Beiträge

Großwal-Fallen existieren direkt vor Sylt!

Deutsche Meeresschutzverbände fordern: Bundesministerien sollen sich effektiver für den Walschutz in der Nordsee einsetzen

Am 2.6.2025 vor Rantum/Sylt gestrandeter Zwergwal mit Krebs-Fangkorb-Reusenleine um den Kopf. Foto: M. Zimpel

Tracking Linie eines irischen Krebs-Kutters vor Sylt vom 17.6.2025, unmittelbar an der Grenze zum Walschutzgebiet des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 
Karte & AIS-Daten © VesselFinder.com | Basiskarte © OpenStreetMap contributors (CC BY-SA 2.0)

Sylt/Berlin 27.6.2025

„Die Gefährdung von kleinen und großen Walarten in der Nordsee durch Fischereigerät muss gestoppt werden“ sagt Lothar Koch, Meeresschützer auf der Nordseeinsel Sylt, der kürzlich einen in Fischereileinen verendeten Zwergwal am Rantumer Strand sichtete.

„Noch immer verfangen sich jährlich tausende Schweinswale in kilometerlangen Stellnetzen der Nordsee und neuerdings werden vor den friesischen Inseln auch Großwale durch Leinen einer internationalen Krebsfischerei gefährdet – das sogar innerhalb von Naturschutzgebieten“, ergänzt Dennis Schaper von der Schutzstation Wattenmeer.

„Fischereimethoden, die eine Gefahr für Wale jeglicher Größe darstellen, sind ebenso wie die Grundschleppnetzfischerei immer noch innerhalb von Meeres-Schutzgebieten erlaubt. Das ist ein Skandal“, so Fabian Ritter von M.E.E.R. e.V.. „Deutschland muss ein grundsätzliches Umdenken und ein stringentes, vorbeugendes Handeln bei der europäischen Fischereipolitik einfordern, um den Schutz der Meeressäuger in der Nordsee zu verbessern“, fordert der Walexperte.

Die Meeresschutzverbände Schutzstation Wattenmeer und M.E.E.R. e.V. fordern daher die beiden für Fischerei und Umwelt verantwortlichen Bundesministerien (für Ernährung & Landwirtschaft, BMEL, und für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz, BMUKN) auf, ihrer internationalen und nationalen Verantwortung für den Schutz der Wale und der Nordsee als Lebensraum gerecht zu werden und im Rahmen der EU-Fischereipolitik dafür zu sorgen, dass diese derart naturzerstörerische Fangmethode in deutschen Gewässern und insbesondere in Schutzgebieten wie dem Sylter Außenriff gestoppt wird. 

Hintergrund
Am 2. Juni 2025 wurde ein toter Zwergwal vor Rantum auf Sylt angetrieben. Sein Kopf hatte sich in einer Reusenleine verfangen, an der noch ein Krebsfangkorb der irischen Firma McBride Fishing hing. Recherchen ergaben nun, dass Fischereifahrzeuge dieser Firma regelmäßig vor Sylt und Borkum aktiv sind.
Ein Trackingmuster (vesselfinder.com) zeigt den genauen Standort eines der irischen Kutter am 17.6.2025 (Foto, oben) direkt außerhalb des Walschutzgebietes des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer im Naturschutzgebiet Sylter Außenriff-Östliche Deutsche Bucht.

Jedes der drei Fangfahrzeuge bringt nach eigenen Angaben der Firma McBride Fishing rund 150 Taschenkrebsfangkörbe am Meeresboden zum Einsatz. Diese werden an langen Verbindungs-Seilen ausgebracht und sind am Ende mit 26 m langen Bojenleinen gekennzeichnet (s. Zeichnung unten). Seit die Schleppnetzfischerei in deutschen Meeresschutzgebieten vor einigen Jahren verboten wurde, haben nun die Krebsfischer diese Lücke entdeckt und nutzen sie offenbar um hier sicher vor anderen Fischereiarten ihre Körbe zu platzieren. Es ist also wahrscheinlich, dass der Zwergwal von Rantum (Foto: M.Zippel, ganz oben) in einer dieser Leinen direkt vor der Insel zu Tode kam.

