Licht ins Haifischbecken der Sylter Wohnungsbaupolitik

Die Großen fressen gern die Kleinen- so geschieht es von Natur aus im Meer vor unserer Haustür. 

Genau das gilt wohl auch auf dem Sylter Wohnungsmarkt. Mit einem  neuen Raumordnungsvertrag (ROV) will die Landesregierung das eingrenzen- aber kann das wirklich gelingen?  Wir versuchen im Folgenden ganz „fabelhaft“ etwas Licht ins Abkürzungswirrwarr der aktuellen insularen Grundsatzpolitik und damit hoffentlich mehr Verständnis dafür, dass sie den Landesvertrag vorerst ablehnten, der kommende Woche  von den vier Inseldörfern List, Kampen, Wenningstedt, und Hörnum unterzeichnet werden soll:

SylterInnen brauchen bezahlbaren Wohn- und Wirtschaftsraum auf der Insel. Das steht fest.

Um nichts weniger geht es, wenn aktuell in den Gremien mit Abkürzungen wie ROV, WEK oder LEP das Verständnis der BürgerInnen überstrapaziert wird. Das geschieht unter Zuhilfenahme eines ALP-Gutachtens, um einen weiteren sprachliche Stolperstein hinzuzufügen.

Lassen Sie uns diese Begriffe einmal ordnen und in ein tierisch verständliches Bild setzen, das uns Fischköppen den Durchblick leichter macht. LEP oder Ländlicher- Entwicklungs-Plan steht für die Beschreibung großer Raumordnungsziele im ganzen Land Schleswig-Holstein. Die aktuelle LEP-Vorlage allein ist 276 Seiten stark.

In einem  Haifischbecken stünde LEP nun für das große Wasser, welches alle dort lebenden Fische umgibt. 

Die nächste Ebene ist der ROV oder Raumordnerischer Vertrag. Mit dem ROV soll auf Sylt angepasst werden, was der LEP vorgibt. 

In unserer Fabel beschreibt der ROV die Form der erlaubten Schwimmflossen aller Fische, egal zu welcher Art sie gehören. Er beschreibt, wie Fische sich mittels ihrer Flossen wo bewegen dürfen. Er sagt jedoch nichts darüber aus, ob diese Fische in dem Becken geboren wurden, dort   aufwuchsen oder ob sie zu den Durchzüglern gehören, so wie die Haie, die im ganzen Meer umherwandern und unkontrolliert kleinen Fischen den Lebensraum streitig machen. Im ROV werden also quasi nur die Flossenformen geregelt.

Dieses Bild macht deutlich, wie gefährlich das Leben für einige kleine heimische Fische sein könnte, wenn sie sich nur auf den ROV verlassen sollten. 

Ist das WEK die Rettung der kleinen Fische?

Diese Abkürzung steht für das Sylter Wohnraum-Entwicklungs-Konzept. Dieses Konzept wurde unter Berücksichtigung des LEP, des Baugesetzbuchs und eines Regionalplans V vor fünf Jahren mit allen Sylter Gemeinden und dem Land erstellt. Das Ziel: Dauerwohnraum für die Sylter sichern und ausufernde Bebauung von Zweit- und Nebenwohnungen oder große Appartementanlagen zu begrenzen. 

In unserem Bild steht das WEK für den Versuch ein Schutzgebiet für kleine Fische einzurichten.

Das WEK will nicht nur über die Flossen bestimmen, sondern auch den Fisch als Ganzes in seiner Aufgabe und Nützlichkeit für das umgebende Wasser betrachten und entsprechend regeln. 

Einigen Immobilienhaien schien das nicht zu passen. Sie intervenierten offenbar auf höchster Ebene gegen das WEK, weil sie weiter frei umherschwimmen und ungebremst Beute machen wollen. Nur so ist es zu erklären, dass das Land ganz plötzlich  Jahre nach Bestehen des mühsam insular abgestimmten WEK  im September 2020 verkündet, dieses sei gar nicht gültig, weil damals kein interkommunaler Vertrag unterzeichnet worden sei. Deshalb sei das eigentlich bis 2025 gültige WEK nun obsolet und ein neues Planungswerk namens  ROV unentbehrlich.  

Was dabei verdächtig ist: nur mit diesem ROV ist es  möglich, die umfangreiche Bebauungsplanung „Dünenpark“ auf dem Gelände der ehemaligen Marine-Versorgungsschule in List rechtlich zu sichern. Dies wird von der Immobiliengesellschaft BIGFISH angestrebt, der man exzellente Kontakte zur Landesregierung nachsagt.  In einem sogenannten Zielabweichungsverfahren soll so die Begrenzung, die das WEK vorgibt, ausgehebelt werden.

