeressäugetierarten in den Fokus, die bislang kaum eine Rolle in den Debatten um den Nationalpark gespielt hatten: Die Kegelrobben und Schweinswale. Der Fund einer kleinen neugeborenen Kegelrobbe im Winter 1988/89 an der Hörnum Odde war der Auftakt eines Kegelrobben-Schutzprojektes der Schutzstation Wattenmeer. Und wenige Monate später folgte ein Schweinswalprojekt.

Ein internationales Forschungsgutachten, das die Sorge um Kleinwale in der Nordsee zum Ausdruck gebracht hatte, sowie eine erhöhte Rate von Schweinswal-Totfunden an sylter Stränden motivierte den WWF, das Nationalparkamt und die Schutzstation Wattenmeer damals zur Herausgabe eines Zählbogens für diese bislang weitgehend übersehenen Meeressäuger. In den Folgejahren zog die Schutzstation Wattenmeer gemeinsam mit anderen sylter Verbänden eine Schweinswal-Synchronzählung auf, bei der vierzehntäglich an 20 festen Beobachtungspunkten entlang des Sylter Strandes gleichzeitig nach Walen Ausschau gehalten wurde. So entstanden die ersten belastbaren, statistischen Zahlen zum Kleinwaldbestand vor Sylt.

Inzwischen hatten rund um die Nordsee Walschützer und Universitäten ihre Forschungsaktivitäten in Hinblick auf die Kleinwale verstärkt. Das führte im Jahre 1994 zu SCANS, der ersten international koordinierten Erfassung von Walen in Nord-und Ostsee.

Das Ergebnis bestätigte die bereits von den lokalen Verbänden geäusserten Thesen: Vor Sylt schälte sich ein nordseeweiter „Hotspot“ für diese Tierart heraus, der eindeutig als „Kinderstube“, also Kalbungsgebiet identifiziert werden konnte. Damit landete die Verantwortung für den Schutz dieser Tierart in unseren nationalen Gewässern bei Schleswig-Holstein und letztendlich auch bei den Syltern.

Bald folgten weitere Forschungsergebnisse zu Seehunden, Kegelrobben, Hochseevögeln und Bodenorganismen des Sylter Riffs, die die Bedeutung des Seegebietes vor Sylt und Amrum für den Jahreszyklus zahlreicher Tiergruppen heraus stellten.

Die Forderung nach einem Walschutzgebiet wird formuliert

neue interaktive Infofotafeln am Walschutzgebiet auf Sylt

Info-Stele des neuen interaktiven sylter Walpfades/Foto:Koch

Info-Stele des neuen interaktive sylter Walpfades/Foto:Koch

Durch diese Fakten beschleunigt, wurden die Schweinswale zum Motor einer Forderung, die wenige Jahre zuvor niemand zu äussern gewagt hätte:

Stellt das offene Meer vor Sylt vorsorglich flächenhaft unter Schutz! Ziel: die Bewahrung als intaktes Rückzugs- Nahrungs-, Kalbungs- und Rastgebiet für Schweinswale, Robben und Hochseevögel.

Bislang war die Nordsee schliesslich nur als Badegewässer, Schifffahrtsstrasse und Fischereigebiet wahrgenommen worden. Die Gunst der Stunde wurde genutzt, mit der Novellierung des Nationalparkgesetzes im Jahre 1999 das erste europäische Walschutzgebiet, ausgerechnet vor Sylt und Amrum, auszuweisen. Als Bestandteil des Nationalparkes, erhielt es dann 2009 auch den Segen der UNESCO mit dem Siegel  „Weltnaturerbe“.

Kurz nach Einrichtung des Walschutzgebietes brach  das „Windhunderennen“ um die besten Bauplätze für Offshore Windparks los. Der zügigen Einrichtung des Walschutzgebietes  ist es zu verdanken, dass das Seegebiet vor unserer Insel bis zur 12 Seemeilen-Landesgrenze von vornherein dafür tabu war und wir auch in Zukunft keine Industrieanlagen in Strandnähe zu befürchten haben.

Alles gut- eine Erfolgsgeschichte des Naturschutzes, könnte man meinen, aber –

MIND THE GAP! Es gibt dennoch Gefährdungspotential für die Kleinwale und andere Nordseetiere:

– Die Meeresschutzgebiete des Bundes (FFH), die unmittelbar nordwestlich an das Walschutzgebiet des Landes anschliessen, wurden erst 2007 eingerichtet, Jahre nachdem der Windpark Butendiek schon genehmigt war. Der Windpark mit 80 Anlagen hat Bestandsschutz und steht etwa 19 Seemeilen entfernt der Insel. Er ist ein eklatanter Wermutstropfen im Vogelschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“. Die Offshoreanlagen haben während der Bauzeit negative Auswirkungen auf die Schweinswale in ihrer Umgebung gehabt. Die Versorgung des Parkes mit sehr schnellen Transportschiffen, könnte sich permanent negativ auf die Schweinswale entlang der Schiffahrtsroute auswirken.

