Spargelstechen am Rantumer Strand

Manchmal wie ein Gemälde: Buhne im Seenebel

In Rantum hat das Ziehen der historischen Holzbuhnen mit schwerem Gerät begonnen. Die über vier Meter langen Eichenpfähle mit den durch Wind und Wellen verwitterten Enden erinnern wirklich an Spargel, wenn sie vom Bagger aus dem Sand gezogen werden. Kenner wissen: die Köpfe sind das Beste. So auch bei den Buhnen. Es gibt viele Sammler und Geschäftsleute, die scharf auf die dekorativen Buhnenköpe „Original vom Sylter Badestrand von ca. 1865“ wären. Oder Gartenbaufirmen, die gern die gewaltigen Findlinge hätten, die sich nun auf demLagerplatz auftürmen. Aber der Deal zwischen Land und Abbruchfirma NC ist wohl: alles gehört der Abbruchfirma.

Schade eigentlich: zum Teilhätte die Gemeinde Buhnen oder Steine dekorativ im Gemeindegebiet verwenden können. So wurde erst vor wenigen Wochen die „historische Buhne“ an der Rantumer Leuchttonne am Sandwall, mit Pfählen aus dem Baumarkt „restauriert“ statt auf die Originale aus dem Strand zu warten. Auch eine Versteigerung würden guten Zweck wäre sicherlich gut und Gewinn bringend gewesen.

Immerhin, nach Protesten von Einwohnern bleiben Rantum drei der historischen Bauwerke des Küstenschutzes aus dekorativen wie historischen Gründen erhalten.

Lothar Koch

Naturschützer erteilen Begehrlichkeiten von großen Kreuzfahrt-Reedereien im Wattenmeer eine Absage

Wegen der Einschränkungen durch die Corona Pandemie suchen große Reedereien nach neuen Zielen für ihre Kreuzfahrten in der näheren europäischen Umgebung. „Offenbar rückt jetzt auch der Nationalpark Wattenmeer mit seinen Inseln und Halligen zunehmend in den Fokus“, berichtet Katharina Weinberg, Naturschutzreferentin der Schutzstation Wattenmeer.

Erste Touren fanden bereits statt oder werden beworben. HAPAG Lloyd steuerte im Oktober 2020 die ostfriesische Insel Borkum an und auch Sylt steht auf ihrem Tourenplan. Andere Reedereien sollen ebenfalls in den Startlöchern stehen. So kündigt Hurtigruten die Gründung einer separaten Einheit für Expeditionskreuzfahrten an.

Naturschützer sehen diese Entwicklung mit Sorge. „Kreuzfahrttourismus ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell“, sagt Dennis Schaper, Stationsleiter der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt. Die Schiffe fahren überwiegend noch mit Schweröl und haben selbst bei Einsatz von Katalysatoren oder Alternativtreibstoffen eine schlechte CO2-Bilanz. „Dazu kommen die Auswirkungen auf Inseln und Halligen, die jetzt schon von touristischen Aktivitäten überlastet sind. Da bedarf es keiner zusätzlichen Tagesgäste“, sagt Schaper.  

Die großen Schiffe können die Kais der Nordseeinseln wegen ihres Tiefgangs nicht direkt anlaufen. Passagiere müssen mit Schlauchbooten durch den Nationalpark Wattenmeer an Land gebracht, was zusätzlich Unruhe in schützenswerte Bereiche bringen kann. „In den Gemeindekassen bleibt durch die Kreuzfahrer nichts hängen und an der kurzfristigen, aber heftigen Besucherwelle aus einem solchen Schiff verdienen nur wenige Geschäfte und Gastronomen“, beklagt der Stationsleiter.

„Wir sollten auf den Inseln im Nationalpark Wattenmeer ein Zeichen setzen und den großen Kreuzfahrtunternehmen signalisieren, dass sie hier unerwünscht sind“, fordert Schaper. Eckernförde habe es an der Ostsee vorgemacht: Der Umweltausschuss hat beschlossen, ab 2022 keine Kreuzfahrtschiffe mehr in die Bucht zu lassen.