Ein Paukenschlag im sylter  Haifischbecken! 

Mit einer bewährten Fangtechnik machen es die Haifische der heimischen Fischwelt schwer, hier den Durchblick zu behalten. Die besonders leckeren Köder in Form von Neubauten für Dauerwohner, Renovierung eines maroden Schwimmbades und die Schaffung von Kindergartenplätzen sollen die zu schluckende Kröte – den Neubau etlicher Ferienappartements- geschmeidiger machen. Doch wer erstmal den Köder schluckt hängt am Haken, und wer sich nicht geschickt befreien kann, landet womöglich auf dem Teller: Abgenagt und auf die Gräten reduziert ist es dann vorbei mit dem kleinen Fisch.

Haie sind eben geschickt und jagen im Team, sie treiben die heimische Fischwelt auseinander und machen so ordentlich Wirbel im Wasser.

Dieser Wirbel lässt beinahe vergessen, dass weder ROV noch WEK die Probleme der kleinen Fische lösen werden. 

Denn im ALP-Gutachten zum Wohnraumbedarf auf Sylt werden Fakten benannt, die aufzeigen, dass die aktuell so beklagten Wohnraum-Engpässe hier  schon seit über 30 Jahren andauern. Das beweist, dass diese Krise mit der üblichen Logik, ihr durch mehr Wohnungsbau zu begegnen, auch in Zukunft nicht gemeistert werden kann. Es brauch auch hier ein Umdenken hin zu neuen Definitionen von Wirtschaften unter den Stichworten „Nachhaltigkeit und Lebensqualität“. 

Seit Jahrzehnten die gleiche Entwicklung auf dem Sylter Wohnungsmarkt

Stadtplaner stellen im ALP klar, wie sich die Dinge seit Langem in nur eine Richtung entwickeln: Jahr für Jahr werden rund 100 Dauerwohnungen auf der Insel in Neben- oder Ferienwohnungen umgewandelt. Die Gemeinde Sylt baut mit ihrem Kommunalem Liegenschaft Management (KLM) dagegen an, kommt aber nicht nach. Diese Rate kann durch Neubauten für Dauerwohnraum niemals aufgefangen werden. Nur wenn wir unsere einmalige Naturlandschaft opfern würden, könnte das gehen- aber wollen wir kleinen heimischen Fische das wirklich? Wollen das unsere Gäste und Inselliebhaber?

LEP, ROV oder WEK mögen vielleicht aus einer guten Intention entstanden sein, aber sie lösen das Problem nicht, weil sie faktisch nur Lösungen aufzeigen, die zu einem weiteren Zubau von Inselfläche führen.

Sie folgen der alten Wachstumslogik. Eine Logik die erkennbar nicht ans Ziel führt, denn sie wird die kleinen Fische vertreiben und nur noch Haifische im Becken übrig lassen.

Doch die großen Fische lassen nicht locker, sie wollen, koste es was es wolle Mehr am Meer! Potenzialflächen für Bauland werden benannt, Ortsgrenzen sollen unter bestimmten Kriterien nun doch ausgedehnt werden und so haben die vier Sylter Gemeinden die aktuell den neuen ROV unterstützen, nun auch diese Tabu-Flächen für Wohnungsbau ins Auge gefasst. Sogar auf dem Naturgelände am Fliegerhorst soll eine Bebauung für Dauerwohnraum möglich werden. 

Deshalb hat sich die Gemeinde Sylt als einzige Kommune zu Recht gegen die Unterzeichnung des ROV ausgesprochen. 

Denn, abgesehen von der Vernichtung von Natur und der Verschlechterung der insularen Klimabilanz durch Beton-CO2, was würde denn nach dieser ROV-Logik geschehen?:

Erhalt von Dauerwohnraum: Ja! Ghettobildung: Nein!

Es würden neben dem grossen Haifischbecken lauter winzige, quadratisch praktische Sozial-Aquarien als Rückzugsbecken für die kleinen sylter Fische aufgestellt werden, während die Haie weiter ihr luxuriöses Poolbecken mit Bodenheizung und Reetdach bejagen dürften und bestehenden Dauerwohnraum in Appartements wandeln würden. Einmal täglich dürften dann die Putzerfische aus den kleinen Aquarien-Ghettos in die Swimming Pools ausschwärmen, um dort rationiert die Algen vom Fußboden abzunagen und den ein oder anderen Brand der Haie zu löschen.