– Durch die Ausweitung des Nationalparkes bis zur 12 Seemeilenlinie hat sich die 150-Meter Klausel nicht aufgelöst. Der schmale Meeres-Streifen entlang der Strände, der von den Schweinswalen so gern genutzt wird, ist vor Sylt lediglich durch eine lockere Vereinbarung der Gemeinden geschützt, die hier den Einsatz von schnellen Flitzern, also Jetskis, Bananaboats, Rennbooten und ähnliches nicht dulden wollen. Vor eindeutig erkennbaren Badestränden bietet die Seewasserstrassenverkehrsordnung einen gewissen Schutz durch ein Tempolimit von 8 Knoten. Ausnahmeregelungen für Not-Einsätze und bei speziellen Regatten bleiben erlaubt.  Die Kontrollen sind dürftig und wer garantiert, dass diese Absprachen nach der nächsten Kommunalwal so bleiben?

-Untersuchungen, inwieweit sich schnelle Wasserfahrzeuge, also auch Kiter und Windsurfer auf das Verhalten von Walen und Walkälbern auswirken wurden bislang nicht in Auftrag gegeben. Demzufolge werden diese auch nicht im Walschutzgebiet reglementiert. Zu einer neuen Gefahrenquelle könnten neue motorisierte Wassersportgeräte werden, wie z.B. elektrobetriebene Surfbretter und andere Erfindungen dieser Art, die schnell Trendsport werden können und dann von Gemeinden kaum regulierbar sind.

– Das Walschutzgebiet mit einer entsprechenden Befahrensregelung ist als solches  bis heute nicht in die offiziellen Seekarten der Schiffahrt eingetragen worden. Dies soll nun dieses Jahr durch den dafür zuständigen Bund geschehen. Die neue Befahrensregelung bleibt im 150-Meter-Streifen jedoch unwirksam.Walschutzgebiet

Walgefährdende Fischerei ist im Walschutzgebiet bislang immer noch nicht gänzlich ausgeschlossen. Grund dafür ist die Zuständigkeit von Bund und EU hinsichtlich des Fischereirechtes. Das Land hat die Möglichkeit genutzt, walgefährdende Stellnetzfischerei bis zur Drei-Seemeilengrenze für alle und  bis zur 12 -Sm-Grenze für deutsche Fischer, zu verbieten. Die Internationale Fischerei kann jenseits der 3 Seemeilen Zone jedoch bislang national nicht eingeschränkt werden. Das wäre nur per EU-Verordnung machbar. Angeln und Stellnetzfischerei ist vom Strand aus weiterhin mit Lizenz erlaubt.

– Nach wie vor werden rund 100 Schweinswale pro Jahr tot am Sylter Strand geborgen-viele davon sind stark schadstoffbelastet und von Parasiten durchseucht. Deshalb müssen die Forderungen des Nordsees-Umweltschutzes weiter verfolgt werden.

– eine umfassende und angemessene Bürger-Information am Schutzgebiet blieb das Land Schleswig-Holstein der Insel bis zum Jahre 2016 schuldig. Nun soll im Frühjahr 2018 die Errichtung eines Sylter Wal-Indopfades mit hochwertigen interaktiven Stelen und Pulten direkt  am Gebiet abgeschlossen werden.

– nach wie vor fehlt ein umfassender Management- und Entwicklungsplan für das Gebiet.

– Eine ausreichende Kontrolle und Beforschung des Walschutzgebietes ist nicht gegeben.

Fazit: MIND THE GAP!

Einrichtung des Walschutzgebietes war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Sie hatte keinerlei negative Auswirkung auf touristische Belange (im Gegenteil!) und notwendige Maßnahmen des Küstenschutzes. Es bleibt aber noch viel zu tun, um Sicherheitslücken für Kleinwale und andere Tiergruppen verlässlich zu schliessen. Ein Management-und Entwicklungsplan könnte helfen, vorsorglich die richtigen Maßnahmen zum Schutz des Meeresgebietes zu ergreifen. Das käme in jedem Fall auch der Insel zu Gute, denn gute ökologische Badewasserquälität und biologische Vielfalt ist ein wichtiges Kapital.