Schutzstation Wattenmeer

C. Goetze, L. Koch & D. Schaper

Bündnis90/Die Grünen wollen dem ROV nicht zustimmen:

Das Land Schleswig-Holstein hat auf den Ruf der Insel-Gemeinden nach mehr „Dauerwohnraum für Sylter“ mit dem Vorschlag eines Raumordnerischen Vertrages (ROV) geantwortet.

Dieser wird bereits eine Weile diskutiert und soll von allen Gemeinden unterschrieben werden. Alle vier Inselgemeinden des Amt Landschaft Sylt haben bereits gezeichnet. Die Unterschrift der Gemeinde Sylt steht noch aus und soll, wenn es die Gemeinderäte am Donnerstag den 22.10 2020 auf der GV so entscheiden, kurzfristig folgen.

Die Grünen werden gegen die Unterzeichnung stimmen.

So haben wir es auch am 19.10. auf der letzten Bauausschusssitzung vor der Gemeinderratsversammlung gehalten. Vorausgegangen war eine intensive Diskussion zwischen den Vertretern des Bauausschusses, Vertretern der Kreis- und Landesbaubehörde und interessierten EinwohnerInnen der Insel.

Wie ist das zu verstehen? Wollen die Grünen etwa verhindern, dass Sylter an günstigen Dauerwohnraum kommen? Nein, leider liegen die Dinge nicht so einfach, wie sie zuweilen dargestellt werden. Unser Ziel ist es möglichst viele Insulaner auf Sylt zu halten. Wir plädieren jedoch für andere Lösungen.

Der ROV basiert auf einem Gutachten (ALP-Studie) vom Frühjahr 2020, die den Wohnraumbedarf bis 2030 auf Sylt ermittelt hat, wenn die insulare Wirtschaft sich so weiter entwickelt wie bisher.

Im Kern sind bei der ALP-Studie folgende Ergebnisse herausgekommen:

– es müssten rund 2500 kleine, familiengerechte Dauerwohnungen errichtet werden, die zu einer Netto-Kaltmiete von mindestens unter 15 Euro/qm angeboten werden müssten, besser zwischen 7 und 10 Euro Nettokaltmiete.

– es stehen aber innerhalb der Bebauungsgrenzen nur für den Bau von rund 1000 Wohnungen Potentialflächen auf der Insel zur Verfügung

– es gehen pro Jahr auf der Insel rund 90 Wohnung verloren durch Umwandlung in FeWos oder Zweitwohnsitze- Bis 2030 würde sich das auf 1068 Wohnungen addieren. Damit wäre also das Neubauvolumen auf den möglichen Potentialflächen bereits aufgebraucht. Der Bau von neuen, günstigen Mietwohnungen wird diese Umwandlung weiter beschleunigen, da die durch Umzug frei werdenden Wohnungen in der Regel oft gleich zu FeWos umgewandelt werden.

Die „Landesstrategie ROV“ erinnert somit etwas an die  Küstenschutzstrategie des Landes für Sylt: Pro Jahr verliert die Insel rund 1 Meter Substanz durch Meeresabtrag. Genau dieser Meter wird pro Jahr mit Hopperbaggern wieder künstlich vorgespült, sodass ein Fliessgleichgewicht entsteht.

Beim ROV wird jedoch nicht bedacht dass so eine „Wohnraum-Aufspülung“ nicht abgetragen wird, sondern sich abnutzt und von Jahr zu Jahr Beton auf der Insel akkumuliert.

Auch die sozialen Folgen des Ausverkaufs sind immer mehr spürbar, belegt die ALP Studie. Das bewährte Modell „Einkommen durch Vermietung im eigenen Wohnhaus“ hat über Jahrzehnte vielen Sylter Familien Wohlstand gebracht. Der kontinuierliche Abbau der traditionellen Kleinvermieter schreitet jedoch rapide voran und führt dazu, dass sich bei immer mehr EinwohnerInnen das Einkommen längst im unteren Bereich bewegt.