Das wollen wir nicht, denn wer Flossen hat und hier zu Hause ist, dem gehört auch das Meer.

Wir hoffen nun auf eine Einsicht der Landesregierung, die Rahmenbedingungen für die Sylter Gewässer neu zu ordnen und damit für viele Fischgemeinden im ganzen Land, denen es ähnlich ergeht. Mögen sie die Haie wirksam in ihre Schranken weisen und die kleinen Fische unter Schutz zu stellen, anstatt sie in Goldfischgläsern zu halten. Land und Inselgemeinden mögen sich eine Bedenkzeit einräumen und den Abschluss des ROV-Vertrags mit den Amtsgemeinden verschieben, bis insulare Einigkeit auch mit der Gemeinde Sylt hergestellt ist.

zur Strecke gebracht?

zuerst veröffentlicht auf www.gruene-sylt.de

WDC schlägt Alarm für Schweinswale in Nord- und Ostsee

NaturReporter Sylt sprach mit dem Campaigner Fabian Ritter von Whale and Dolphin Conservation (WDC) über die Situation der Schweinswale. In einer Botschaft von „Ostsee zu Nordsee“ schlägt er Alarm und bittet um Unterstützung für die WDC Schweinswalkampagne:


„Ich selber bin großer Schweinswal-Fan und komme immer wieder gerne nach Sylt, um die Tiere vom Weststrand aus zu beobachten“, sagt der Biologe. „Unsere neue Kampagne fokussiert sich allerdings auf die zentrale Ostsee, denn dort ist der kleine Wal mittlerweile vom Aussterben bedroht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Lage auch in der Nordsee prekär ist, wo jedes Jahr geschätzt Tausende Schweinswale in Netzen umkommen. Auch im Schweinswalschutzgebiet vor Sylt dürfen Stellnetze noch eingesetzt werden, im Sylter Außenriff ebenso. Die Kampagne fordert, dass dies eine Ende haben muss – in der Ost- sowohl als auch in der Nordsee.“

In einem offenen Brief an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner fordert Whale and Dolphin Conservation (WDC) dringende Maßnahmen zum Schutz der bedrohten Schweinswalpopulation in der zentralen Ostsee. Stellnetze gehören zu den Haupttodesursachen der Tiere. Dennoch sind sie selbst in Meeresschutzgebieten noch immer erlaubt. Inzwischen ist die Population in der zentralen Ostsee auf nur noch ca. 500 Individuen geschrumpft und damit akut vom Aussterben bedroht.

„Würde an Land eine streng geschützte Art hundertfach durch den Menschen umkommen, gäbe es einen großen öffentlichen Aufschrei“, sagt Fabian Ritter. „Das langsame Aussterben des Schweinswals in der zentralen Ostsee vollzieht sich aber fast unmerklich. Daher gelang es dem Bundeslandwirtschaftsministerium, das auch für die Fischerei zuständig ist, bisher, sich stets gegen die Regulierung umweltschädlicher Fischerei zu stemmen – übrigens auch entgegen der Empfehlungen des Bundesumweltministeriums. Diese von Bundesministerin Klöckner zu verantwortende Politik darf nicht weiter hingenommen werden. Immerhin handelt es sich beim Schweinswal um einen der größten Naturschätze der Ostsee. Mittlerweile fordert sogar die EU-Kommission von Deutschland ein Einlenken“, so Ritter weiter.

Offener Brief an Julia Klöckner: WDC warnt vor drohendem Aussterben des Ostseeschweinswals

hier im original Wortlaut:

Stellnetze raus aus Schutzgebieten!
Schützen Sie den Schweinswal in Nord- und Ostsee vor dem Aussterben

Sehr geehrte Frau Bundesministerin – liebe Frau Klöckner,

wir wenden uns heute mit einem dringenden Appell an Sie: Bitte setzen Sie sich für die Rettung eines der größten Naturschätze in den deutschen Meeren ein – den Schweinswal.

Jedes Jahr sterben Hunderte dieser Tiere in der deutschen Nord- und Ostsee. Todesursache Nummer 1: Fischernetze. Vor allem Stellnetze werden den kleinen Walen zum Verhängnis. Gleichzeitig dürfen Stellnetze selbst in Schutzgebieten weiterhin uneingeschränkt eingesetzt werden – also gerade dort, wo diese Tiere besonders geschützt sein sollen. (Zusätzlich kommen in den Stellnetzen jedes Jahr Tausende Seevögel ums Leben).