Laut einer Studie (Richardson et al. 2019) gehen global bis zu 25 % der auf hartem Substrat gestellten Körbe verloren, was auch zur Vermüllung und zur Geisternetz-Fischerei beiträgt. Mit der gleichen Fangkorb-Methode werden in der deutschen Nordsee auch Hummer für den Feinschmeckermarkt gefangen. Eine Krebsart, die gleichzeitig aufwändig mit Steuergeldern aufgepäppelt und wieder angesiedelt werden soll, aber rechtlich keinen Schutz genießt. Es gibt also neben dem Zwergwalbeifang noch mindestens zwei weitere Gründe, diese Fischerei zumindest in den Schutzgebieten zu schließen und generell so umzurüsten, dass keine Wale in Gefahr geraten.

Die erschreckende Todesursache von Großwalen durch Fischereigerät ist in internationalen Fachkreisen nichts Neues. So zeigt eine wissenschaftliche Veröffentlichung von Russell Leaper et al. aus dem Jahre 2022, dass das Verfangen in stationären Fanggeräten (z.B. Krebskörben) weltweit eine der Hauptursachen für den Tod von Großwalen ist. In den nord-ostatlantischen Gewässern um die schottische Küste sterben daran vor allem Zwerg- und Buckelwale.

Demnach lassen jedes Jahr 6 Buckelwale und 30 Zwergwale vor der schottischen Küste ihr Leben in den Fangleinen der industriellen Krebsfischerei.
An der schottischen Westküste beträgt die geschätzte jährliche Rate der tödlichen Verstrickungen von Zwergwalen somit 2,3 % einer aktuellen Populationsschätzung. Die geschätzte Zahl der jährlichen Buckelwalverstrickungen zeigt ebenfalls einen steigenden Trend.

Laut Russell Leaper et al. (2022) wollen schottische Krebsfischer ihre Bereitschaft gezeigt haben, sich an Lösungen zum Walschutz zu beteiligen. Eine Lösung könnten Fangkörbe sein, die ohne Leinen auf dem Meeresboden platziert werden. Leider scheinen diese jedoch noch nicht im Einsatz zu sein, was dem Zwergwal von Sylt möglicherweise zum Verhängnis wurde.

Typische Konfiguration von Reusen in Schottland, bestehend aus einer Boje an jedem Ende, einer vertikalen Leine mit Gewichten auf dem Meeresboden und einer Hauptgrundleine mit Fußseilen, die die Reusen an der Grundleine befestigen, die beide schwimmen. Die Anzahl der auf diese Weise miteinander verbundenen „creels“ (Fangkörbe) variiert, aber etwa 50 bis 60 sind typisch. Zeichnung: Russel and Leaper et al. 2022

V.i.S.d.P. Lothar Koch/NaturReporter Sylt

Zwergwal vor Rantum starb wohl in Fischereigerät

Wie jetzt bekannt wurde fanden Strandgänger den vor Rantum gestrandeten Minkwal, wie Zwergwale auch genannt werden, bereits am Abend des 3. Junis. Fotos zeigen: Der Bartenwal war in eine Reuse verheddert, die ihn wohl stranguliert hatte. Die Reuse ist mit dem Code MCBRIDE Fishing 0005816 bezeichnet, was auf eine ausländische Herkunft hindeutet (Irland/UK).Es gibt ein „McBride Fishing“ in Irland, die sich auf Taschenkrebsfang spezialisiert haben. Diese Herkunft ist wohl sehr wahrscheinlich. In dem Fangkorb reiste noch eine ausgewachsener , lebender Taschenkrebs mit.Die Firma sitzt an der Nordküste Irlands.
Es ist jedoch unter Fachleuten bekannt, dass seit rund zwei Jahren irische Fischer auch in der 2ßß Semeilenzone vor der Deutschen Küste (AWZ) nach Krebsen fischen. Dabei werden an 4 km langen Leinen bis zu 600 Fangkörbe befestigt.
Wieder einmal ein Beispiel wie tödlich Fischereigerät für Meeressäuger sein kann, egal welcher Größe sie haben. Dieser Zwergwal misst ca 6,5 Meter Länge.

Heute werden Wissenschaftler des für Meeressäugerforschung zuständigen ITAW (Institut für für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (Uni Hanover) in der Abdeckerei in Jagel erwartet, wo der Kadaver lagern wird, um Gewebeproben des Wals zu nehmen und mehr über die Todesursache herauszufinden. Nicht selten werden in den Tieren hohe Schadstoffwerte und Parasiten gefunden, die ebenso wie akuter Nahrungsmangel Todesursache sein könnten.

