Keine Angst vorm Mutterkorn am Watt

Foto Nationalparkamt SH

Schlickgras mit Mutterkorn (Foto Nationalparkamt SH Wattenmeer)

Im Mai machte folgende Meldung der Universität Hannover bundesweit Schlagzeilen: Giftiger Parasit an der Küste entdeckt – Mutterkorn befällt große Schlickgras Flächen an der Nordsee

Die Aufregung darüber hat sich bei Küstenbewohnern inzwischen gelegt, bei Küstenexperten war sie nie entstanden. Wattkenner wissen, dass das sperrige Schlickgras an unserer Küste in der Regel in Horsten am äussersten, also dem Wattenwasser zugewandten Bereich der Salzwiese siedelt. Schon aus Gründen des Naturschutzes sind diese Salzwiesenflächen in der Regel nicht zugänglich, ausserdem ist es dort meist ziemlich schlickig. Daß also kleine Kinder dort längere Zeit verweilen ist relativ unwahrscheinlich. Daß sie dann auch noch die schwarzen Fruchtstände des Mutterkorns sammeln und aufessen, dürfte extrem unwahrscheinlich sein. Zumal die vornehmlich im Herbst gebildet werden. Die giftigen Micro-Pilze, die auch Getreide im Binnenland mal befallen, sind nur bei direktem Verzehr giftig.

An den Sandstränden der Inselküsten wächst überhaupt kein Schlickgras. Daß Teile davon aus dem Wattenmeer an die Nordseestrände verdriften kommt kaum vor.

Die Wahrscheinlichkeit, daß sich Menschen an Bärenklau, Eibe, Goldregen, Wildpilzen und ähnlichen Giftpflanzen an Land den Magen verderben, dürfte jedenfalls erheblich größer sein.

Insofern gilt: Bei Spaziergängen am und im Watt Schlickgraswiesen meiden und keine Pflanzenteile essen. Auch beim Sammeln von Muscheln und Bernstein in Watt-Spülsäumen nichts in den Mund nehmen. Damit dürfte die Gefahr gebannt sein.

Weitere Informationen dazu lesen Sie im Mitteilungsblatt des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer: Mutterkorn auf dem Schlickgras in der Salzwiese 130529

Lothar Koch

 


Wurfsaison der Seehunde läuft auf Hochtouren


Erste Heuler in der Aufzuchtstion Friedrichskoog gelandet

In den nächsten Wochen ist mit zahlreichen Heulern an den Stränden der Nationalparke Wattenmeer zu rechnen. Jedes Jahr bringen hier zwischen Ende Mai und Juli die Seehunde ihre Jungtiere zur Welt. Die traditionellen „Mutterbänke“ liegen fast alle in den besonders geschützten Ruhezonen des Nationalparkes und dürfen nicht von Ausflugsdampfern angefahren werden. Junge Seehunde werden in einer sekundenschnellen Sturzgeburt bei Ebbe geboren. Wenige Stunden später, wenn die Flut kommt, sind sie bereits schwimmtauglich. Auf Mutter- und Rastbänken säugen die Seehundweibchen in den kommenden Wochen ihren Nachwuchs mit fettreicher Muttermilch. Einige dieser Sandbänke liegen in unmittelbarer Umgebung von Sylt.

Leider kommt es trotz der Schutzzonen immer wieder zu Störungen dieses lebenswichtigen Prozesses. Zu tief fliegende Privatflugzeuge und Hubschrauber, militärische Aktivitäten, unbedachte Sportbootfahrer und Surfer, sowie unkundige Wattwanderer sind typische Störquellen im Nationalpark Wattenmeer, die immer wieder für Unruhe unter den Seehunden sorgen. Dabei ist bekannt, daß eine drastische Störung zur Entstehung von Seehundwaisen, sogenannten Heulern führt. Um dies von vornherein zu vermeiden, appellieren Naturschutzverbände wie die Schutzstation Wattenmeer auch an alle Wattenskipper und Surfer,  Seehundliegeplätze weiträumig zu umfahren und richtet die dringende Bitte an Piloten 2000 Fuß (600 Meter)  Höhe über dem Nationalpark einzuhalten.

Vor allem Sturmtage können dazu führen, daß die Jungtiere von den Mutterbänken vertrieben werden und dann irgendwo anlanden. So geschehen am Pfingstmontag. Da wurde auf Nordstrand der erste Wattenmeer-Heuler der diesjährigen Saison gesichtet und, weil es eine unterernährte Frühgeburt war, gleich in die Aufzuchtstation nach Friedrichskoog gebracht.