Wir sind davon überzeugt, dass keine Fischerin Schweinswale in ihren Netzen sehen will. Es handelt sich um eine Tragödie, die niemandem nützt, der Meeresumwelt aber massiven Schaden zufügt. Menschliche Unachtsamkeit macht dies möglich – und leider auch die von Ihrem Bundesministerium betriebene Fischereipolitik.

Während sich Ihr Ministerium regelmäßig bei der Internationalen Walfang Kommission (IWC) für den internationalen Walschutz stark macht, stehen die Dinge vor der eigenen Haustür ganz anders. Seit Jahren sträubt sich das Bundesministerium für Landwirtschaft (BMEL) gegen die Regulierung der Stellnetzfischerei – mit fatalen Folgen: Der Schweinswal ist in der zentralen Ostsee mittlerweile akut vom Aussterben bedroht. Dort leben nur noch wenige Hundert Tiere. Bereits ein einziges durch Fischerei getötetes Tier pro Jahr ist mehr, als diese Population verkraften kann. Tatsächlich aber sind es viele mehr. Warum wird hier das Aussterben in Kauf genommen?

Mittlerweile hat sich aufgrund der hohen Dringlichkeit sogar die EU-Kommission eingeschaltet. Bestärkt durch die Wissenschaftler*innen des Internationalen Rates zur Meeresforschung (ICES) stellt sie klare Forderungen an Deutschland, Schweden und Polen, um den Schweinswal besser und langfristig zu schützen. Eine der Forderungen: In Schutzgebieten dürfen keine Stellnetze mehr ausgebracht werden. Schweden hat dies bereits zugesagt. Ihr Ministerium scheint jedoch derzeit alle Hebel in Bewegung zu setzen, um diese Maßnahme zu vermeiden. Ist das Verbot einer umweltschädlichen Fischerei innerhalb von marinen Naturschutzgebieten ein größeres Opfer, als das Aussterben des streng geschützten Schweinswals?

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, die Meere werden inzwischen international als unsere größten Verbündeten bei der Abwehr gegen die Klimakrise angesehen. Gesunde und artenreiche Meere sind unerlässlich für deren Fähigkeit, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Insofern ist ökologisch nachhaltige Fischereipolitik „ganz nebenbei“ auch gute Klimapolitik.

Die Zeichen der Zeit fordern einen Wandel auf allen Ebenen: Genauso wie die Landwirtschaft benötigt auch die Fischerei einen ökologischen Umbau. Es geht darum, sie langfristig nachhaltig zu gestalten – ökologisch sowie ökonomisch. Umweltzerstörende Fischerei-Praktiken müssen ein Ende haben, alternative Fangmethoden entwickelt werden und Meeresschutzgebiete müssen echte und effektive Ruhezonen für die Natur sein. Es geht längst nicht mehr nur um die befischten Fischpopulationen (deren Quoten in den vergangenen Jahren auf Betreiben des BMEL ebenfalls immer wieder gegen den wissenschaftlichen Rat zu hoch festgelegt wurden) oder die zu Tausenden beigefangengen Meeressäuger und Seevögel. Es geht um den Lebensraum als Ganzes, inklusive seiner Artenvielfalt und seiner Funktion als Klimapuffer. Wenn wir die Meere schützen, schützen wir uns selbst. Und damit auch die Fischer*innen.

Ihre aktuelle Politik stellt sich nicht nur gegen die EU-Kommission und den Willen eines großen Teils der deutschen Bevölkerung, sie unterminiert gleichzeitig auch das europäische sowie das deutsche Naturschutzrecht.

Wir möchten Sie deswegen hiermit mit allem Nachdruck bitten, sich persönlich und stark für den Schweinswal in der zentralen Ostsee einzusetzen und durch stringente, effektive und langfristige Maßnahmen zu seiner Rettung beizutragen.

Gerne tauschen wir uns fachlich mit Ihnen aus und diskutieren mit Ihnen die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Schweinswale. Über ein virtuelles oder Präsenz-Treffen mit Ihnen bzw. Ihren Mitarbeiter*innen würden wir uns sehr freuen.

