Serie Naturschutz Folge 8: Nordseeschutz mit Kettenreaktion: 1988- Erinnerungen an einen umweltpolitisch „heissen“ sylter Sommer

1988 bildeten über 40 000 Menschen eine Menschenkette für Nordseeschutz auf Sylt (ganz links im Bild G.P. Werner einer der Organisatoren beim Bemühen 20111 eine erneute Menschenkette zum Thema Atomunfall Fukushima am Strand zu bilden.

1988 bildeten  40 -60 000 Menschen auf Sylt eine Protestkette für mehr Nordseeschutz  (ganz links im Bild G.P. Werner,  einer der damaligen Organisatoren von den Grünen (hier im Jahre 2011 anlässlich einer erneute Menschenkette zum Thema Atomunfall Fukushima.)

In einer Serie stellt die Naturschutzgemeinschaft Sylt und die Söl’ring Foriining das Thema „Natur auf Sylt“ in seiner ganzen Bandbreite in der Sylter Rundschau dar. Erschienene Artikel werden auf natuerlichsylt.net veröffentlicht und archiviert. Es werden Institutionen und Vereine vorgestellt und auch  Menschen, die sich für die Sylter Natur einsetzen. In der sechsten Folge gibt der Diplombiologe Lothar Koch einen Überblick über den Nordseeschutz seit 1988.

1988- Wende für den Nordseeschutz

Der Sommer vor 30 Jahren war ein Wendepunkt für den Nordseeschutz. Seit über einem Jahrzehnt hatte sich bundesweit ein steigendes Umweltbewusstsein entwickelt. Nach Atom-, Fluss- und Waldsterben-Debatten brachten 1988 dramatische Vorfälle in der Nordsee das Meer in den Fokus des Interesses. Sie beeinflussten die Küstenpolitik fortan nachhaltig.

Was zuvor geschah…

1980 diagnostizierten Sachverständige einen desolaten Zustand der Nordsee. Wasserverseuchung und Fischverkrüppelungen wurden zum ersten Mal offiziell den giftigen Einträgen von Industrie und Landwirtschaft aus den Flüssen, sowie der direkten Giftverklappung und -verbrennung auf der Nordsee zugeschrieben. Auch die Vereinbarkeit von Naturschutz und  Tourismus stellte das Gutachten in Frage. Viele Küstengemeinden leiteten ihre Abwässer noch ohne biologische Klärstufe direkt ins Meer und deponierten ihren Müll im Überschwemmungsgebiet. Die Verklappung von Dünnsäure bei Helgoland wurde Dank Greenpeace zum öffentlichen TV-Spektakel.

Parallel dazu streiteten sich Schützer und Nutzer um die Eindeichung der Nordstrander Bucht und die Einrichtungen der Wattenmeer-Nationalparke. Das Thema „Umwelt“ belegte Platz 1 der gesellschaftlichen Hitliste. Im Herbst 1987 war die Betroffenheit hinsichtlich der Nordsee-Qualität so gross, dass der Nordseebäderverband-SH erstmalig in gemeinsamer Allianz mit Umweltverbänden „Aktion“ machte. Das Ausflugschiff „Pidder Ling“ wurde samt einer Delegation von Küstengemeinden als „Ein Schiff gegen den Wind“ zur internationalen Nordseeschutzkonferenz nach London geschickt. Die Schutzstation Wattenmeer sammelte in ihrem Netzwerk Strandmüll ausländischer Herkunft, verpackte ihn in Präsenskörbe und lieferte diese in der Aktion „Return to Sender“ direkt vor die Türen der Minister in London. Prinz Charles  sagte in seinem Grußwort : „Wir haben die Nordsee zur Kloake gemacht und der „Patient Nordsee“ könnte sterben, während wir hier auf die Diagnose warten“.