Was schliessen wir daraus auch vor dem Hintergrund, dass seit 2011 die Bautätigkeit auf Sylt bereits 2,5 x höher ist als in Nordfriesland und 4,2 x höher als im Land SH?

aus der ALP Studie

der ROV ist kein geeignetes Mittel um mit dem Problem Dauerwohnraum verantwortlich zum Wohle der Insel umzugehen.

– eine Unterzeichnung würde die bestehende Regelung außer Kraft setzen, dass in den Inselgemeinden (ausser Westerland und Tinnum) nur noch 10% mehr Bebauung erfolgen darf. Diese Zahl würde kurzerhand auf 20% verdoppelt.

– die Folge wäre eine weitere massive Verdichtung und Versiegelung von Flächen der Insel in allen verfügbaren Bereichen und letztendlich eine Erhöhung des „Baudrucks“ auf Naturflächen ausserhalb der Bebauungsgebiete. Angesichts der einzuhaltenden Kaltmieten, wäre auch architektonisch mit „sozialem Wohnungsbau“ zu rechnen, der bereits in der Vergangenheit das Kapital der Insel in zahlreichen Orten, nämlich die Orts- und Landschaftsästhetik drastisch beeinträchtigt hat. 

Diese Bedenken kamen in der Bauausschuss-Sitzung nun offenbar auch bei dem Bau-Kreisdirektor Jansen an, der zum Schluss ganz deutlich formulierte, dass Sylt durch den Bau von weiteren Wohnungen allein sein Problem nicht lösen könne, sondern vor allem durch einen Stopp der Umwandlung von Dauerwohnraum in Urlaubswohnraum. Allerdings schiebt der Kreis damit den „schwarzen Peter der Kontrolle“ an die Sylter, der laut ALP Studie eigentlich vom Kreis geregelt werden müsste. Dort heisst es dazu: Grundsätzlich bestehen weiterhin Probleme bei der Umsetzung, Kontrolle und Ahndung von (bau-rechtswidrigen Zuständen (z.B. Fehlnutzungen). Kontrolle und Ahndung könnte nur der Kreis Nordfriesland als untere Bauaufsichtsbehörde übernehmen, was angesichts fehlender Personalressourcen beim Kreis noch zu wenig erfolgt. Zudem ist es im Einzelfall schwierig, eine Fehlnutzung nachzuweisen. Insbesondere wenn eine Schein-Anmeldung eines Hauptwohnsitzes vorliegt.

Der Bau-Reflex ist keine Lösung

Es entsteht insgesamt der Eindruck, dass das Land auf die Problemlage der Sylter mit dem altbekannten Reflex reagiert: „Wenn Wohnraum knapp wird, muss mehr Wohnraum gebaut werden.“

Doch wie Albert Einstein schon sagte: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ 

Vor allem ist diese Strategie, die uns ja in diese Situation gebracht hat, heute erst recht nicht mehr zeitgemäss- schließliche drohen  massive Probleme des Klimawandels und des Artensterbens- Sylt muss da hinsichtlich der Lösungsmöglichkeiten Mitverantwortung tragen. Bauen ist jedoch einer der grössten C02 Verursacher und versiegelt Natur und Landschaft. 

Es müssen also andere, verträglichere Lösungen gefunden werden, um der Wohnraumknappheit für Sylter entgegenzuwirken. 