Ein guter Schritt, der Sylt glaubwürdig als „die Insel der Nordseeschützer“ auszeichnen würde, wäre  die Übernahme einer offiziellen und engagierten Schirmherrschaft der Sylter Gemeinden und ihrer Tourismuseinrichtungen für „Wal- und Meeresschutz im 150-Meter-Streifen“. Das könnte schnell zu einer Win-win Situation für Natur und Tourismus führen, wenn  die Schirmherrschaft mehr als ein symbolisches Markenzeichen würde.

Lothar Koch

der sylter Biologe und Buchautor  war als Verantwortlicher der Schutzstation Wattenmeer zwischen 1988 und 2003 federführend im Einsatz für das Walschutzgebiet. Heute engagiert er sich weiter ehrenamtlich für die Meeressäuger u.a. als Vorstandsmitglied im Freundeskreis des Naturerlebniszentrums für Naturgewalten/List.

Infokasten

Das Walschutzgebiet
– 1999 als Teil des Nationalparkes SH-Wattenmeer eingerichtet und erstes Walschutzgebiet Europas. Zuständig ist das Land Schleswig-Holstein.
– Es erstreckt sich über 1562 qkm von der Dänischen Grenze bis südlich von Amrum und bis zur 12 Seemeilen-Landesgrenze entlang der Inselstrände 150 m entfernt der MTHW-Linie.
Schweinswale
– stehen unter strengem Schutz des Anhang II und IV der Flora-Fauna Habitat-Richtlinie der EU
– stehen über das Bundesgesetz zum Schutz der Kleinwale in Nord-und Ostsee, dem Gesetz zum Schutz wandernder Tierarten und dem EU-ASCOBANS-Abkommen der Nord- & Ostseeanrainerstaaten unter Naturschutz- und auf der Internationalen und nationalen „Roten Liste für gefährdete Tierarten“.

Umweltverbände: Angriff auf den Meeresschutz abgewehrt

schweinswal_w_rolfes-kleinErfolg für Naturschutzverbände: Bundestag stoppt gefährliches Vetorecht im Bundesnaturschutzgesetz
Berlin: Nord- und Ostsee können auch in Zukunft durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützt werden. Mit einem Änderungsantrag der Abgeordneten der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD stoppte der Bundestag am 22. Juni mit großer Mehrheit den Plan der Bundesministerien für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Forschung per Vetorecht zukünftig effektive Meeresschutzmaßnahmen verhindern zu können. Die Umweltverbände NABU, BUND, DNR, DUH, Greenpeace, Schutzstation Wattenmeer, WWF und Whale & Dolphin Conservation hatten sich intensiv für den Antrag eingesetzt und begrüßten die Entscheidung.
„Das Parlament hat den Ausverkauf der Meere noch einmal verhindert. Die Abgeordneten haben verstanden, dass die Änderung einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen hätte. Der Schutz der Meere und vielleicht sogar der gesamte Naturschutz in Deutschland hätten dauerhaft geschwächt werden können“, erklärten die Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme.

 Seit ihrer Veröffentlichung Ende 2016 hatten die Verbände die Gesetzesnovelle kritisiert, sprachen mit Bundestagsabgeordneten und schrieben einen Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Anlass der Kritik: Paragraph 57. Dieser sollte den Bundesministerien – statt wie bisher eine Beteiligung – künftig ein sogenanntes Einvernehmen zusichern. Damit hätte jedes einzelne Ministerium Verordnungen und überfällige Maßnahmen zum Schutz der Meere blockieren können. 
Dabei stehen die Meere schon jetzt erheblich unter Druck. „Selbst in den Schutzgebieten in Nord- und Ostsee wird intensiv gefischt, Rohstoffe werden abgebaut und auch die Schifffahrt ist enorm. Ein Vetorecht der Nutzerressorts hätte den Naturschutz hier endgültig ausgehöhlt“, so die Verbände. Mit der heutigen Entscheidung habe der Naturschutz einen wichtigen Etappensieg erzielt. Doch nun müsse es weitergehen. Aktuell stehen weitere entscheidende Verhandlungen zu den Schutzgebietsverordnungen und zur Regulierung der Fischerei an. „Deutschland muss endlich den Hebel umlegen und konkrete Schutzmaßnahmen erlassen. Sonst bleiben Schutzgebiete Papiertiger und der Meeresschutz vor der eigenen Haustür ein trauriges Lippenbekenntnis“, so die Verbände weiter.
 