© Fotos M.Zimpel

Text: L.Koch/NaturReporterSylt

Trauriges Vogelsterben unter Hochseevögeln

Von der Brutkolonie Bass-Rock bei Schottland stammen wohl alle Basstölpel die unsere Insel erreichen.
Sie sind derzeit vom Virus besonders betroffen.

Die Vogelgrippe an der schleswig-holsteinischen Nationalparkküste war bisher ein winterliches Phänomen. In den vergangenen Wochen aber hat sich ein Virus unter Brutvögeln sowie Hochseevögeln wie Basstölpeln verbreitet. Wegen zahlreicher Meldungen aus der Bevölkerung sieht sich die Nationalparkverwaltung nun zu einem Appell veranlasst.

Der lautet: „So traurig der Anblick sterbender Vögel auch ist – an der Vogelgrippe erkrankten Tieren kann man nicht helfen“, so der Leiter der Nationalparkverwaltung Michael Kruse.

Um sie nicht zu beunruhigen oder zusätzlich zu stressen, sollte man sie vielmehr in Ruhe lassen und Abstand halten. Auch tote Tiere sollte man nicht anfassen und außerdem Hunde fernhalten. Funde von verendeten Vögeln im Nationalpark und auf den Landesschutzdeichen können an die Nationalparkverwaltung gemeldet werden, außerhalb dieser Bereiche sind die Ordnungs- und Veterinärämter der Kommunen zuständig.

Bei den aktuellen Funden handelt es sich vor allem um eine noch unbekannte Zahl an Basstölpeln, die jetzt tot oder geschwächt an den Stränden etwa auf Sylt angespült werden. Entsprechende Meldungen gibt es auch aus Dänemark. In den ersten drei Juniwochen sind in Nordfrankreich und den Niederlanden ganze Brutkolonien von Brandseeschwalben mit Tausenden von Paaren durch die Vogelgrippe ausgelöscht worden, auf den schottischen Shetland- und Orkney-Inseln gibt es seit längerer Zeit entsprechende Meldungen über Basstölpel und Skuas.

In Deutschland wurde bereits Anfang Mai ein Vogelgrippe-Ausbruch an der Ostseeküste (Langenwerder/ Mecklenburg-Vorpommern) dokumentiert. Inzwischen sind auch im deutschen Wattenmeer (Minsener Oog/ Niedersachsen und auf Neuwerk im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer) Brandseeschwalben betroffen. Im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer wurde die Vogelgrippe in der ersten Junihälfte an toten Brandseeschwalben aus der Brutkolonie auf der Hallig Norderoog nachgewiesen sowie an einigen Tieren auf Trischen.

„Über die Hintergründe wissen wir noch kaum etwas“, sagt Michael Kruse; darum nähmen die Nationalpark-Ranger:innen weiterhin Tupferproben von verendeten Vögeln. Die Nationalparkverwaltung stehe in engem Kontakt mit den für Funde außerhalb des Nationalparks zuständigen Kreisbehörden sowie mit dem Landeslabor Schleswig-Holstein und dem Friedrich-Löffler-Institut, die mit der Probenanalyse befasst sind. Bei den vorhergehenden winterlichen Vogelgrippewellen habe sich eine gute Zusammenarbeit auch innerhalb des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN.SH) mit den Kolleg:innen von den Bauhöfen etabliert.

Text: Heike Wells/LKN

Weitere Informationen gibt es hier:

Website der Nationalparkverwaltung:

Sylt NaturReporter im Interview mit Le Figaro zu Ausbauplänen von Offshore-Industrie der Ampel in Nordseegewässern

Sylt/Berlin/Paris
Inselbewohner, Naturschutzverbände und gewählte Umweltschützer prangern die ungebremste Ausbreitung von Windkraftanlagen im Meer an.
Unser LeFigaro-Reporter Pierre Avril berichtet von Sylt

Erschienen am 8.12.2021 in Le Figaro


Von der Westküste der Insel Sylt aus sind die achtzig Windräder des Windparks Butendiek nur an klaren Tagen zu sehen.- Und das war am Donnerstag, den 1. Dezember der Fall, als ein kräftiger, eisiger Nordwind die Wolken vertrieb und dreißig Kilometer in der Ferne eine geradlinige Abfolge von Pfeilern und Windmühlenflügeln sichtbar wurde.

In dem Naturparadies Sylt, der nördlichsten Insel Deutschlands, die mit der Fähre erreichbar ist, stört dieser industrielle Anblick nur minimal den Charme der Insel, dennoch bewegt das einen Teil der 18.000 Einwohner.