Mit hochachtungsvollen Grüßen

Gezeichnet Franziska Walter
Geschäftsführerin WDC Deutschland

WDC freut sich über jede Unterstützung im Kampf für die Wale. Spenden kann man hier: https://de.whales.org/spenden-und-helfen/walschutz-foerdern/?herkunft=13150

Die Insel der Delfine- das sehens- und lesenswerte Bildband-Buch von Fabian Ritter über Wale und Delfine bei den Kanaren, gibt es hier: https://clarityverlag.de/de/shop/edition-claritycollection/die-insel-der-delfine-gebundeneausgabe-detail.html

Nonnengansschwärme über Sylt sind ein Geschenk für einen nachhaltigen Natur-Tourismus

Die in Nordeuropa seit Jahren anwachsenden Bestände der Nonnengans sind das Resultat einer der wenigen Erfolgsgeschichten des Naturschutzes.

Foto: Thomas Luther

In den 1950iger Jahren war diese Vogelart, die zwischen dem Brutgebiet in Nordsibirien, dem Wattenmeer und den atlantischen Küsten Westeuropas pendelt, fast zu Tode bejagd worden. Deshalb wurde sie in Europa unter Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie gestellt und ihre Bejagung verboten. 

Zusammen mit ihrer „Schwester“ der dunkelbäuchigen Ringelgans war der Schutz dieser Wildgänse einer der „Motoren“ bei der Einrichtung der Wattenmeer-Nationalparke.

„Das Naturerbe Wattenmeer ist der wichtigste „Trittstein“ für diese Arten auf einem mehrere tausend Kilometer langen ostatlantischen Zugweg. „Unsere Schutzbemühungen hier wirken sich auf die Vögel entlang des gesamten Zugwegs von Sibirien bis Frankreich, England und die Niederlande aus“, sagt der Ornithologe und Rastvogelforscher Klaus Günther von der Schutzstation Wattenmeer. Ein Grund, weshalb der Verein Jordsand die Nonnengans als „Vogel des Jahres 2021“ ausgerufen hat.

Die inzwischen stabil angewachsenen Bestände sind jedoch nicht nur das Ergebnis eines internationalen Schutzprogrammes, sondern auch einer intensivierten Landwirtschaft. Diese bietet mit dem Anbau hochenergetischer Futterpflanzen entlang der Zugroute den Vögeln seit wenigen Jahrzehnten einen reich gedeckten Tisch. Wildtierbestände entwickeln sich von Natur aus in Beziehung zum Nahrungsangebot. Allerdings hat sich die zeitweise steil angestiegene Wachstumskurve der Nonnengans in den letzten Jahren deutlich abflacht.

Aktuelle EU-Gesetze verbieten nach wie vor die Jagd auf die Gänse. Das Land Schleswig-Holstein erlaubt dennoch Vergämungsaktionen, auch mit der Flinte, auf Antrag und auf bestimmten Flächen zu bestimmten Jahreszeiten. Dem wird stattgegeben, wenn Sachkundige die Umstände begutachtet  und besondere Härten für den jeweiligen Landwirt festgestellt haben. Zusätzlich werden Landwirte unter bestimmten Voraussetzungen finanziell entschädigt, wenn sie starke Verluste durch Gänsefrass nachweisen können.

Foto: Thomas Luther

Die Annahme, dass Wiesenvögel besonders unter der steigenden Zahl von rastenden Gänsen leiden würden, kann in Nordfriesland nicht bestätigt werden. Demgegenüber ist offensichtlich, dass ein Schuss oder andere Vergrämungsarten immer alle Vögel vertreiben- auch die seltenen Bodenbrüter, wie Kiebitze und Uferschnepfen. Dass Rinder  wegen des Gänsekotes Durchfall bekommen ist eine unbewiesene Behauptung. Tatsache ist jedoch, dass die Geflügelzucht und Massentierhaltung von Haustieren „Brandbeschleuniger“ von Virusepidemien sein können.

Um das Problem zwischen Naturschutz und Landwirtschaft zu lösen, wird derzeit nach gemeinsam getragenen Lösungen und Kompromissen gesucht, die den Landwirten als auch den Gänsen die Existenz sichert. So wird eine Zonierung an der Westküste Schleswig-Holsteins diskutiert, wo in ausgesprochen landwirtschaftlich genutzten Regionen die Tiere vergrämt werden dürfen. In anderen Gebieten, zum Beispiel überwiegend touristischen Regionen, die oft auch einen hohen Anteil an Grünland aufweisen, sollen sie geduldet werden und die Landwirte dort für Fraßschäden entschädigt werden. 

Sylt würde sicherlich zu den Auffanglagern dieser gefiederten Migranten gehören. Denn Gänseschwärme sind eine Attraktion für jeden, der die nordfriesische Wattenlandschaft liebt- besonders für Urlauber, die wegen der Natur zu uns kommen.