Schon im Frühjahr 1988 deutete alles darauf hin, dass Prince Charles richtig lag: Eine „Killer-Alge“ vermehrte sich explosiv im Kattegat und führte zu Millionenschäden bei Fischfarmen. Im Juli folgte der bis heute grösste Unfall einer Ölbohrinsel in der Nordsee: 167 Arbeiter auf der Plattform Piper Alpha liessen bei einer Explosion ihr Leben. Das warf einen Blick auf die desaströsen Umwelt- und Sicherheitsstandards bei dieser Nordsee-Industrie.

Doch nicht nur Menschenleben waren im Sommer 88 zu beklagen. Mit dem Einsetzen der Seehundwurfsaision begann das spektakulärste Robbensterben des Jahrhunderts. Täglich trieben Kadaver an die Küste. In einer Spitzen-Woche waren es über 500 tote Robben, die in der Sommerhitze am Strand vergammelten. Über 150 verschiedene toxische Substanzen wurden später in deren Organen gefunden. Tiermediziner bescheinigten dem Seehund-Bestand ein schlechtes Immunsystem, das gegen die grassierende Staupe nicht ankam. Am Ende waren es rund 20 000 Seehunde, die an der Nord-und Ostseeküste daran verendeten. Die Verarbeitung der Kadaver zu Tierfutter wurde wegen zu hoher Schadstoffgehalte im Fett amtlich untersagt. Sie wurden als Sondermüll entsorgt.

Tote Robben brachten das Fass zum Überlaufen

Auf dem Höhepunkt des Seehundssterbens, macht sich der Frust auf den Inseln Luft.

Seehunde starben 1988 "wie die Fliegen" an der Küste

Seehunde starben 1988 „wie die Fliegen“ an der Küste

Die Nordseebäder fürchteten ernsthaft um ihren Ruf. Mitten in der Hauptsaison schafften Sylter Umweltschützer es, die Kurbetriebe und Gemeinden für eine Idee zu begeistern: Eine Menschenkette sollte Zeichen für eine „saubere Nordsee“ setzen. Tatsächlich gelang es am 24.7.1988, für eine  Aktionskette zwischen List und Hörnum genug Menschen zu aktivieren.: Bis zu 60 000 Menschen Hand in Hand am Strand waren ein starkes Protestsignal, dessen Bilder, ebenso wie die von sterbenden Robben, in die deutschen Fernsehhaushalte drangen.

Danach nahm auf der Insel der Umweltschutz richtig Fahrt auf. Der SPIEGEL berichtet am 1.8.88:
Der Kampener Bürgermeister gelobte, für die Rettung der Nordsee werde er in Bonn notfalls „Türen eintreten“. „Das ist der Beginn einer großen Kampagne“, sagt Naturschützerin Klara Enss, stellvertretende Bürgermeisterin von Wenningstedt, pathetisch. Pastor Christoph Bornemann verkündete beim Protestgottesdienst: „Heute wollen wir mit dem Verdrängen aufhören.“

Harte systematische Lobby-Arbeit für die Nordsee folgte

In den Jahren danach wich die Euphorie für Nordseeschutz harter Detailarbeit seitens der Umweltverbände und -behörden- sowohl auf der Insel, als auch in den internationalen politischen Gremien. Stück für Stück wurden Abkommen realisiert, wie zum Beispiel gegen die Verklappung von Öl- und Giftstoffen, sowie Festmüll in die Nordsee. Küstenweit wurden Kläranlagen mit biologischen Stufen nachgerüstet. Meeresdüngende Phosphate verschwanden aus Waschmitteln, das bleifreie Benzin wurde eingeführt, Umweltstandards und Verträglichkeitsnormen entwickelt und die Flüsse wieder so sauber, dass man heute darin baden kann und sogar Fische findet. Den  Sylter Umweltverbänden (Naturschutzgemeinschaft Sylt, Schutzstation Wattenmeer, BUND) ging es darum, das steigende Umweltbewusstsein unmittelbar für die Insel zu nutzen und ein Gegengewicht zum ungebremsten Wirtschaftswachstum zu bilden, das mit Bebauung, Versiegelung, Naturverschandelung, Luftverpestung, Energieverschwendung und Vermüllung daherkommt.

