Bus-ÖPNV-Vergabe auf Sylt – Hintergründe und Zusammenhänge

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Juni 1992: Schon damals wurde seitens der Schutzstation Wattenmeer in der Friedrichstrasse plakativ gegen Luftverschmutzung durch zu viel Verkehr protestiert (Foto:Frenzel).

In ihrer letzten Gemeinderatssitzung ließ der Gemeinderat einen Antrag des Landschaftszweckverbandes passieren, der von den Inselgrünen kritisch gesehen wird. Es ging um:
– Die Übertragung der Organisation des insularen ÖPNV vom Kreis an den Landschaftszweckverband.
– Die entsprechend notwendige Satzungserweiterung des LZV.
– Einen Vertrag zwischen dem Kreis, dem LZV und der SVG, der es dem Kreis ermöglicht, eine nach dem Gesetz im Allgemeinen vorgesehene Vorabbekanntmachung der Neuvergabe der Stadtbuslinien und Überlandlinien auf der Insel nicht zu veranlassen.

Durch diesen Schachzug – eine Vorabbekanntmachung bleibt aus – ist der privatwirschaftlichen Sylter Verkehrsgemeinschaft (SVG) die Sicherung der Liniengenehmigungen bis August 2029 gelungen.

Alle Fraktionen sahen die Punkte 1+2 als vorteilhaft an und stimmten einstimmig dafür. Zum Punkt 3 gab es seitens uns Grünen, des SSW und eines Mitgliedes der SWG noch offene Fragen, so dass sie diesem Vertrag jetzt noch nicht zustimmen konnten. Sie wurden aber überstimmt. 
Damit ist für die kommenden 12 Jahre die Organisation des Busbetriebes auf der Insel in den Händen der SVG. Diese muss nur noch eine Vereinbarung mit dem LZV unterschreiben, in der im Augenblick viele Eckpunkte nur vage und unverbindlich festgelegt sind.

Die Grünen hatten bereits vor Wochen Bedenken öffentlich angemeldet, weil die Vorbereitungen für diese Vereinbarung und die Übertragung an den LZV hinter den Kulissen geführt wurden und die Gemeinderatsmitglieder bis kurz vor der Abstimmung offenbar nicht ausreichend informiert waren: Die meisten gingen davon aus, die Linien müssten EU-weit ausgeschrieben werden. Aber LZV und SVG wollten nicht nur eine EU-weite Ausschreibung verhindern, sondern schon die davor geschaltete Vorabbekanntmachung, durch die evtl. andere Busunternehmer auf die Neuvergabe der Liniengenehmigungen aufmerksam werden könnten. Nach einer Vorabbekanntmachung haben seriöse Busunternehmer innerhalb von 3 Monaten Zeit, einen Antrag auf Eigenwirtschaftlichkeit einzureichen. Sollten mehrere Anträge auf Eigenwirtschaftlichkeit vorliegen und der Antrag der SVG wäre nicht der beste gewesen, so hätte die SVG ihren Antrag nachbessern dürfen.

Es ging bei unserer Anfrage an die Gemeinde, die wir schließlich mit zahlreichen anderen Fraktionen stellten, zunächst mal um Klärung des Sachverhaltes und Transparenz. Vor allem wollten wir sicher stellen, dass die Gemeinde Einfluss und Mitspracherecht in Sachen klima- und umweltfreundlichen ÖPNV bekommt, um eine Verkehrswende auf der Insel voranzubringen (Busfahren auf Kurkarte u.a.).

Die Transparenz wurde erzielt. Eine größere Presseberichterstattung kickte die Verkehrsdiskussion auf der Insel deutlich an und sorgte dafür, dass die Zeitung über Wochen vom Thema Verkehr geprägt war.