Zu einem nachhaltigen Sylt Tourismus mit Zukunft gehören auch Zug- und Brutvögel, von denen wir seit dem Bau des Eisenbahndammes und der resultierenden Fuchseinwanderung und des Massentourismus immer weniger auf Sylt haben. Sie sollten als lebendiges Geschenk für sanften Naturtourismus begrüsst werden. Vor dem Hintergrund eines weltweiten, massiven Artensterbens müssen wir besonders im Umfeld von Großschutzgebieten wie dem Nationalpark Wattenmeer der Landnutzung durch  Wildtiere absoluten Vorrang vor anderen Interessen geben.

Eine extensive Grün-Landwirtschaft auf Sylt könne bei einem intelligenten Management ohne Flinte durchaus zur Artenvielfalt beitragen. Mit der Schaffung von mehr insularen Grünlandflächen  könnte  also eine Lösungsmöglichkeit für die Belange der Sylter Viehzüchter möglich werden. Leider geht der Trend auf Sylt jedoch eher dahin, jedes Stückchen Inselfläche noch zu bebauen.

Lothar Koch

Was ist eigentlich der Sylt-Check?

Am 19.11. will Nikolas Häckel, der Bürgermeister der Gemeinde Sylt über den „Kriterienkatalog zur Bewertung von touristischen Vorhaben auf Sylt“ (s. unten) des Arbeitskreises Natur- und Umweltschutz Sylt, Kurz „Sylt-Check“ abstimmen lassen. In der Vorlage heißt es, das Papier, welches in Zusammenarbeit mit dem anerkannten Tourismusforschungsinstitut NIT entstand, solle bei Vorhaben im Gebiet der Gemeinde Sylt im Rahmen von Beschlussvorlagen standardmässig beigefügt werden.

Das ist ein winziger, aber doch lobenswerter Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Syltverträglichkeit. Winzig, weil er nur informellen und keinen bindenden Charakter hätte, lobenswert, weil das Papier nun endlich, rund zehn Monate nach Erscheinen, von einer der Insel-Gemeinden eine Wahrnehmung und Würdigung erfährt. Letztendlich stehen im Hintergrund der Diskussion die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG), die vom Kreis Nordfriesland bereits beschlossen sind und sukzessive in den Gemeinden greifen sollen. Der Sylt Check wäre eine vereinfachte Form mit ganz ähnlicher Zielsetzung.


Der Sylt-Check ist ein Fragenkatalog, der Projektplanern, Genehmigungsbehörden, Gemeinderäten, Verbänden und Bürgerinitiativen helfen soll einigermassen objektiv zu beurteilen, ob ein Vorhaben, das auf der Insel durchgeführt werden soll, „syltverträglich“ ist, oder nicht. Mit „Syltverträglichkeit“ ist ein Begriff der Nachhaltigkeit entstanden, der speziell auf unsere Insel mit ihrer Landschaft, ihren Biotopen, ihren Kulturschätzen und Einwohnern ausgelegt wird. Er wurde am Ende eines über zweijährigen Diskussionsprozesses kreiert, den die hiesigen Natur- und Umweltverbände, die Sölring Foriining und weitere Institutionen aus dem Naturerlebniszentrum Sylt unter der Moderation des NIT geführt hatten.

Der Clou des Kriterenkataloges ist ein Punktesystem. Soll ein Projekt geprüft werden, muss es sich gefallen lassen, durch dieses Raster gecheckt zu werden. Liegt am Ende die Punktzahl über einem bestimmten Wert, ist es nach bestem Wissen der aktuellen Lage „syltverträglich“ und kann damit rechnen, ohne nennenswerten Widerstand der örtlichen Naturschutz- und Umweltschutzgremien weiter umgesetzt werden. Sollte die Prüfung jedoch unter einen Schwellenwert rutschen, ist mit öffentlicher Kritik und Massnahmen zu rechnen, die das Projekt behindern oder ganz blockieren.

Ein gutes Beispiel aus der näheren Vergangenheit ist das Projekt „Autokino auf dem Parkplatz Oase zur Sonne“. Hätten die Projektplaner den Sylt-Check im Vorfeld durchgeführt, wären sie rechtzeitig darauf gekommen, dass sie mit erheblichem Widerstand rechnen müssten. Das hätte möglicherweise zu Gesprächen und Anpassungen im Vorfeld geführt. Die Planer hätten sich eine Menge Geld sparen können, das in diesem Fall durch eine Blockade und endgültige Ablehnung verloren ging.