Dazu gehört, die oben genannte Kontrolle wirksamer werden zu lassen, aber auch eine „Umprogrammierung“ unserer Denk-und Wirtschaftsweise für die Zukunft der Insel. So, wie diese Insel vor allem touristisch bewirtschaftet wird, laufen wir mittelfristig mit  zahlreichen Problemen gegen die Wand und verursachen irreversibel Schäden für die kommenden Generationen von Insulanern. Die Sylter Politik muss entsprechend umsteuern und wir Insel-Grüne würden uns vom Land einen breiteren, iressortübergreifenden Lösungsvorschlag wünschen, als lediglich einen Raumordnerischen Vertrag der Baubehörde, der der alten Logik des „mehr Bauens“ folgt.

Ein weiterer wichtiger Punkt, weshalb die Grünen gegen den ROV stimmen, ist die mangelhafte Garantie im Vertragswerk, dass die zu bauenden Dauerwohnungen auch auf ewig Dauerwohnungen bleiben. In der Diskussion konnte der Vertreter des Landes nicht hinreichend sicherstellen, dass das durch den ROV gewährleistet ist. Zu vage sind die Instrumente der Erbpacht und städtebauliche Rahmenverträge, wie die Vergangenheit auf Sylt schon vielfach gezeigt hat.

Umso bedauerlicher, dass der Vertreter der Landesbehörde ganz deutlich machte, dass der ROV, wenn er nicht von der Gemeinde Sylt unterzeichnet würde, dann eben mit den übrigen Gemeinden allein umgesetzt würde. Diese „Friss oder stirb“ Aussage könnte die Gemeinde Sylt schon als Drohung auffassen. Die Entrüstung der Einwohnerinnen auf der BA-Sitzung, dass bei all den Vorgängen keine Bürgerbeteiligung hergestellt wurde, wurde  durch diese Aussage des Landesvertreters nochmal deutlich verstärkt.

Damit nährte dieser bei vielen im Publikum auch die Vermutung, dass eben doch Kungeleien zwischen Investoren, Einzelgemeinden  und Land laufen, die ohne Rücksicht auf die Meinung der Bürger und aller Inselgemeinden durchgezogen werden sollen. 

Lothar Koch

Bürger-Ini „Merret reicht´s“ informiert zum „ROV“ (raumordnerischer Vertrag) mit dem Land SH

Dieser Tage und Wochen bestimmt der ROV die Gremien der Inselgemeinden. Die fast fröhliche Abkürzung steht für ein kurzes und dennoch recht sperriges Regelwerk: den „RaumOrdnerischen Vertrag“.

Dauerwohnraum ist rar auf Sylt – das Problem darf aber nicht zum zunehmenden Verbauen der Insellandschaft missbraucht werden.

Ein Vertrag, der zwischen dem Land Schleswig-Holstein und allen fünf Gemeinden der Insel geschlossen werden soll. Er soll den Neubau von Dauerwohnraum auf der Insel steuern. Bislang regelt der Regionalplan von 2002 den Bau von Dauerwohnraum. Dieser sieht vor, dass Westerland den Hauptanteil am Dauerwohnraum bauen darf/soll, die Amtsgemeinden hingegen bis zum Jahr 2030 jeweils nur 10% auf ihren Bestand vom Dezember 2017 aufstocken dürfen.Derzeitige Großbauprojekte wie in List (z.B. der Dünenpark) und in Hörnum verstossen derzeit dagegen, weswegen „Zielabweichungsverfahren“ auf den Weg gebracht werden.

Auch Dauerwohnprojekte in Kampen und Wenningstedt lassen sich auf Basis des Regionalplanes nicht realisieren.Der Regionalplan von 2002 sah auch einen STOPP für Ferienwohnungsbau vor, dazu hat die Inselpolitik bisher keinen nennenswerten Beitrag geleistet, und das Land nie ernsthaft kontrollierend nachgehakt. Seit Jahren versucht das Land auf Sylt eine „insulare“ Sicht auf das Wohnraumproblem zu schaffen.

Das Wohnraumentwicklungskonzept (WEK) machte den Anfang. Hier legte jede Gemeinde einzeln ihren Bedarf an Dauerwohnraum fest. Dieses wurde aber nicht von allen Gemeindegremien abgestimmt. Die Entwicklung verlief über das Wohnraummarktkonzept (WMK) bis zum jetzt vorliegenden Raumordnerischen Vertrag (ROV).