Es stellte sich heraus: Der Kreis NF hat nur die Möglichkeit, eine Vorabbekanntmachung zu unterlassen, wenn eine Zusage des Betreibers vorliegt, den Busbetrieb eigenwirtschaftlich zu führen. Das heißt die SVG musste (und hat schon vor Monaten) zugesichert, auf die Zuschüsse der Gemeinde zu verzichten (ca. 200 000 Euro).
Gibt es nur ein Angebot auf Eigenwirtschaftlichkeit, so MUSS dieses angenommen werden.
Das, was ursprünglich als uneigennütziger Akt der SVG im Raume stand, war  also ein taktischer Schachzug des Unternehmers. Teil II dieser Taktik: Es stellte sich heraus, das die SVG den Bus-Takt beim Stadtbus von 60 auf 90 Minuten verringern würde. Diese Maßnahme würde nach Eigenaussage von Herrn Paulsen 100 000 Euro für das Unternehmen wieder herausholen.

Die Verringerung des Taktes wird von der SVG dahingehend begründet, das der Bus nur wenig ausgelastet sei. Das wird von Grünen und SWG besonders kritisch gesehen, denn die Außenwerbung und Kenntlichmachung dieser Buslinien für den Bürger ist bislang mehr als mangelhaft. Mehr Werbung und klarere Buslinien-Infos an den Haltestellen wäre eine bürgerfreundliche Möglichkeit gewesen, dem Stadtbus mehr MitfahrerInnen zu bringen. Eine Taktverringerung wird wohl in absehbarer Zeit dazu führen, dass der Stadtbus gar nicht mehr sinnvoll nutzbar wird. Das wäre dann ein Argument für die SVG ihn ganz einzusparen (und damit eine Menge Geld) – zu Lasten von Alten und Menschen ohne Auto, die darauf angewiesen sind und zu Lasten eines innovativen Verkehrskonzeptes der Gemeinde Sylt.

Während die Stadtbusgenehmigungen zum August 2017 fällig waren, kommt es zu einer Übertragung der Überlandgenehmigungen (Hörnum, List, Morsum) erst in knapp zwei Jahren. Wir meinen, diese Zeit hätte der Rat nutzen können, um bei der SVG in Sachen ökologischem und ökonomischem ÖPNV für Bürger und Gäste mehr herauszuholen. Die Vergabe zu diesem Zeitpunkt war unseres Ermessens also unnötig und vorschnell. Zum Beispiel hätten die Verwaltung, die Gemeindevertreter und die SVG in dieser Zeit das Thema „Busfahren auf Kurtaxe“ gründlich erkunden können. Eine EU-weiten Wettbewerb hätte dieser Schritt, wie bislang immer behauptet, nicht zwingend zur Folge. Stichworte sind hier die „Direktvergabe“ und die „gemeinschaftliche Verpflichtung“. Auch hier haben wir mit unseren Aktivitäten mehr Transparenz geschaffen.

Erstaunlicherweise stellte sich heraus, dass obwohl dieses Thema (Busfahren über Kurtaxe finanzieren) seit etwa 25 Jahren auf der Insel diskutiert wird, weder bei den Gemeinden, dem LZV oder den Tourismusbetrieben, einschl. der SMG, Recherchen, Berechnungen, Gutachten vorliegen, wie ein Busverkehr auf Kurtaxe praktisch umgesetzt werden könnte, ob er seitens der Gäste gewünscht ist etc. Stattdessen reagierten die Tourismusmanager „aus dem Bauch heraus“ mit der Haltung, das sei nicht machbar und würde dem Fremdenverkehr der Insel schaden.

Wir Inselgrüne werden an dem Thema dran bleiben und uns weiter dafür einsetzen, dass ein ökologisch betriebener Busverkehr auf der Insel entsteht, der auch durch mögliche Preisermäßigungen mehr Menschen aus dem Individualverkehr in den ÖPNV lockt.