„Die Windenergiebranche in Deutschland ist auf der Suche nach neuem Schwung.


Von seinem Haus aus läuft Lothar Koch nur drei Minuten, bevor er sich täglich frühmorgens in die Wellen der Nordsee stürzt. Dabei ignoriert er die vertraute Skyline. Der örtliche Naturschutzaktivist und Sprecher der Grünen gibt jedoch zu, dass diese Windkraftanlagen, mit denen seine neuerdings regierenden Freunde das Meer in Massen zupflastern wollen, ein wichtiger Grund dafür ist, dass er neulich gegen den Koalitionsvertrag gestimmt hat. „Das ist zu gefährlich, das muss gebremst werden“, meint Lothar Koch.

Dass ein Umweltaktivist seine Partei abstraft, weil sie zu viele Windräder gegen die globale Erwärmung aufstellen will ist nicht banal. Sein Verhalten veranschaulicht „das tiefe Dilemma“, in dem sich die Umweltschützer nach der Lektüre des Koalitionsvertrags befinden, der wiederum weitgehend von den grünen Verbündeten inspiriert wurde. Die Regierung kündigte an: „Wir werden die Produktionskapazitäten für Offshore-Windenergie erheblich ausbauen“.Das bedeutet eine Mindestproduktion von 70 Gigawatt im Jahr 2045, zehnmal mehr als die derzeitige Kapazität, verteilt auf die Nord- und Ostsee.

Lothar Koch und seine Freunde haben schnell ausgerechnet, dass in 20 Jahren auf den beiden Meeren, die an Deutschland grenzen, 14.000 Windräder stehen werden, während es Ende 2019 nur 1469 waren. „Die gesamte Nordsee wird dann voller Windkraftanlagen sein und bis 2045 eine ewige Baustelle bleiben“, sagt Koch.
Der Aktivist, der von Beruf Biologe ist, befürchtet, „dass Räume für geschützte Arten verschwinden“. „Die öffentliche Meinung ist sehr sensibel was das Thema globale Erwärmung angeht, da ihre Auswirkungen sichtbar sind, aber sehr wenig für das Aussterben der Artenvielfalt. Dabei sind diese beiden Phänomene eng miteinander verbunden“.


Sieben neue Windkraftanlagen pro Tag


Butendiek ist einer von dreiundzwanzig Windparks, die im Namen der Förderung erneuerbarer Energien im deutschen Teil der Nordsee errichtet wurden. Um die Klimaziele zu erreichen, die auf der Konferenz in Glasgow bestätigt wurden, hat Deutschland nach dem Ausstieg aus der Atom- und Kohlekraft keine andere Wahl, als die Windkraft zu verdoppeln: Laut dem Magazin Stern sind das sieben neue Windräder pro Tag!


Vor Sylt haben sich die Rotorblätter in die Landschaft einigermassen eingefügt. Doch die kontroverse Geschichte der Baustelle könnte wie ein Lehrbuchbeispiel auf eine der größten Herausforderungen der Koalition hindeuten. Die Insel liegt im Wattenmeer, das seinerseits seit 2009 zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört und das größte Naturschutzgebiet des Landes (4400 km²) ist. Die Windkraftanlagen von Butendiek befinden sich in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und wurden 2003 für den Bau zugelassen.
In jenem Jahr beeilte sich der grüne Umweltminister der Regierung Schröder, Jürgen Trittin, dem Projekt grünes Licht zu geben, obwohl er wusste, dass sich das rechtliche Fenster ein Jahr später wieder schließen würde: Der Windpark befindet sich heute in einem Vogelschutzgebiet, in dem vor allem Gaviiden leben, eine Familie von Tauchvögeln, die lange Zeit über der Wasseroberfläche schweben, bevor sie nach ihrer Beute unter Wasser tauchen.

Im Jahr 2004 wurde das Sylter Riff zum Vogelschutzgebiet erklärt. Auch Schweinswale und Kegelrobben, die am oberen Ende der Nahrungskette stehen, halten sich in dem Gebiet auf. Im Sommer wagen sich die Säugetiere zur Freude der Touristen ganz nah an die Stände heran.