Infostand in der Friedrichstrasse um 1993

Infostand der Schutzstation Wattenmeer in der Friedrichstrasse um 1993

Es galt, die Betroffenheit der Sylter Unternehmer und Touristiker zu nutzen, um etwas Substantielles für den Umweltschutz auf und um die Insel zu erreichen. Leider gingen die meisten Sylter Institutionen wenige Jahre nach dem Pressewirbel, den die sterbenden Seehunde verursacht hatten, wieder zur Tagesordnung über. Immerhin wurde ein mobiler Geschirrspüler für Gross-Veranstaltungen angeschafft, um Plastikmüll zu sparen, sowie ein jährlicher Umwelttag und ein Umweltpreis ausgelobt. Diese, ohnehin eher symbolischen Aktivitäten, sind längst Geschichte. Sie finden heute ihre Fortsetzung in punktuellen umweltfreundlichen Marketingaktionen die zum Gesamt-Portfolio eines modernen Tourismusservice wohl ebenso gehören, wie Aktivitäten, die mit Umweltschutz kaum vereinbar sind:  Motorrad- und Diesel- Trecker-Korsos, Grossveranstaltungen mit/für Autoherstellern und Anwerbung von immer mehr Menschen und Fluggesellschaften.

Gemeinsame Folgekampagne mit Nordseebäderverband und Co

Bis Ende der 1990iger Jahre etwa, war der Nordseeschutz-Geist von 1988 aber in vielen Amts-und Experten-Gremien noch deutlich spürbar. So gab es 1994 eine zweite gemeinsame Kampagne von Nordseebäderverband und Naturschutz vor den Türen der internationalen Nordseekonferenz in Esbjerg, das Motto: „Unsere Nordsee lasst sie leben“-Alle zogen an einem Strang und überreichten den Ministern Tausende von „Roten Karten“, um konkrete Ergebnisse anzumahnen.

SchuttenLK_0007 - Arbeitskopie 2

Gemeinsame Aktion „Rote Karte“ von Tourismus, Gemeinden und Umweltverbänden vor der INK in Esbjerg

 

Im Nordseeschutz vereint: von links: Silke Petersen (Nordseebäderverein), Landrat Bastian, Holger Westmüller( WWF), Lothar Koch /Schutzstation) Bürgermeister Föhr, Hans v. Wechseln (Schutzgemeinschaft dt. Nordseeküste).

Im Nordseeschutz vereint: von links: Silke Petersen (Nordseebäderverband),  Olaf Bastian (Landrat Nordfriesalnds) , Stefan Aust ( WWF), Lothar Koch (Schutzstation), Heinz Georg Roth (Bürgermeister Wyk auf Föhr), Hans v. Wecheln (Schutzgemeinschaft dt. Nordseeküste).

Was hat das Engagement gebracht?

Und heute? Ja-die Arbeit für den Nordseeschutz  hat sich gelohnt! In 1999 wurde das Nationalparkgesetz novelliert und damit ein grosser Teil des Sylter Hausmeeres zum ersten europäische Walschutzgebiet ausgewiesen- das hält die Offshore Industrie auf Abstand. Im Jahr 2009 folgte die Widmung als Weltbnaturerbe. Erst im vergangenen Jahr entstand das Meeresschutzgebiet Sylter Aussen-Riff jenseits der 12-Seemeilengrenze. Die Nordseequalität hat sich sowohl als Badegewässer, wie auch als Ökosystem hinsichtlich der Nähr- und Schadstoffbelastung deutlich verbessert (wenn auch ein optimaler Zustand noch nicht erreicht ist). Verölte Strände sind im Vergleich zum letzten Jahrhundert deutlich seltener geworden. „Schwarze Flecken“ im Watt, Giftalgenpest und selbst exorbitante Schaumalgen-Berge am Strand kamen lange nicht mehr vor. Dafür sind Seegraswiesen ins Watt zurückgekehrt.  Beim Landschaftsschutz gelangen recht gute Fortschritte durch Besucherlenkungsmassnahmen und Widerstände gegen eine ausufernde Bebauung. Auch das eine Leistung der vielen hartnäckigen Naturschützer, die dem Image der Insel heute zu Gute kommt.