Insgesamt sehen wir unsere Verkehrskampagne bislang trotz des Gemeinderatsbeschlusses als Erfolg: Die SVG hat gemerkt, das sie nicht ohne umfassende Transparenz ihre Vorhaben reibungslos durchsetzen kann und muss sich an seinen öffentlich gemachten Versprechungen in Zukunft messen lassen. Die Bürger und die Gemeinden sind für das Thema ÖPNV sensibilisiert worden. Verschiedene Meinungen sind deutlich geworden. Nun geht es darum, dran zubleiben.

Recherchiert, zusammengekehrt und so einfach wie möglich dargestellt vom AK Verkehr der Grünen

Koch, Bünte, Böhm

 

Wenn Sylter Träume wahr werden…

IMG_1311Heute wurde wieder eine Idee aus Syltopia, meiner Dokufantasy aus dem Jahre 2050 wahr. Im Roman Syltopia beschreibe ich die Anreise nach Sylt in einem Zeppelin und später auch den Bau von Offshore Windkraftanlagen, die von Last-Zeppelinen transportiert werden.

Heute, am 17.09.2017 landete um 11:15 ein solcher Lasten-Zeppelin am Westerländer Flughafen und machte ein paar Rundflüge mit Passagieren. Ich nutze gleich die Gelegenheit und übergab der Crew des Luftschiffes ein Exemplar Syltopia als Willkommensgeschenk von unserer Insel.

Angesichts der vielen Schwierigkeiten, die Bahn-und Autoverkehr in diesem Jahr für die Insel brachten, wäre eine Fluglinie Hamburg-Husum-Sylt- per Zeppelin ein Segen für die Insel!

Textauszug von Syltopia:
Die Gondel unter dem Luftschiff bot ausreichend Raum für 120 Passagiere. Die loungeartigen Diwans luden ein, sich leger hinein zu fläzen. Die Passagiere konnten sich bequem auf den Bauch legen und durch den glasklaren Boden des Zeppelins den Nationalpark Wattenmeer und die vorüberziehende Küstenlandschaft genießen. Das Luftschiff selbst erzeugte kaum hörbare Fahrtgeräusche.

Lothar Koch

 

 

Das Ende ist nah!

Sturmtief Sebastian ist über Sylt gezogen und hat der Insel wieder ein Stückchen IMG_1287Südspitze geklaut. Der Dünenzug, der bereits in den letzten Monaten permanent von Urlaubern durchwandert wurde, weil Monsieur und Madame beim hochwasserlichen Umrunden des Naturschutzgebietes Hörnum Odde keine nassen Füsschen bekommen wollte, ist nun in den Fluten verschwunden. Von der äussersten Südspitze bis zum Restaurant Südkap bei Hörnums Leuchtturm sind es nun noch rund 850 m Fußweg, der in ca. 15 Minuten bewältigt werden kann. Land, Kreis und Landschaftszweckverband Sylt haben jegliche Schutzmaßnahmen für Hörnums beliebtestes Ausflugsziel längst aufgegeben.

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nur noch 850 Meter von hier bis zum Restaurant Südkap

In wenigen Jahren wird voraussichtlich nur ein festes Deckwerk helfen, um Bistro Südkap, Leuchtturm und Hafen zu halten. Schade, rechtzeitige Maßnahmen mit außergewöhnlich großen Sandvorspülungen hätten eventuell helfen können, Naturlandschaft zu erhalten.

Lothar Koch

Whale and Dolphin Conservation -internationale Schutzorganisation interessiert sich für Sylter Wale

die neuen interaktiven Infopulte

die neuen interaktiven Infopulte

Neulich wurde ich von der WDC (Whale and Dolphins Conservation) zum Sylter Walpfad interviewt. Das Ergebnis könnt ihr hier lesen:

Interview von WDC mit Lothar Koch

Masterplan für Verkehr und Klimaschutz gefordert

Auch wenn mancher schon genervt ist- das Thema Verkehr auf Sylt wird uns noch länger auf der Insel beschäftigen. Seit die Grünen mit etlichen Fraktionen eine Anfrage zur Neuordnung des ÖPNV stellten, ist die Lokalpresse täglich voll mit Themen zum Inselverkehr: Busfahren, Radfahren, Parkraumbewirtschaftung, Parkausbau, Tempo 30 in der Innenstadt, Fußgängerzone frei für Radfahrer…