Insofern macht es Sinn, wenn die Gemeindevertretung am Donnerstag beschliesst, den Kriterienkatalog seinen Dienststellen als notwendigen Baustein bei der Projektgenehmigung vorrangig zu nutzen und dafürzuhalten sorgen, dass Antragsteller diesen vorgelegt bekommen. Dabei ersetzt der „Sylt Check“ selbstverständlich nicht die bereits bestehenden gängigen Kriterien, die bei einem Genehmigungsverfahren durchgeführt werden. Vielmehr ist Kriterienkatalog ein erster grober und unbürokratischer Hinweis, ob ein Projekt auf Sylt unter ganzheitlichen Nachhaltigkeits-Aspekten losgehen könnte, oder eher nicht.

Lothar Koch

Sylt Check Broschüre (s. ab Seite 25.)

GROKO will Infektionsschutzgesetz vor Bundestagswahl durchpeitschen. Stoppt die Aushebelung unserer Grundrechte!

Auch Tourismusverband wehrt sich.

Gestern wurde im Bundestag über das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ diskutiert.

In atemberaubender Geschwindigkeit soll die Vorlage des Gesundheitsministers durchgeboxt werden.
Die Unverletzlichkeit der Wohnung, die körperliche Unversehrtheit sowie die Bewegungsfreiheit würden damit unverhältnismäßig stark eingeschränkt. „In Gefahrenlagen muss normalerweiser immer zunächst das mildere Mittel geprüft werden. Die Vorschläge der Bundesregierung widersprechen diesem Prinzip.“ sagt MdB Dr.Gesine Lötzsch von „Den Linken“. Katrin Göring Eckardt Fraktionsvorsitzende von Bündni90/Die Grünen ergänzt: „Der Bundestag muss das Recht bekommen, eine solche von der Regierung ausgerufene Notstandslage jederzeit auch wieder aufzuheben.“ der Grüne Bundestagsabgeordnete aus dem Norden, Konstatin von Notz erklärt: „Es kann – aufgrund des Rechtsstaatsprinzips, des Demokratiegebots und letztlich dem Ziel der Eindämmung der Pandemie – nicht länger hingenommen werden, dass die Einbindung der Parlamente derart zurückgefahren wird.“

Im Gesetzentwurf wird beispielsweise die Reisefreiheit bei Ausrufen einer pandemischen Lage nationaler Tragweite an eine Impfung gekoppelt. (Art. 1 Nr. 18, S. 12). Dies besagt, dass Menschen, die nach Deutschland einreisen und eventuell “einem erhöhten Infektionsrisiko” für den für die Pandemie verantwortlichen Erreger ausgesetzt waren, in Zukunft verpflichtet werden können, eine entsprechende Impfdokumentation vorzulegen. Dies entspricht einer Impfpflicht durch die Hintertür für all diejenigen, die ins Ausland reisen möchten oder müssen, welches als Risikogebiet deklariert wird. Es wird explizit erwähnt, dass das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 GG) durch diese und weitere Regelungen eingeschränkt wird.

Ausnahmen von den Regelungen nach Art 1 Nr. 18, S. 12 werden durch Rechtsverordnungen geregelt. Das heißt, dass wiederum nicht der Gesetzgeber, sondern Behörden darüber entscheiden, wer von den Regelungen ausgenommen ist und wer nicht.

Der Datenschutz wird ebenso mit Füßen getreten. Beispielsweise sollen Betroffene sich digital melden müssen und dabei u.a. ihre Aufenthaltsorte bis zu zehn Tage vor und nach der Einreise angeben. Hierfür soll das RKI ein elektronisches Melde- und Informationssystem einrichten und einen IT-Dienstleister mit der technischen Umsetzung beauftragen (S. 11 unter 18. (9)). Die Daten dürfen zwar von der zuständigen Behörde nur eingeschränkt und maximal 14 Tage nach Einreise verwendet werden, über die Datennutzung durch den externen Dienstleister ist hier nichts festgelegt. Darüber hinaus sollen die Gesundheitsdaten an Beförderer weitergegeben werden dürfen (neuer Abs. 10 Nr. 1, S. 11).

Es ist problematisch, dass all diese Pflichten durch Verordnung der Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundestages beschlossen werden dürfen.