Auf dieser grundlegenden Leistung von Umweltverbänden, Umweltpolitik und -behörden der vergangenen dreissig Jahre spielt sich der heute immer mehr boomende Nordseetourismus ab.

Andere Probleme rückten im neuen Jahrhundert in den Vordergrund: Überfischung, Einwanderung fremder Arten, Offshore-Industrieausbau, Mikroplastik, Unterwasserlärm und Klimawandel. Themen, die  für den Fremdenverkehr kaum relevant sind, weil sie von Gästen nicht störend wahrgenommen werden.
Eine Umweltbewegung im Sinne der 80iger Jahre gibt es für die Nordsee daher nicht mehr- weder auf Sylt noch küstenweit. Protestpotential wird heute im Internet ausgelebt: Menschenketten sind out, Protestklicks am PC sind in- auch wenn sie in der Wirkung vermutlich nicht so eine Durchschlagskraft wie echte Aktionen auf der Strasse haben.

 

Menschenketten funktionieren noch bei echter unmittelbarer Betroffenheit. Hier Sylter Menschenkette nach Atomunfall in Fukushima, 2011

Menschenketten funktionieren wohl nur bei echter, unmittelbarer Betroffenheit. Hier Sylter Menschenkette nach Atomunfall in Fukushima, 2011

Ein Ziel, das schon 1988 formuliert wurde, Sylt frei von Plastiktüten zu bekommen, ist bis heute nicht erreicht worden. Auch alle Versuche, den Autoverkehr auf der Insel zu reduzieren sind am Widerstand oder mangelnder Entschlusskraft Sylter Entscheidungsträger und Unternehmer gescheitert.

Die Zahl der Gäste hat sich seit 1988 mehr als verdoppelt (1988 berichtet der SPIEGEL von 400 000 Gästen, heute sind es ca. 900 000 bei 7 Millionen Übernachtungen). Das „Rad des Umsatzes“ dreht immer schneller. Dank einer zweiten Autozugfirma werden immer mehr Fahrzeuge auf die Insel transportiert. Sanfte Mobilitätsangebote sind rar. Der Flugverkehr mit grossen Düsenmaschinen nach Sylt ist enorm gewachsen. Hinsichtlich des Klimaschutzes stellt ein  Gutachten der Insel schlechten Noten aus und der Ausverkauf der Inseldörfer schreitet voran.

Werbung des Nordseebäderverbandes SH

Werbung der Nordsee Tourismus Service GmbH SH (Nachfolgeorganisation des Nordseebäderverbandes SH)

Fazit

Der Wille, Natur, Umwelt und Originalität der Insel nachhaltig zu bewahren und sich dafür zu engagieren, ist auf  Sylt bei vielen Entscheidungen und Trends nicht wirklich  überzeugend erkennbar. Gutachten gibt es einige, doch die werden nicht effektiv umgesetzt.