Passanten, die junge Seehunde entdecken, sollten sofort weiträumig Abstand halten, die Jungtiere auf keinen Fall berühren und freilaufende Hunde an die Leine nehmen. Dann sollte zügig eine der Schutzstationen (auf Sylt: 04651/881093), eine Polizeidienststelle, oder ein Seehundjäger informiert werden. Ein Abtransport in die Aufzuchtstation ist immer nur die zweitbeste Lösung. Erste Maßnahmen sollten darauf abzielen, dass die jungen Seehunde weiter in ihrem natürlichen Nordseebiotop bleiben und der Kontakt zum Muttertier bestehen bleibt. Das kann zum Beispiel eine zeitweise organisierte, großräumige Ruhezone mit Öffnung zum Meer sein, um dem Alttier die Möglichkeit zu geben, sein Junges ungestört abzuholen.

Lothar Koch

Seeschwalben läuten den Frühling ein!

Stellt euch doch einmal an den Strand und schliesst für ein paar Minuten die Augen. Hörst Du dieses knarrend quietschend – kreischende Geräusch, das stark an ein rostendes Türscharnier erinnert? Wenn Du die Augen wieder öffnest, wirst Du weiße, elegante Vögel bemerken, die erst in der Luft rütteln und dann immer wieder sturzflugartig aus zehn, zwanzig Metern Höhe in die Nordseewellen herabstürzen.

Das sind keine Möwen, sondern Seeschwalben. Auf Sylt kündigen sie den Frühling an. Hier jagen sie kleinen Fischen nach, die sie zur Paarungszeit als „Hochzeitsgeschenk“ ihrer Auserwählten bringen.

Erst Mitte April sind sie von Südafrika nach Sylt zurückgekehrt. Sie werden bis zum Spätsommer bleiben. Ab Mai versuchen sie dann irgendwo im Umkreis von 1- 200 km zu brüten und ihre Küken, bis Ende Juni, großzuziehen. Zum Beispiel auf einer der Halligen, einem abgelegenen Außensand im Wattenmeer oder – mit ganz viel Glück – auch in einem der von Naturschützern bewachten Brutgebiete auf Sylt.
200 km? Für Seeschwalben ist das keine Entfernung. Schließlich legen viele der zierlichen Tiere jedes Jahr bis zu vierzigtausend Kilometer zurück. Manche verbringen unseren Winter sogar in der Antarktis und fliegen im Frühjahr noch viel weiter als Sylt, hoch bis in die Arktis.

Zwergseeschwalben wiegen dabei gerade einmal 45 Gramm und erreichen eine Länge von 20 cm. Die winzigen Langstreckenflieger sind bei uns besonders bedroht, weil sie ausnahmslos auf unbewachsenen Strand- und Kieswällen an der Küste brüten. Diese Stellen werden jedoch von Menschen zum Spazierengehen und Sonnen bevorzugt.

Zusätzlich machen Bodenfeinde, wie auf die Insel eingewanderte Füchse oder freilaufende Hunde den Bodenbrütern das Leben schwer. Daher siedelt diese Art heute fast nur noch auf unbewohnten Vogelschutzinseln oder in abgezäunten Naturgebieten. In ganz Deutschland gibt es weniger Brutpaare der Zwergseeschwalbe (ca. 600) als Einwohner in Hörnum auf Sylt (ca. 1000).

 

Seeschwalbenarten auf Sylt

Brandseeschwalben: XL, schwarze Füße, schwarzer Schnabel mit gelber Spitze, „Punkerfrisur“,

Küstenseeschwalben: L, rote Füsse, roter Schnabel, Flussseeschwalben: L, rote Füße, roter Schnabel mit schwarzer Spitze

 

Zwergseeschwalben: S, gelbe Füße, gelber Schnabel mit schwarzer Spitze, weiße Stirn

Lachseeschwalben: XL, schwarzer Schnabel, jagen oft in den Dünen nach Eidechsen.

Naturschützer warten auf Brut-und Rastvögel

Osterzeit ist Eierzeit- auch für Sylter Naturschützer.  Denen geht es jedoch weniger um Ostereier, die ja bekanntlich vom Osterhasen gebracht werden, sondern um den vorsorglichen Schutz der insularen Vogel – Brut- und Rastgebiete. Während Vermieter die Steppdecken Ihrer Appartements ausschütteln und alles für die Saison aufklaren, bereiten die Gebietsbetreuer der Sylter Schutzstationen und Naturzentren in den Wochen zuvor alles für die Ankunft unserer gefiederten Gäste vor. Normalerweise! Dieses Jahr ist jedoch wegen der langen Kälteperiode die Ankunft der Vögel ziemlich verspätet.