Biologen zufolge hat sich die Population der Nordseeschweinswale, die derzeit im deutschen Gebiet rund 23.000 Tiere umfasst, in den letzten 20 Jahren aufgrund der Kombination aus Windkraftanlagen und Fischerei um die Hälfte verringert. Der große deutsche Naturschutzverband NABU ließ sich auf einen langen und kostspieligen Rechtsstreit ein, der im Mai 2021 mit einem Pyrrhussieg endete. Das Verwaltungsgericht Hamburg machte den Weg frei für einen Betriebsstopp des Windparks, falls die Schädigung des Lebensraums der Gaviiden dokumentiert werden sollte.

Die wahren Hoffnungen des Vereins hängen nun von einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ab. „Windenergie trägt zur Energiewende bei, und wir unterstützen diesen Prozess, aber nur, wenn das Augenmaß gewahrt bleibt“, sagt Kim Detloff, Meeresschutzexpertin des NABU. Der Verband schätzt, dass die Zahl der Tauchvögel infolge des Baus der in der Nordsee errichteten Windkraftanlagen um 30 % zurückgehen wird.

Auch Hochseefischer und die Gemeinde Sylt haben gegen den Windpark geklagt. Die sehr exklusive Gemeinde Kampen, in der Villen zu hohen Preisen verkauft werden und Luxusboutiquen neben großen Autos zu finden sind, wurde vor dem Verfassungsgericht abgewiesen.
Im Nachbarort Sylt, der als Hauptstadt fungiert, befürchtet Bürgermeister Nikolas Häkel, dass dieses kleine Paradies, das ausschließlich vom Tourismus abhängt, durch die Windkraftnutzung verschmutzt werden könnte. „Unsere größte Sorge gilt weniger den Vögeln als vielmehr dem Schiffsverkehr, der durch diese Projekte verursacht wird, und dem Risiko, dass Öl an den Stränden ausläuft“, erklärt der Politiker.

Die Umweltschützer kritisieren auch den ständigen Verkehr von Schnellbooten, die von der dänischen Grenzinsel Römö aus Wartungstechniker zu deutschen Windparks bringen, was Meeressäuger vertreibt.


„Ein Science-Fiction-Projekt“ in der Nordsee


Im Gegensatz dazu setzt die winzige Nachbarinsel Helgoland auf den Windkrafttourismus und bietet „grüne“ Ausflugstouren zu den Parks an. Katja und Sonja, ein befreundetes Paar aus Hamburg, sind von den Werbeprospekten der Tourismusagenturen angetan. „Sicherlich kann das Versenken von Rohren im Meer schädlich für Schweinswale sein, und die Aussicht ist auch nicht so toll. Gleichzeitig bilden diese Masten einen neuen Lebensraum für Muscheln und Krebse. Was die Zugvögel angeht, so haben wir auch welche, die gegen unser Fenster fliegen“, verharmlosen die beiden jungen Frauen, die am Strand spazieren gehen, Windkraftanlagen verteidigen und bei den Wahlen für die Grünen gestimmt haben.


Auf der anderen Seite des Spektrums sind die Windkraftunternehmen in widersprüchlichen Anordnungen gefangen. Die verschiedenen Klagen gegen Butendiek haben zusammen mit den Problemen der Aktionäre dazu geführt, dass sich der Baubeginn um zehn Jahre verzögert hat. Neben den Klagen von Umweltschützern und Anwohnern macht dem niederländischen Konzern Tennet, dem alleinigen Betreiber von Offshore-Stromverbindungen in Deutschland, die dezentralisierte deutsche Bürokratie zu schaffen.


Das sehr windige, von der Nordsee umspülte Bundesland Schleswig-Holstein ist ein beliebter Ort. Der ehemalige Landesumweltminister Robert Habeck, heute Klima- und Wirtschaftsminister in der Regierung Scholz, gilt als Verbündeter der Unternehmen der Branche.
Tennet erwartet viel von den neuen Behörden, ohne sich Illusionen zu machen. „Wir werden aufgefordert, in der Hälfte der Zeit doppelt so viel Infrastruktur aufzubauen. Um das zu erreichen, müsste die Planungsdauer für die Arbeiten auf vier Jahre reduziert werden, plus vier Jahre für die Umsetzung. Derzeit werden jedoch allein für die Planung zehn Jahre benötigt. Der Prozess, Kompromisse zu finden, muss beschleunigt werden“, plädiert ihr Sprecher Mathias Fischer.