Letztendlich liegt das wohl an der ausschliesslichen Fixierung auf das „lineare Prinzip“, wie es Michael Müller, Staatssekretär a.D., kürzlich bei einer sylter Veranstaltung zum Klimawandel ausdrückte: „Solange gesellschaftlich das Wachstumprizip Maßstab aller Dinge bleibt, wird es keinen Klimawandel geben“, sagte der Vorsitzende der Naturfreunde e.V..
Solange Gemeinden von ihren Tourismuseinrichtungen verlangen, den Erfolg nur über jährlich steigende wirtschaftliche Wachstumszahlen zu messen, wird sich in Sachen nachhaltigem Umwelt-, Natur- und Inselschutz (die historischen Stätten eingeschlossen) nicht viel ändern. Dabei wissen die Weisen zwischen Bhutan, Norwegen und Dänemark (Länder mit höchstem „Glücksindex“) doch längst, dass zum echten Lebens- und Urlaubs- Glück gerade das Unbezahlbare eines Wohlfühlortes gehört: schöne Landschaft, intakte Natur & Umwelt, Gesundheit, Authentizität, Freundlichkeit und Geborgenheit. Sylter Strategiekreise und Gemeinden wären gut beraten, diesen „Glücks-Zielen“ höchste Priorität in ihren praktischen Planungen zu geben.

Lothar Koch für die
Naturschutzgemeinschaft Sylt, Schutzstation Wattenmeer und Sölring Foriining

Sylter Land zurück in Sylter Hand- BIMA überreicht Schenkungsurkunde

Fünenheide im Listland

Dünenheide im Listland

Es ist bereits die zweite Tranche an Sylter Ländereien in den Dünen, die die Bundesanstalt für Immobilien (BIMA) heute feierlich dem Landschaftszweckverband Sylt (LZV) zur weiteren Verantwortung übergab. Vorsitzer Manfred Ueckermann nahm die Urkunde für die Gemeinden der Insel und im Beisein zahlreicher BürgermeisterInnen von Johannes Paul Dietz aus dem Vorstand der BIMA entgegen.

Amtsrunde bei der Schenkungsübergabe Nationales Naturerbe

Amtsrunde bei der Schenkungsübergabe Nationales Naturerbe

Staatssekretär Ingbert Liebing, einst Bürgermeister von Sylt Ost, erläuterte das Verfahren, das massgeblich auf seine Initiative als Bundestagsabgeordneter zurückging.

„Mit der heutigen Schenkung, geht ein Kapitel zu Ende, das bereits im Deutschen Reich begann“, sagte Ingbert Liebing. Damals, als die Nazis die Insel zur Festung ausbauten, integrierten sie große Dünenflächen in den Besitz des Reiches. Diese Ländereien gingen später in Bundeseigentum über. Bereits 2011 wurden seitens der BIMA große Teile der Rantumer Dünen (330 ha) an den LZV übergeben. Heute erfolgte die Abtretung von Flächen im Listland. Dazu zählen beispielsweise Dünenbereiche beim ehemaligen Bundeswehrschiessplatz in List und nahe der Weststrandhalle. Insgesamt wurden heute 183 ha Dünenlandschaft zurück in die Hände der Sylter Gemeinden gelegt.

Diese Gebiete stehen alle bereits unter Naturschutz und zählen nun zum Nationalen Naturerbe Sylt, dessen Fläche auf der Insel jetzt 5% ausmacht. Das bedeutet also, dass diese Dünen, wie bisher, nicht bebaut oder wirtschaftlich genutzt werden dürfen. Im Gegenteil: „Es geht darum diese Heiden mit dem Naturschutz weiterzuentwickeln“, sagte Manfred Ueckermann und ergänzte: „Ziel soll es sein, Sylt lebenswert zu erhalten.“

von links: Liebling, Uekermann, Dietz

von links: Liebing, Uekermann, Dietz

Neben der Ehre, Verantwortung für die wertvollen Dünenheiden zu tragen, besteht jetzt eine viel bessere Möglichkeit diese Bereiche sinnvoll zu schützen, erläuterte Ingberg Liebing: „In der Vergangenheit hatte die BIMA immer mal wieder kleinere Flächen an Privatpersonen verkauft, die dann nicht einsehen wollten, dass sie auf ihrem Grund weder bauen, noch einen Strandkorb stellen dürfen“. Ein Verkauf ist nun ausgeschlossen, die Gemeinden selbst können nun Managementpläne entwickeln. Das alles jedoch wie bisher, nur mit Genehmigung der Naturschutzbehörde von Kreis und Land.