Die Schutzstation Wattenmeer berichtet, daß durch den lang anhaltenden Winter ein großer Teil der etwa 65.000 im schleswig-holsteinischen Wattenmeer rastenden Ringelgänse noch nicht zurückgekehrt ist. Viele warten an der britischen Küste und der Bretagne auf wärmeres Wetter, um mit dem Zug zu beginnen. „Derzeit sind gerade mal 3.500 Gänse auf Hallig Hooge“, sagt deren Hooger Stationsleiter Michael Klisch. Im letzten Jahr konnte er Anfang April bereits 15.000 der schwarz-weißen Gänse mit dem weißen Halsring auf der Hallig vermelden.

In Sylt Ost  steuern zwar bereits Kiebitze binnendeichs bereits ihre Nistplätze auf wenig bewirtschafteten Feuchtwiesen an. Außendeichs auf Salzwiesen und Sandnehrungen des Nationalparkes Wattenmeer beginnt das Brutgeschehen erst dieses Jahr jedoch erst deutlich später.

Die bereits im März aus den afrikanischen und atlantischen Winterquartieren eingereisten Zugvögel, sind zum grossen Teil mit der erneuten Kälteperiode wieder ein gutes Stück zurück, an die wärmeren Küsten Frankreichs geflogen. Sobald hier der Frühling durchbricht werden sie in Scharen erneut einfallen. Nur ein geringer Teil davon wird jedoch  jedoch bei uns am Wattenmeer brüten. Alpenstrandläufer, Knutts, Pfuhlschnepfen und andere Watvogelarten nutzen die nahrungsreichen Schlickflächen lediglich als „Tankstelle“ auf dem Langstreckenflug. Die grösseren, dunkelbäuchigen Ringelgänse kehren von der französischen Atlantikküste und aus Südengland zurück. Für sie wird die Zeit dann schon knapp: Gut acht Wochen bräuchten sie ungestörte Rastplätze, um sich für die Weiterreise in die sibirischen Brutgebiete ausreichend „Treibstoff“ im Watt und auf den Salzwiesen anzufuttern. Nur mit genug Fett auf den Rippen ist die rund 5000 km Etappe bis zur sibirischen Taimyrhalbinsel und das anschließende Brutgeschäft in der Tundra zu schaffen.

Die bei uns brütenden Extrem-Langstreckenflieger, wie zum Beispiel verschiedene Seeschwalbenarten werden ab Mitte April am Weststrand erwartet. Die zierlichen Vögel haben den Winter an den warmen Küsten Südafrikas verbracht und legen über 10.000 km Strecke zurück, um dann hier in gut geschützten Revieren ihre Jungvögel großzuziehen. Dies gelingt leider nur, wenn die wenigen geeigneten Brutplätze ausreichend vor Störungen abgeschirmt werden.Für die Mitarbeiter der Schutzstationen bedeutet das jetzt „Knochenarbeit“ im Gelände.  Alle Seevögel sind Bodenbrüter und   ohne den Schutz durch Brutzäune und Hinweisschilder leicht Opfer der ab Ostern einsetzenden Urlauberwelle.

Das Erneuern fehlender Pfähle und Schilder ist harte Arbeit. Stundenlang sind die MitarbeiterInnen der Naturschutzverbände mit Handwagen, Spaten und Vorschlaghammer draußen  unterwegs. Hier setzen sie nach Absprache mit Behörden und Gemeinden an notwendigen Punkten „Besucherlenkungsmaßnahmen“ in Form von Pfählen, Draht und Informationsschildern, z.B. mit der Aufschrift „Achtung- Brut- und Rastgebiet“.

Bitte nehmen Sie ihre Hunde nun wieder an die Leine! Wir Sylter freuen uns über Ihr Verständnis für diese Vorsorgemassnahmen und sagen vielen Dank!

 

Lothar Koch

Wattexkursion mit dem Autor

Begleiten Sie die Reporterin Conny von Wetter.com auf einer Wattexkursion mit Lothar Koch. Wir erklären Ihnen, wie Ebbe und Flut entstehen und nehmen Sie mit zu einer Sylter Muschelbank.

Video anschauen