Hintergrund 
Formal sind rund 45 Prozent der deutschen Meeresflächen durch das Natura-2000-Netzwerk geschützt. Darunter sind die Schutzgebiete nach EU-Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie zusammengefasst. Zehn Jahre nach ihrer Anerkennung durch die EU sollen die Natura-2000-Gebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone endlich den rechtlichen Status von Naturschutzgebieten erhalten. Deutschland hatte bereits 2013 die EU-Frist zur Verankerung von konkreten Maßnahmen zum Schutz der Meere verpasst. Dieses Versäumnis ist Bestandteil eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen Deutschland.
 

Geschacher um Meeres-Schutzgebiete vor Sylt läuft heiss!

Berlin/Sylt

Heute sollte im Bundestag eigentlich die Entscheidung über eine mögliche Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes in Bezug auf  Meeresschutzgebiete in Nord-und Ostsee fallen. Betroffen sind auch die Gewässer vor Sylt.

Meeresschutzgebiete (Natura 2000-FFH) in Nord-und Ostsee

Meeresschutzgebiete (Natura 2000-FFH) in Nord-und Ostsee

Nun ist die Abstimmung auf nächste Woche vertagt worden, um zwischen den Interessengruppen noch „Deals“ auszuschachern. Aus der Perspektive der großen Naturschutzverbände steht die Glaubwürdigkeit der deutschen Naturschutzpolitik aber generell auf dem Spiel.
„Die Entwertung des Schutzes der heute für die Natura 2000-Gebiete auf dem Meer anvisiert ist, könnte schon morgen für alle nationalen  Fauna-Flora-Habitat-Gebiete des Bundes gelten“, sagt Kim Detloff, Meeresexperte vom NABU.

Kim Detloffs, Meeresschutz-Experte vom NABU

Kim Detloff, Meeresschutz-Experte vom NABU

Bislang billigt das BNatschG. dem Bundes-Umweltministerium nach Ressortabstimmungen die letzte Entscheidung über Maßnahmen in ausgewiesenen Schutzgebieten zu. Mit der Einführung des geplanten § 57 soll sich das ändern: Die Ministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und Forschung sollen in § 57 eine „Einvernehmensregelung“ bekommen, die es ihnen ermöglicht, künftige Verordnungen und Schutzmaßnahmen über ein Vetorecht zu verhindern.
„Diese Änderung würde die Kompetenz des Bundesumweltministeriums unterhöhlen, behördliche Abstimmungsprozesse erschweren und das notwendige  Schutzgebietsmanagement nahezu unmöglich machen“, so Detloff.

Mit Offenen Briefen an die Bundeskanzlerin, Ausstellungen und Aktionen versuchen Nabu, Greenpeace, Schutzstation Wattenmeer, Whale and Dolphin Conservation (WCD) und weitere Verbände  derzeit in letzter Minute den Gesetzesentwurf, der bereits durch erste Lesungen gegangen ist, zu kippen. Hinter den Kulissen geht es dabei zu wie auf dem Bazar, nach dem Motto: „Ich geb beim Meeresschutz klein bei, wenn Du dafür Eingeständnisse beim Biotopschutz an Land machst.“

Selbst wenn es dem Bundesumweltministerium und den Verbänden gelingen sollte die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes in §57 zu verhindern, sind die Meeresschutzgebiete noch nicht in trockenen Tüchern und damit besonders Kleinwale, Hochseevögel und Bodentiere in Gefahr: Seit über einem Jahr wird hinter geschlossenen Türen über Verordnungsentwürfe für sechs Naturschutzgebiete in Nord- und Ostsee verhandelt, darunter auch das FFH-Gebiet Sylter Außenriff. Die Lobbyisten aus Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Forschung versuchen für den Fall eines Scheiterns mit § 57 bereits durch die Hintertür ihre Pfründe zu sichern, indem  sie gleichzeitig ein Vetorecht bei der Gestaltung einzelner Schutzgebiets-Managementpläne erwirken wollen.  Auf diese Verwaltungsprozesse haben die Umweltverbände jedoch kaum Einflussmöglichkeiten.

Meeresschützer Kim Detloff will die Hoffnung nicht aufgeben, daß Deutschland seine internationale Vorreiterrolle im Meeresschutz weiter behalten will.
„Wenn wir jetzt weiter Druck machen, kann die Entwertung der Vogel- und Walschutzgebiete vor Sylt vielleicht noch verhindert werden.“

Kontakt zu Kim Detloff, Meeresschutz-Experte des Naturschutzbund Deutschland (Nabu):
Tel: 030/2849841626, Kim.Detloff@NABU.de

Lothar Koch, www.natuerlichsylt.net, Info@syltopia.de, Tel:04651/201088

 

 

 

 

Natürlich Sylt Magazin Sommer 2017: TOP-Thema Sylter Wale

NasyPünktlich zur Internationalen Tourismusbörse ITB legte die Sylter Marketing Gesellschaft in Berlin vorige Woche das druckfrische Sommerheft 2017 des großformatigen Syltmagazins vor. Hier zum direkten anschauen/downloaden: natuerlich-sylt-sommer-2017

In zwei ganzseitigen, schön gestalteten Artikeln beleuchtet Jutta Vielberg, Redaktionsleiterin des Magazins, Geschichten über die sylter Wale und ihr Schutzgebiet.