Roland Klockenhoff von der Naturschutzgemeinschaft Sylt bemerkte kritisch in Richtung BIMA: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ Es sei schon bemerkenswert, dass die BIMA über Jahrzehnte nach Höchst-Marktpreisen Häuser auf Sylt verscherbelte und nun „grosszügig“ auf Flächen verzichtet, die eh nicht bebaut werden dürfen und zum Teil noch Altlasten bergen, für die nun die Gemeinden zuständig sind.

In diesem Zusammenhang erwähnte Manfred Uekermann, dass die aktuellen Gespräche mit der BIMA nun hoffen lassen, restliche Gebäude und Flächen, die innerorts noch auf Sylt in deren Händen lägen, in sozialere Bestimmungen übergehen zu lassen, als bisher.

Lothar Koch

16.08.2018 Lesung mit Edda Raspé im Schöpfwerk aus der Biografie einer Sylter Umweltaktivistin

„Natur trifft Kultur 2018“ – Veranstaltungsreihe im Alten Schöpfwerk Keitum

Klara Enns BuchIn der Naturschutzstation im Alten Keitumer Schöpfwerk liest Edda Raspé von der Naturschutzgemeinschaft Sylt e.V. am 16. August um 20:15 Uhr aus der Biografie der Sylter Umweltaktivistin Klara Enss.

Ness war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, deren Leben eng mit der neueren Sylter Geschichte verwoben ist. Als feinsinnige Beobachterin und Chronistin der Veränderungen, die die Insel im 20. Jahrhunderts erfuhr, gibt ihre Biografie eine besondere Innenansicht über die Umweltgeschichte in dieser Zeit. Alles was sie auf politischer Ebene tat, stand im Kontext der Insel, deren Entwicklung und Veränderung sie mitgestalten wollte.

Edda Raspé wird die faszinierende Frau vorstellen und über aktuelle Möglichkeiten des Engagements für die Natur und Umwelt der Insel sprechen.

Es werden heiße und kalte Getränke serviert und eine Spende von zwölf Euro erbeten. Der Erlös kommt zu 100 Prozent der Schutzstation Wattenmeer zugute.

Am besten kann man per Rad hinkommen, gleich am Nössedeich gelegen.

Schöpfwerk Keitum
Koogstraße
25980 Keitum
Tel.: 0151-54865217

Offizieller Endbericht: Ursache für Pottwalstrandungen in 2016 bleibt ungeklärt

Abtauchender Pottwal

Abtauchender Pottwal

Der Grund für die Strandung von 30 Pottwalen in der Nordsee im Jahre 2016 ist laut einer Mitteilung der Tierärztlichen Hochschule Hannover wahrscheinlich ein komplexes Zusammenspiel von Umweltfaktoren. Welche  Umweltfaktoren das gewesen sein könnten, wird jedoch nicht erwähnt.

In anderen Mitteilungen erwähnten Meeresbiologen, dass starke Temperaturschwankungen am Nordpol (es war dort zeitweise nur um die 0 Grad kalt) in jenem Winter eine Rolle im komplexen Strömungsgefüge des Nordmeeres gespielt haben könnten, die die Wale auf eine falsche Route brachten.Die Untersuchung hält Temperatureinflüsse jedoch für unwahrscheinlich. Inwieweit Störungen durch Meeresverlärmung oder Sonnenstürme, die auf das Erdmagnetfeld wirken, eine Rolle spielen könnten bleibt weiterhin offen. Auch ob eine ungewöhnliche Verteilung von Nahrungstieren Schuld war, konnte nicht abschliessend geklärt werden.

test0014

Abtransport zerlegter Pottwale

Hier die Pressemitteilung der Hochschule Hannover im Wortlaut:
Zu Beginn des Jahres 2016 strandeten 30 Pottwale in der südlichen Nordsee. Es ist das größte bekannte Strandungsereignis dieser Art, das in der Region bisher registriert wurde. Internationale Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen schlossen sich zusammen, um die möglichen Ursachen zu untersuchen. Es folgte die bisher umfangreichste Untersuchung einer solchen Pottwalstrandung. Im Fachmagazin PLoS ONE (http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0201221) veröffentlichten die Forscher die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit. Die Strandungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurden von mehr als 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover unter der Leitung von Professorin Prof. h. c. Dr. Ursula Siebert, Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung, untersucht.