Die Autolawine nach Sylt rollt ungebremst weiter

Die Autolawine nach Sylt rollt ungebremst weiter

Diese „grüne Welle“ zeigt. Vielen liegt es am Herzen, daß sich schnell etwas an der Verkehrslage und -führung für alle Verkehrsmittel verbessert, daß die Zahl der Autos reduziert wird und Busfahren attraktiver wird. In der Berichterstattung zeigt sich aber auch, daß egal von welcher Seite das Thema einer Veränderung im Inselverkehr angepackt wird, sofort  von irgendeiner Interessengruppe heftiger Widerstand aufflammt:
Die Unternehmer wollen mehr Parkplätze in der Stadt, die Radfahrer, Fußgänger und teilweise auch die Autofahrer selbst wollen weniger Mief (und MIV), zahlreiche Fraktionen sehen die Lösung in einem Projekt „freies Busfahren auf Kurkarte“. Die Manager des insularen Tourismus argumentieren dagegen, daß eine Erhöhung der Kurtaxe um maximal einen Euro das Ende des Sylter Fremdenverkehrs bedeuten könnte. Handfeste Belege aus Umfragen und statistisch belastbaren Untersuchungen legen Sie dafür jedoch nicht auf den Tisch. Aus unerfindlichen Gründen sehen sie offenbar nicht den enormen Imagegewinn für die ersehnte „europäische TOP-Destination Sylt“ den einen solcher Schritt sicher hätte.
Das Argument, eine Busticket-Ermässigung mit Mitteln aus der Kurtaxe würde  langwierige Ausschreibungen des ÖPNV zwingend erforderlich machen ist  falsch: Es gibt durchaus Denkmodelle und gesetzliche Vorgaben, die das ohne weitere Ausschreibung mit der SVG ermöglichen könnten.

Die Radfahrer wollen besser von Ost nach West kommen, aber die Anlieger der Friedrichstrasse sperren sich gegen eine Öffnung ihrer Fussgängerzone für Radler, der Ortsbeirat will sofort Tempo 30 in ganz Westerland, aber die Landesbehörde sagt: „Das geht nicht“. Der Busunternehmer will extra schnelle Busspuren, bessere Ampelschaltungen zur Beschleunigung der Busse -aber auch da scheint es Schwierigkeiten zu geben.
Wir bewegen uns scheinbar im (Teufels-)Kreisverkehr. Ein Masterplan muss her. Die Grundlagen dafür sind ja da: Ein Verkehrsgutachten, ein Klimagutachten, ein Verkehrsleitbild, ein fast fertiges Radfahrkonzept, ein in der Diskussion befindlicher Rahmenvertrag zwischen Landschaftszweckverband und SVG. Ein Busunternehmer der innovativ denkt und eine ganze Reihe von Zukunftstechnologien, die unmittelbar vor der Serienreife stehen (Z.B. autonome Fahrzeuge).
Ein insularer runder Tisch könnte vielleicht helfen. An dem müssten kundige Fraktionsvertreter aller Inselgemeinden, Mobilitätsanbieter, Verwaltung und Verkehrsexperten sitzen, die einen umfassenden Masterplan diskutieren, durchdenken und schliesslich implementieren.
Das wichtigste dabei wäre die Bereitschaft zur wohlwollenden Zusammenarbeit aller mit dem  Ziel, die Insel in Sachen Verkehr klimafreundlicher, lebenswerter und moderner zu machen. Und natürlich auch die Zeit, das zu tun. Ein Vertrag, der den ÖPNV für die nächsten zehn Jahre auf der Insel festschreibt sollte daher nicht überstürzt geschlossen werden und später genug Flexibilität erlauben, um jederzeit Nachbesserungen seitens der Gemeinden zu ermöglichen.