Im ersten Beitrag geht es darum, wie das erste europäische Walschutzgebiet entstand und weshalb es ausgerechnet vor Sylt eingerichtet wurde. Der Sylter Biologe Lothar Koch erzählt über die Motivationen und Widerstände, die der Naturschutz zu überwinden hatte, bis Land und Insel bereit waren, die gefährdete Tierart und ihr Biotop flächendeckend in den Nationalpark und damit ins Weltnaturerbe Wattenmeer zu integrieren. Der Weg gelang, daß Sylt von einer Insel der Walfänger zu einer Insel des Walschutzes wurde.

Im zweiten Artikel wird der neue Wal-Pfad der Insel Sylt vorgestellt. Der im Entstehen befindliche Whale-Watching Trail dürfte einmalig in Europa sein. Inzwischen stehen 12 individuell gestaltete interaktive Infoelemente entlang des Sylter Weststrandes. Weitere zehn Einheiten, die über den Schutz von Walen, Robben, Vögeln und Küste erzählen, folgen in 2017.

Exemplare können bei der Sylter Marketing Gesellschaft (sylt.de) SMG bestellt werden oder sind in der alten Post Westerland erhältlich.

Kostenfrei nach Hause
Bestellen Sie Ihr kostenfreies Exemplar der Natürlich Sylt einfach per E-Mail unter info‎@‎sylt.de oder telefonisch unter 04651 / 82020. Die digitale Version finden Sie bald auf sylt.de. Und wenn Sie sich um Einzelbestellung nie wieder kümmern wollen: Das kostenfreie Abo landet immer pünktlich zur Neuerscheinung bei Ihnen im Briefkasten.

Freude bei Naturschützern und Touristikern: Sylter Wal-Lehrpfad geht in die zweite Runde

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Lothar Koch erklärt Umweltminister Robert Habeck Defizite beim Walschutzgebiet vor Sylt    (Foto: Joschka Knuth, Grüne)

 

 

 

 

Umweltminister Robert Habeck (Grüne) teilte mir in diesen Tagen schriftlich mit, daß er die verbesserte Präsentation von Inhalten zum Walschutzgebiet vor Sylt sehr begrüßt.
„Ich halte das Projekt für sehr gelungen, da es für Einheimische und Besucher gleichermaßen verständlich, anschaulich und ansprechend die Themen Wal- und Trauerentenschutz,
Nationalpark, Weltnaturerbe, Klimaschutz und Sandvorspülungen als Küstenschutzmaßnahme darstellt“, so Habeck in dem Schreiben.

Im Nachgang zu seiner Bereisung der Insel Sylt im August, wo ich den Minister und den Landtagsabgeordneten Andreas Tietze über die neuen “Walstelen” direkt am Gebiet informieren konnte,
hat seine Abteilung im LKN (Landesamt für Nationalpark und Küsten-und Meeresschutz) Mittel und Wege ausgelotet, wie weitere interaktive Infoelemente finanziert werden könnten.
Darum hatten verschiedenen Institutionen und Naturschützer der Insel gebeten, da die neuen Infostelen begeistert von Bürgern und Urlaubern angenommen werden, aber aus Kostengründen bislang nur zwölf Strandübergänge mit Informationen zum Walschutzgebiet bereedert werden konnten.

„Aus verwaltungstechnischen Gründen ist es jedoch nicht möglich weitere Gelder aus dem Topf “Ausgleichsmittel für Sandentnahmen vor Westerland” zu ziehen“, heißt es aus dem Ministerium.
Auf Drängen des Ministers und Sylter Naturschützer hat das LKN aber andere Wege gefunden, mindestens zehn weitere Standorte auf Sylt mit neuen Waltafeln aus Projektgeldern zu finanzieren.

Zu diesem Zweck wird erneut die bewährte Expertengruppe aus Erlebniszentrum Sylt (Matthias Strasser), Schutzstation Wattenmeer (als freier Biologe Lothar Koch), Nationalparkamt (Matthias Kundy)
und der Firma NaturErleben aus Kiel zusammenkommen und in den nächsten Monaten weitere, ganz individuell gestaltete Infostelen für das Sylter Walschutzgebiet produzieren.

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Lothar Koch