Kein Hinweis auf ein Trauma

Das internationale Team untersuchte 27 der 30 gestrandeten Pottwale. Eine der wichtigsten Fragen war, ob die Tiere erkrankt oder geschwächt waren. Darauf fand das Team aber keine Hinweise. Siebert sagt: „Wir haben uns den Gesundheits- und Ernährungszustand der 27 Tiere genau angeschaut und mehrere Infektionen gefunden – einschließlich Parasiten und einen neuen Herpesvirus. Diese Infektionen waren im Zusammenhang mit den Strandungen aber bedeutungslos. Das machte andere Ursachen wahrscheinlicher. Also mussten wir weitersuchen.“ Auch ein durch Menschen verursachtes Trauma wie Verwicklungen in Seilen und Netzen oder Schiffskollisionen konnten die Forscher ausschließen. Anzeichen für eine signifikante Menge chemischer Verschmutzung gab es ebenfalls nicht. Bei neun untersuchten Walen fanden die Wissenschaftler Meeresmüll (Plastik) in den Mägen der Pottwale. Der Müll führte aber bei keinem der Tiere zu einer Verstopfung des Magen-Darm-Trakts oder einem anschließenden Verhungern. Marine Erdbeben, schädliche Algenblüten und Veränderungen der Meeresoberflächentemperatur wurden ebenfalls berücksichtigt und als mögliche treibende Faktoren der Strandungsserie als sehr unwahrscheinlich ausgeschlossen.

Verlorene Junggesellen

Wie die meisten Tiere, die bisher in dieser Region strandeten, handelte es sich bei den untersuchten Tieren aus dem Jahr 2016 um junge subadulte Männchen im Alter zwischen 10 und 16 Jahren. Untersuchungen der Mageninhalte ergaben, dass die Tiere wahrscheinlich in den norwegischen Gewässern, mindestens 1.300 Kilometer entfernt und bevor sie in die Nordsee gelangten, zum letzten Mal gefressen hatten. Pottwale kommen normalerweise in viel tieferen Gewässern vor. Die südliche Nordsee ist ein sehr unnatürlicher Lebensraum für Pottwale: Das seichte Wasser und die allmählich abfallende Küste machen es ihnen schwer, hier effektiv zu navigieren. Zusätzlich kommt ihre bevorzugte Beute, der Tintenfisch, nicht in der Nordsee vor. Die Pottwale fanden folglich nicht ausreichend Nahrung. Die südliche Nordsee kann als eine Art Falle für tief tauchende Wale wie den Pottwal angesehen werden: Sobald sie in diesen Bereich vordringen, sind sie einem erheblichen Risiko zu sterben ausgesetzt. (Das erklärt aber nicht, weshalb sie überhaupt erst in die flache Nordsee hineinzogen., Anm.der Red.)

Multidisziplinärer Ansatz

Die Autoren fassen in ihrer Studie zusammen, dass kein alleiniger Faktor gefunden wurde, der für die Strandungsreihe im Jahr 2016 verantwortlich ist, sondern sehr wahrscheinlich eine Kombination verschiedener und zusammenfallender Faktoren dazu geführt hat. „In dieser Zeit strandeten auch andere, nicht heimische Arten in der Nordsee. Zudem zeigen andere Untersuchungen, dass die Pottwale zu zwei verschiedenen Gruppen aus verschiedenen Gebieten gehören. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass eine Kombination großräumiger Umweltfaktoren dafür verantwortlich war, dass die Pottwale in die Nordsee gelangt sind“, führt Abbo van Neer, einer der beteiligten Forscher des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, aus.