Der Raumordnerische Vertrag sieht nicht mehr den Bedarf der einzelnen Gemeinden, da diesen zum Teil auch schlichtweg die Flächen fehlen, er legt jetzt den inselweiten Bedarf fest. Bis 2030 sollen (nach Bedarfsermittlung) 2.521 Wohnungen gebaut werden können. Die einzelnen Gemeinden weisen sogenannte Potentialflächen aus, also bisherige Frei- oder Parkflächen, auf denen sie sich den künftigen Dauerwohnraum vorstellen können – teils liegen diese Flächen auch ausserhalb der bisherigen Dorfgrenze.

Nun, denkt der geneigte Bürger, klingt doch alles ganz vernünftig. Schließlich brauchen wir Dauerwohnraum auf der Insel.

Es ist nun zum Einen zu befürchten, dass ein Wettrennen startet, wer am schnellsten am meisten Dauerwohnraum baut. Zum Anderen sind 2.521 zusätzliche Wohnungen fast 25% mehr Haushalte, als wir Sylter heute offiziell bewohnen. Das ist sehr viel – zumal eine Berücksichtigung der insularen Verkehrsinfrastruktur bei dieser Betrachtungsweise außen vor gelassen wird. Zum Dritten, empfiehlt der Vertrag zur Sicherung des neuen Dauerwohnraumes bei Eigentum – das Erbbaurecht. Hier bestehen aber gesetzliche Lücken, die zuvor dringend nachgebessert werden müssen.

Apropos gesetzliche Lücken….Wer spricht eigentlich überhaupt noch von dem Schutz des bestehenden Dauerwohnraumes? Der Kreislauf, dass Dauerwohnraum an Zweitwohnen und/oder Ferienwohnen verloren geht, kann durch kommunale Neubauten nicht ausgeglichen werden. Dieser täglich fortschreitende Verlust durch Umwandlung von Dauer- in Ferien- und/oder Zweitwohnungsraum lässt sich nur mit weitreichenden, konsequenten, rechtlichen Festsetzungen und deren Kontrolle bremsen.

Wo stehen wir heute? Die Amtsgemeinden Hörnum, List und Wenningstedt-Braderup haben dem ROV bereits bedingungslos zugestimmt. Kampen hat seine Zusage in Aussicht gestellt. Die Gemeinde Sylt, als Zünglein an der Waage, hat den Beschluss in den Oktober verschoben. Es ist unsicher, was geschehen wird, sollte die Insel durch internen Streit den Vertrag nicht verhandeln, sondern ablehnen.

Das Land drängt auf eine insulare Einigung, bietet mögliche inhaltliche Änderungen bis zum 9.10. an. Private Großinvestoren, wie die GSK-BIG (Dünenpark) fordern vom Land bereits eine Alternative und ziehen siegesgewiss in direkte Gespräche mit dem Ministerium. Das Land hat bereits im Fall Lanserhof an vielem vorbei genehmigt. Würde es das mit dem Dünenpark auch tun?

Was brauchen und wollen wir Sylter Bürger wirklich? Statt Neubau einen gewollten, wirkungsvollen Schutz von bestehendem Wohnraum auf Sylt! Wenn Neubau, dann nur innerhalb der Gemeindegrenzen, um unser Naturkapital zu schützen! Wenn Neubau, dann nur als kommunaler Wohnungsbau, um jene Umwandlungsprozesse, die wir in den letzten 50 Jahren bei jedem Investorenbauprojekt beobachtet haben, zu verhindern. Eine solche Verhandlung und Anpassung würden wir uns beim ROV wünschen.

