Corona soll eine Veränderung im positiven Sinne bewirken, wünschen sich Viele auch auf Sylt. Insofern ist es begrüssenswert, wenn jetzt UnternehmerInnen mit neuen Ideen in die Öffentlichkeit treten. Allerdings muss genau geschaut werden, ob damit lediglich neue Umsatzmöglichkeiten für einzelne Privatleute geschaffen werden, oder ob die Ideen der Insel, dem Gemeinwohl und der Nachhaltigkeit dienen, kurz: syltverträglich sind.
In den letzten Tagen kamen zwei solcher Ideen auf den „Markt“, die es nun zu prüfen gilt. Ein Autokino als Dauereinrichtung, bis es zu kalt wird auf dem Parkplatz Oase zur Sonne/Westerland (Diehle & Osterhage) und eine Expeditionskreuzfahrt mit einem echten Eisbrecher durch den Nationalpark Wattenmeer mit Anlandung in List. (Adler Reederei)
Leider muss die Prüfung im Nachhinein erfolgen, denn genehmigt sind sie von Verwaltungsstellen bereits. Das sollte jedoch nicht daran hindern, dass diese Projekt einem „Sylt-Check“ unterzogen werden. Dafür gibt es ein gleichnamiges Instrument, das die Natur- und Heimatverbände zu Jahresbeginn vorstellten. Ein Raster, mit dem insulare Projekte auf ihre Syltverträglichkeit geprüft werden können. (s. hier).
Hier schon einmal die Analyse des NaturReporters vorweg, bevor sich ein Gremium der Verbände mit dem Punktesystem an die Arbeit macht.
Zur Idee Auto-Kino Sylt
Naturschutzargumente gegen das Vorhaben fallen weitgehend flach, da die Untere Naturschutzbehörde des Kreises bereits zugestimmt hat. Der Parkplatz gehört dem ISTS, die umgebende Dünenlandschaft ist kein Naturschutzgebiet, Arten werden angeblich nicht gefährdet. Es bleibt nur die Lichtverschmutzung, ob dadurch Insekten gefährdet wären, wäre eine berechtigte Frage.
– Nachhaltigkeitsfrage Landschaftsschutz: Für das Projekt wird keine Infrastruktur geschaffen, die nicht jederzeit wieder abgebaut werden kann. Offenbar wird die aufblasbare Leinwand nur zur Veranstaltung hochgezogen. Ton läuft über Radio. Dennoch wird für einen Zeitraum der Aufführung, und das über Wochen, Unruhe und Beleuchtung an einem Ort herrschen, der sonst zu der Tages- & Nachtzeit in Stille liegt.
-Nachhaltigkeit im ökonomisch/sozialen Sinn: Durch das Angebot könnte das bestehende Kino in Westerland ökonomisch leiden. Eine Insolvenz würde zum Wegfall des Kinoangebotes für Einheimische und Gäste im gesamten Jahresverlauf führen. Das wäre nicht hinnehmbar.
– Nachhaltigkeit hinsichtlich Mobilität/Klimaschutz: Durch ein Autokino wird ein weiterer Anreiz geschaffen, das Auto nach Sylt mitzubringen, bzw. das Auto in Bewegung zu setzen. Damit kontakariert so ein Angebot den derzeitigen Wunsch vieler Interessengruppen und Parteien für immer weniger Auoverkehr zu sorgen.
– Nachhaltigleit hinsichtlich insularem Image/Syltverträglichkeit: Es wird ein völlig neuer Eventplatz aufgemacht. Es ist nicht auszuschliessen, dass über einen solchen Präzedenzfall, am selben Ort bald weitere Begehrlichkeiten entstehen, oder auch weitere Orte in der Richtung aufgemacht werden. Sylt wird immer mehr zu einem grossen unruhigen Eventpark. Das drängt das Image weiter weg von dem Wunschbild „Insel der Natur, der Elemente, der Ruhe und des heilsamen Genusses“.
– Political Correctness: In der derzeitigen Diskussionslage auf der Insel, ist es ein Unding, dass solche ein Projekt von den Betreibern und ISTS/Gemeinde still und heimlich beantragt und genehmigt wird, ohne vorher die breitere Diskussion zu suchen.
Was tun?
Was wäre mit der Alternative „Eventplatz bei Halle 28″oder Brandenburger Platz für ein Autokino herzurichten, um die Idee nicht völlig abzublocken?
Wenn nicht verhinderbar: Rahmenbedingungen festsetzen: keine Gastronomie (Foodtrucks o.ä.) erlauben. Motor darf während der Veranstaltung nicht laufen, etc..
oder etwas für Nachhaltigkeit rausholen: Es dürfen nur E-mobile Gäste Kino gucken- dafür gibt es Ladesäulen auf den Parkplatz Oase.
Parkplatz Oase wird zum Dauerabstellplatz für Gästeautos nach dem Prinzip Norderney (mit dem Auto anreisen Ja, aber während des Urlaubs stehen lassen). Je länger du stehst, umso günstiger/kostenfrei wird das Parken. Als Zuckerl kannst Du in deinen drei Wochen dort Autokino gucken.
Idee Expedionskreuzfahrt durch den Nationalpark Wattenmeer
Betrachtet wird nur die Sylt Perspektive, nicht die Reststrecke im Nationalpark, die vermutlich sogar sensibler ist.
Umweltschutz: Der „Eisbrecher“ ist sicherlich eines der grössten Schiffe die in List anlegen. Entsprechend dürfte der Treibstoff der umweltschädlichen Norm entsprechen. Der Betreiber hat angekündigt, den CO2 Verbrauch zu kompensieren. Das hält die Luftverschmutzung vor Ort aber nicht auf.
Naturschutz/Soziales: Die Anzahl von knapp 50 Gästen, die sich aus dem Kreuzfahrer ergiessen ist angesichts der Massen im Lister Hafen zu vernachlässigen. Die Gäste werden von Guides intensiv zur Wattenökologie informiert.
Kritisch könnte der Einsatz von Schlauchbooten sein, wenn Seehundbänke u.ä. Rastplätze angefahren werden sollten. Auf Sylt sollen Museen und Naturschutzeinrichtungen besucht werden.
Insgesamt ist aus sylter Perspektive gegen diese Art von Kreuzfahrt in dieser Dimension wohl nichts einzuwenden. Es darf dadurch aber kein Präzedenzfall für grössere Kreuzfahrer mit viel mehr Gästen geschaffen werden. Für den Einsatz von Zodiaks müssen durch die Nationalparkverwaltung strenge Rahmenbedingungen zum Schutz der Wildtiere geschaffen werden.
Wünschenswert wäre es, wenn die Adler Reederei im Gegenzug eher störende und unpassende Veranstaltungen im Naturerbe Wattenmeer einstellen würde, wie beispielsweise die Disko-Fahrt ins Watt, die mehrmals pro Saison stattfindet.
Lothar Koch
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