Dagegen wehr sich nun auch der Deutsche Tourismusverband in einer Pressemitteilung:

Infektionsschutzgesetz: Tourismusverbände kritisieren fehlende Beteiligung der betroffenen Branchen

Berlin, 11.11.2020 – Der Bund will mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz, in dem auch das Infektionsschutzgesetz enthalten ist, die Rechtsgrundlage für weitreichende Grundrechtseingriffe schaffen. Dazu gehören im neuen § 28a Infektionsschutzgesetz auch Verbote touristischer Übernachtungen, Reiseverbote, Beförderungsbeschränkungen, Veranstaltungsverbote oder Gastronomieschließungen. Dazu findet im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages am Donnerstag eine Öffentliche Anhörung statt. Bereits in der kommenden Woche soll das Gesetzespaket abschließend im Bundestag beraten werden.

Der Deutsche Reiseverband (DRV) und der Deutsche Tourismusverband (DTV) kritisieren, dass die Reisefreiheit mit Übernachtungsverboten weitreichend eingeschränkt wird. Dabei liefert der Gesetzentwurf keine ausreichende Begründung, warum Beherbergungsverbote geeignet und erforderlich sein sollen, das Pandemiegeschehen maßgeblich zu beeinflussen. Vielmehr haben die Auswertungen des Robert-Koch-Institutes in den vergangenen Monaten gezeigt, dass Reisen und touristische Übernachtungen im In- und Ausland nicht zu einer erhöhten Verbreitung des Virus geführt haben. Maßgeblich sind nach wie vor die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln besonders im familiären Umfeld.

DTV und DRV zeigen sich zudem überrascht, mit welcher Geschwindigkeit das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz beraten und beschlossen werden soll. Der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, Norbert Kunz betont: „Der rechtlich komplexe Gesetzentwurf soll in nicht einmal zwei Wochen das gesamte parlamentarische Verfahren von der ersten bis zur dritten Lesung durchlaufen. Weder der Tourismusausschuss noch der Kulturausschuss des Deutschen Bundestages waren zunächst für die Mitberatung vorgesehen, obwohl der Tourismus und der Kulturbereich stark von den vorgesehenen Regelungen betroffen sein werden.“ Dirk Inger, Hauptgeschäftsführer des DRV ergänzt: „Für die Tourismusbranche stehen u.a. Beherbergungs- und Reiseverbote, Restaurantschließungen und Veranstaltungseinschränkungen und -verbote im Raum. Zu der am Donnerstag anstehenden Anhörung des Bundestagsgesundheitsausschusses sind fast ausschließlich Sachverständige aus dem Gesundheitswesen sowie juristische

Sachverständige geladen. Vertreter der betroffenen Wirtschaftsbranchen werden dagegen nicht angehört. Das empfinden wir angesichts der Tragweite der vorgesehenen Regelungen als nicht angemessen.“

Angesichts der zum Teil sogar die Grundrechte betreffenden Eingriffe sollte ein Mindestmaß an parlamentarischen Gepflogenheiten eingehalten werden, betonen beide Branchenverbände. Die von den Regelungen hauptbetroffenen Branchen sollten wenigstens die Möglichkeit haben, sich im parlamentarischen Raum zu den Gesetzgebungsplänen zu äußern. Der Deutsche Reiseverband und der Deutsche Tourismusverband haben in einem gemeinsamen Brief an die Fraktionen im Deutschen Bundestag eine angemessene Beteiligung der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft angemahnt sowie um Berücksichtigung der Daten zur Ausbreitung des Infektionsgeschehens gebeten.

PM des Toursimusverbandes: Huberta Sasse
Leitung Presse- & Öffentlichkeitsarbeit Deutscher Tourismusverband
 sasse@deutschertourismusverband.de

NaturReporter Sylt empfiehlt Mails an die Bundestagsabgeordneten Ihres Kreises zu senden.

Textvorschlag:

Mit Bestürzung habe ich vom Entwurf zum  3. Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nat. Tragweite gehört.
Als kritische Bürgerin und Demokratin, die sich mit der deutschen Geschichte auseinandergesetzt hat, bitte ich Sie, diesem Gesetzesentwurf nicht zuzustimmen.
Meines Erachtens ist die Gefahr eines Missbrauchs zu groß, Bürgerrechte im Handstreich und nach Belieben auszusetzen.

Sollten Sie sich doch für dieses Gesetz entscheiden, bitte ich um eine Erläuterung, wie sichergestellt werde  kann, daß in Zukunft Regierende dieses nicht im Sinne eines Ermächtigungsgesetzes mißbrauchen können. 

Mit freundlichen Grüssen…