BI Merret reicht´s

Sylt sucht seine Linie

Nach jahrelanger Stagnation in Politik und Wirtschaft hinsichtlich der Überlebensfragen der Insel, scheint nun etwas Bewegung in die insulare Diskussion zu kommen. Corona sei Dank, muss man da wohl leider sagen, denn die viel wichtigere Klimafrage hatte das bis zum Jahresende 2019 nicht geschafft- der virusbedingte Shutdown schon. Inzwischen hat sich mit der Bürgerinitiative „Merret reicht´s“ ein neues „Druckpotential“ aufgebaut, das mit überwiegend frischen Gesichtern, guter insularer Vernetzung und scharfem Sachverstand, sowie großer Bereitschaft, etwas ändern zu wollen, festgefahrene Strukturen aufscheucht. Dass soll diejenigen nicht abwerten, die seit Jahren für eben dieses Ansinnen bekannt sind und Wegbereiter waren und immer noch sind, für diese bislang immer noch zu kleine Welle der Veränderung. Gebraucht werden jetzt sicherlich alle, die etwas bewegen wollen, ob die altbekannten Stakeholder aus der grünen Natur- und Umweltszene, oder neue entrüstete Sylter BürgerInnen.

Was läuft in Sachen  Inselklima?

Immerhin hatte es die Klimaschutz -Diskussion samt Großdemo in Westerland geschafft, vergangenes Jahr eine hauptamtliche Stelle für eine Klimamanagerin durchzudrücken. Catharina Beyerlein ist nun fast ein Jahr im Amt. Auch wenn bislang kaum etwas von ihr an die Öffentlichkeit dringt, versichert sie, bis über beide Ohren in Arbeit zu stecken- und die sieht bislang eher strukturell aus. Die Klimamanagerin will einen breiten insularen Dialog zu Mobilität, Tourismus, Energie und Nachhaltigkeit anschieben. Dazu hat sie mit Hilfe einer Agentur einen Plan entwickelt, dessen komplizierten Wege darzustellen, hier zu weit führen würde, zumal kurz nach der Veröffentlichung ihrer Pläne Moritz Luft, der Geschäftsführer der Sylt Marketing, verlauten liess, mit einem eigenen Zukunftsforum zu Mobilität und Tourismus aufzuwarten, das Teile des Beyerlein-Konzeptes schlucken würde.

Auch ist die Klimamanagerin dabei eine Ausschreibung für eine externe Firma vorzubereiten, die das Klimakonzept Sylt aus 2011 auf einen aktuellen Stand bringen soll. Darin sollen dann vernünftige und praktisch umsetzbar Vorschläge stehen- man darf gespannt sein. Es wird jedoch noch ein Jahr bis zur Fertigstellung dauern. Weiter ist Frau Beyerlein inzwischen mit dem ihr vom Landschaftszweckverband aufgetragenen Job, etwas Plakatives gegen die Zigarettenkippen am Strand zu unternehmen. Da ist sie in Kontakt mit Firmen, die Kippen zu Aschenbecher  recyceln. Das ganze soll natürlich vor allem Bewusstsein schaffen seine Glimmstängel nicht mehr in die Gegend zu werfen und das findet mehr Anklang, wenn noch etwas „Vernünftiges“ aus dem Abfall gemacht werden kann. Bei den Sammelstationen für Strandmüll (immerhin über 600 Tonnen pro Jahr auf Sylt), die auch von Gästen genutzt werden könnten, beisst sie bei den BürgermeisterInnen, die ihre Vorgesetzten sind, leider noch auf Granit: Die meinen, Gäste würden erwarten, dass die Strandreinigung ausschliesslich von den Gemeinden durchgeführt werden müsste. Dabei gibt es auf zahlreichen anderen Nordseeinseln längst das Prinzip der Strandmüllboxen, das Gäste und Einheimische begeistert annehmen, in dem Wissen, etwas Gutes für die Umwelt zu tun. Inwieweit es Plastikvermeidung in den zahlreichen Geschäften der Insel geben wird, um das Müllproblem zu minimieren, wird sich dann wohl am Ende des „breiten Diskussionsprozesses“ zeigen, der bislang ohne konkrete Zeitschiene daher kommt.