Mit sehr vagen Aussagen zur Umsetzung, gibt der Koalitionsvertrag lediglich „Windkraftanlagen Vorrang“ bei der maritimen Nutzung und betont die Notwendigkeit, „miteinander verbundene“ Unterwassernetze zu bauen. Das Bundesumweltministerium bestreitet, dass es Schwierigkeiten gibt. Das Landesministerium von Schleswig-Holstein ließ seinerseits die mehrfachen Anfragen des Figaro unbeantwortet.


„Wir müssen Lösungen finden, denn es macht uns keinen Spaß, vor Gericht zu gehen. Leider zeigen die Politiker sich als zu feige, bedauert NABU-Experte Kim Detloff, der aber nicht kapitulieren will.
Ein Beispiel: Das Unternehmen Tennet plant heute in der Nordsee, 120 Kilometer vor Sylt, eine gigantische Plattform zur Anbindung von Windenergie-Stromtrassen zu bauen. Die NGO kritisiert dieses „Science-Fiction-Projekt“, das mit den Projekten der Golf-Emirate vergleichbar ist und ihrer Meinung nach „das Ökosystem der Nordsee umwälzen wird“ ….

LKN: Neue Leitung fürs Wattenmeer

Michael Kruse ist neuer Nationalpark-Chef

Der 61-jährige Diplom-Agraringenieur Michael Kruse wird Montag (15. Juni) in Tönning seinen Dienst als Leiter des Geschäftsbereiches Nationalpark und Meeresschutz im Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN.SH) aufnehmen. 

Michael Kruse- neuer Leiter des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

„Es ist schön, dass ich dazugehören darf“, sagt der neue Nationalpark-Chef und strahlt das auch aus. „Ein Monitoring auf hohem wissenschaftlichen Niveau, die Vielzahl von Schutzkonzepten und rechtssicheren Genehmigungsverfahren, eine vom Ellenbogen bis zur Elbmündung augenfällige Nationalpark-Präsenz und die bald bestimmt wieder hohen Gästezahlen im Multimar Wattforum – da gerate ich schon vor Dienstbeginn ins Schwärmen“, freut sich Kruse.

An der Unterelbe aufgewachsen, faszinieren ihn Vögel bis heute. Er kennt ihre Stimmen und beteiligt sich seit Jahren am ehrenamtlichen Vogelmonitoring. Nach dem Landwirtschaftsstudium und Referendariat in Kiel arbeitete er fast zwanzig Jahre als Landschaftspflege- und Naturschutzdezernent im ehemaligen Amt für Land- und Wasserwirtschaft in Heide und im Staatlichen Umweltamt Itzehoe – beides Ämter, die Jahre später im LKN.SH aufgingen. Zu seinen Themen gehörten die Hochmoorrenaturierung am Hohner See, die Flurbereinigungen in der Mieleniederung, landschaftspflegerische Begleitpläne für eine kleine Rückdeichung bei Büsum oder die Naturwaldbildung in Lauenburg.

2005 übernahm der studierte Agraringenieur im Umweltministerium die Zuständigkeit für Vertragsnaturschutzprogramme. Durch das Halligprogramm und andere Landwirtschaftsthemen sind ihm viele Akteure und Orte der Nationalparkregion bestens bekannt. 2016 übernahm er im Umweltministerium die Referatsleitung für Ökolandbau und Cross Compliance, die Umsetzung des EU-Regelwerks zur Auszahlung von Agrarsubventionen.

Nicht nur dem Naturschutz, auch dem Küstenschutz ist Michael Kruse fachlich und emotional nahe: Der kleine Landwirtschaftsbetrieb, den seine Frau im Nebenerwerb betreibt, liegt hinter dem Mitteldeich der Seestermüher Elbmarsch. Michael Kruse ist ehrenamtlich im Deich- und Hauptsielverband engagiert und betreut als Deichgraf einen Deichabschnitt. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen ist es ihm gerade in Zeiten von Klimawandel und Meeresspiegelanstieg besonders wichtig, die Herausforderungen im Wattenmeerschutz gemeinsam mit Naturschutz, Küstenschutz, kommunaler Ebene und Verbänden anzupacken.

Noch steht er binnendeichs- bald kriegt er Weitblick.

„Erfahrener Naturschützer und ehrenamtlicher Deichgraf – welch passende Basis für einen Nationalpark-Chef und stellvertretenden LKN-Direktor“, freut sich Birgit Matelski, die Direktorin des LKN, die Michael Kruse am Montag in seine neue Aufgabe einführen wird. 

Pressemitteilung des Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein
Dr. Hendrik Brunckhorst, Fotos: Archiv LKN/SH