Informationsdienst Wissenschaft – idw – Pressemitteilung
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Sonja von Brethorst, 08.08.2018 09:44

Gäste wollen Meer-Naturschutz am Urlaubsort Küste

Foto:Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer

Foto:Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer

Naturschutz ist gefragt bei Nationalpark-Urlaubern: 90 Prozent der Feriengäste im und am deutschen Teil des Weltnaturerbes Wattenmeer wollen vor Ort eine intakte Natur erleben, 93 Prozent ist es „wichtig oder sehr wichtig“, dass die Natur an ihrem Zielort geschützt wird. Diese und viele weitere Informationen gehen aus der zweiten Gästebefragung „Weltnaturerbe und nachhaltiger Tourismus“ hervor, die die Nationalparkverwaltungen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen beim Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH (NIT) in Auftrag gegeben haben. Ziel war es zu analysieren, inwieweit die gemeinsamen Anstrengungen für attraktive Naturerlebnisangebote und Information über den Nationalpark und das Weltnaturerbe Wattenmeer sich in Zahlen und darüber hinaus in hoher Zufriedenheit bei den Übernachtungsgästen widerspiegeln.

Und das tun sie – wobei die Ergebnisse in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sich nur minimal unterscheiden. So ist in beiden Wattenmeer-Nationalparks das Interesse an Naturerlebnisangeboten von Ausflugsfahrten bis zu Wattexkursionen groß: In beiden Bundesländern nahmen jeweils 47 Prozent der im vergangenen Jahr befragten Urlauber an einer geführten Wattwanderung teil. Die Gesamtzahl der Besucher in den über 50 Nationalpark-Informationseinrichtungen lag bei gut 1,6 Millionen. Der Welterbestatus ist 96 Prozent der befragten Nordseegäste bekannt, für rund ein Drittel ist diese Auszeichnung wichtig oder sehr wichtig für ihre Reiseentscheidung.

„Für uns ist es relevant zu überprüfen, ob wir mit unseren Angeboten die Menschen, die den Nationalpark und das Weltnaturerbe Wattenmeer besuchen, auch wirklich erreichen“, erläutert Christiane Gätje, in der schleswig-holsteinischen Nationalparkverwaltung zuständig für den Bereich nachhaltiger Tourismus. „Die Ergebnisse lassen erkennen, dass dem weitgehend so ist“, ergänzt Jürn Bunje, der die Studie seitens der niedersächsischen Nationalparkverwaltung fachlich begleitet, und: „Aufschlussreich für unsere Besucherlenkung ist, dass die Gäste vor allem klassische Informationsmedien wie die Nationalpark-Infotafeln nutzen“. Christiane Gätje resümiert: „Wir freuen uns über tolle und sensible Urlauber, die Wert auf Nachhaltigkeit legen und die Schönheiten der Natur sowie den Naturschutz in unseren Nationalparks zu schätzen wissen.“

Die Zahlen und Daten wurden im vergangenen Jahr erhoben, zum zweiten Mal nach 2013. Sie sind nach Überzeugung der Initiatoren nicht nur für die Nationalparkverwaltungen relevant, sondern liefern auch Touristikern und den Küstenkommunen wertvolle Hinweise über Urlauberwünsche und –ansprüche rund um das Thema Natur und Nachhaltigkeit.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Gästebefragung sind in einer Broschüre nachzulesen, die hier: https://www.nationalpark-wattenmeer.de/sh/service/publikationen/2-gastebefragung-weltnaturerbe-wattenmeer-und-nachhaltiger-tourismus-2017 zum Download bereitsteht. Die Nationalparkverwaltungen in Schleswig-Holstein (Telefon 04861-96200) und Niedersachsen (Telefon 04421-911271) versenden auf Anfrage auch die Druckversion.

Heike Wells, LKN.SH