Themenwechsel: Sylt sucht (k)einen BürgermeisterIn.

Kaum war die Anzeige  bundesweit raus, dass für die Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr BewerberInnen gesucht werden, schoss die Sylter CDU im Husarenstreich eine alte Idee aus der Schublade: Wozu brauchen wir so was? Lasst uns doch ein Amtsmodell machen. Amtsmodell bedeutet, dass ein Amtsdirektor für alle Inselgemeinden eingestellt wird, der für eine gute Verwaltung sorgt. Damit hätten die einzelnen BürgermeisterInnen jedoch weniger Handlungsspielraum  und wären eher für repräsentative Aufgaben zuständig. Hört sich nach sinnvoller Einsparung und insularem Zusammenschluss an. Ist nur leider nicht mehr so bürgernah wie die Bürgermeisterwahl, die vom Volk ausgeht, weil der Amtsdirektor von den BürgermeisterInnen eingestellt wird und die gewählten VertreterInnen der Selbstverwaltungen dann noch weniger Einfluss auf die Amtsgeschäfte haben werden, als derzeit. Eine echte Fusion, wie sie nach wie vor von jenen angestrebt wird, die sich nicht mit Kirchturmdenken identifizieren, sondern sich als „Sylter“ verstehen, wäre das nicht. Der Einfluss von bestimmten Lobbyisten könnte auf so eine Amtsverwaltung eventuell noch grösser als bisher werden. Dabei wäre eine demokratisch legitimierte insulare Zusammenarbeit so dringend notwendig, um viele Probleme zu klären:

Raumordnung, Planung und insulare Zusammenarbeit

Sylt verramscht inzwischen seine Naturschutzgebiete bei Ebay.

Beispielsweise den seitens des Landes aktuell vorgelegten Raumordnungsvertrag. Derzeit entscheidet jede Gemeinde einzeln über das wichtige Vertragswerk, das die zukünftige Bebauung zum Vermehren von Dauerwohnraum regeln soll. Da stecken die Fragen im Detail fest, die in einer offenen gesamtinsularen Runde sicher geklärt werden könnten, wenn alle das Wohl der Gesamtinsel im Auge hätten. Das Land versucht derzeit mit Teillösungen und Fristsetzungen Entscheidungsdruck aufzubauen. Warum sie das machen, ist unklar- aber die Frage ist legitim, ob Interessen von Investoren beteiligt sind, die gern auf Landesebene Strippen ziehen. Auf keinen Fall darf das Dauerargument „Wir brauchen Wohnraum“ zu mehr Versiegelung von Naturraum führen und auch nicht zu einer schleichenden Vermehrung von Gästebetten.

Gut zehn Jahre nach der insularen Teilfusion ist leider keine Bereitschaft abzusehen, diese wirklich zu einem Gesamt-Schulterschluss aller Inselgemeinden werden zu lassen. Im Gegenteil, die Spannungen zwischen den Akteuren haben sich eher verschärft. Wenn es das Amtsmodell auch nicht sein soll- was käme dann in Frage? Roland Klockenhoff von den Grünen schlägt einen  fest institutionalisierten Planungsverband vor, der sich neben der Wohnproblematik mit weiteren drängende Fragen beschäftigt und gesamtinsulare Lösungen erarbeitet.

Dabei wäre die Hilfestellung der Landesplanung gefragt.

Themen des Verbandes wären beispielsweise:

1. Tourismuskonzept, weg von Quantität, hin zu nachhaltiger Qualität 

2. Mobilitätskonzept unter besonderer Berücksichtigung von ÖPNV,Radwegeausbau, Flugverkehr und Häfen.

3.Altenpflege mit genügend Kapazitäten für Sylter

4.Sylter Archiv Modernisierung und Erhalt

u.v.a.m.

Lothar Koch