SOS – Save our Seas

Sylter mahnen Grünen-Vorsitzenden Habeck zu mehr Mut gegen Meeresmüll

Foto: Lucius

Robby, eine Robbe aus Plastikmüll, schaut Robert Habeck am Sylter Strand bei Wenningstedt tief in die Augen. Dahinter halten die örtlichen Akteure einer Allianz gegen Plastikmüll dem Bundesvorsitzenden der Grünen ihre Forderungen auf Schildern und Transparenten entgegen: „Bye Bye Plastik“ lautet das Motto der Schutzstation Wattenmeer, der Naturschutzgemeinschaft Sylt, des Sylter Heimatvereins, des Naturerlebniszentrums Naturgewalten, einer Bürgerinitiative gegen Plastikmüll und der Schüler*innen des Nationalpark-Schulzentrums Sylt, die sich seit Jahren als „Plastik-Crew“ gegen die Müllflut engagieren.

„Wir Sylter bekommen es täglich am Strand mit dem Müll unserer europäischen Wegwerfgesellschaft zu tun“, sagt Dennis Schaper von der Schutzstation Wattenmeer. Die Gemeindearbeiter der Strandreinigung und die Freiwilligen der Naturschutzverbände seien auf der Insel jährlich mit mehreren Hundert Tonnen Strandmüll konfrontiert.

Der angetriebene Müll besteht überwiegend aus Kunststoff. „Strandabfall ist nur die Spitze des Müllbergs“, meint Maike Lappoehn von der Naturschutzgemeinschaft Sylt. Wesentlich größere Mengen Plastik liegen für ewige Zeiten auf dem Meeresgrund und werden allmählich zu Mikroplastik zerrieben: Kleinste Schadstoffpartikel, die von Würmern und Fischen aufgenommen werden und über die Nahrungskette schließlich auf unseren Tellern landen. Auch über Flüsse und Straßenentwässerung gelangt Mikroplastik tonnenweise ins Meer, weil die feine Fasern der Kleidung und der Abrieb von Autoreifen nicht herausgefiltert werden.

„Die Entsorgungskosten von Strandmüll gehen an der gesamten deutschen Küste in die Millionen“, sagt Jürgen Ingwersen, Vorsitzender des Sylter Heimatvereins Sölring Foriining. Allein am 35 Kilometer langen Badestrand auf Sylt fielen 2018 rund 630 Tonnen Mischabfall mit hohem Plastikanteil an. Müll, der bislang nicht recycelt werden kann. Experten schätzen, dass 20 Prozent von der Strömung herangetragen werden. „Da stellt sich uns Insulanern die Frage, weshalb eigentlich die Gemeinden Kosten für Müll tragen müssen, den sie gar nicht verursacht haben“, so Ingwersen.

„Wichtiger als die Entsorgung ist jedoch ein Bann von ersetzbaren Kunststoffen im Alltag“, ergänzt Matthias Strasser vom Erlebniszentrum Naturgewalten, „damit der Müll erst gar nicht in die Umwelt gelangt. Da ist die Politik gefragt, jetzt schnell und klug zu steuern. Das Prinzip, Produzenten von der Herstellung bis zum Recycling für ihre Produkte in die Verantwortung zu nehmen (Cradle to Cradle), ist ein guter Ansatz.“

Die Sylter „Plastik-Akteure“ sind sich einig: Die Grünen sollten nicht vor Verboten überflüssiger Gebrauchsartikel, wie beispielsweise ToGo-Plastikbechern, Mikroplastik in Kosmetikartikeln und Fischereimaterialien aus Plastik zurückschrecken, in denen jährlich Tausende von Seevögeln verenden.

SOS – Save our Seas  Zu diesem Zweck übergibt die Anti-Plastik-Allianz der Insel Sylt Robert Habeck eine „SOS-Flaschenpost“, die einen umfangreichen Forderungskatalog enthält, für den er sich in Berlin und Brüssel einsetzen soll. Forderung der Anti Plastik Allianz auf Sylt:

Forderungen “Stopp Plastik im Meer und anderswo”

zur Übergabe an Dr. Robert Habeck, den Bundesvorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen, am 8.08.19 in Wenningstedt/Sylt

Wir appellieren an Bündnis90/Die Grünen, sich in Parlamenten und Gremien auf allen politischen Ebenen konkret für folgende Punkte in Sachen „Plastik-Flut“ einzusetzen:

Wir fordern: 

  1. Offensive staatliche Förderung von „Cradle to Cradle“ Produkten (Stichwort Positiver Fußabdruck) und Geschäftsmodellen (nicht mehr das Produkt sondern den Service kaufen/verkaufen) 
  2. Gesetzliche Vorgabe von „Cradle to Cradle“ Konzept für Plastikverbindungen 
  3. Verbot von Mikroplastik und Flüssigkunststoffen, sowie gel- oder wachsartigen Polymeren in Kosmetika, Hygieneartikeln und Putzmitteln
  4. Rasche Entwicklung und Umsetzung geeigneter Microplastikfilter in Kläranlagen.
  5. Staatliche Begrenzung der Gesamtproduktion/Verbrauch von Einweg-Plastikprodukten und solchen, die durch unschädlichere Materialien ersetzt werden können.
  6. Verbot von Einweg-Geschirr in der Gastronomie, auch im Outdoor-Bereich.
  7. Staatliche, kommunale Förderung von Spülmobilen und ähnlichen Massnahmen, die zur Plastikvermeidung beitragen.
  8. Verbot für den Einsatz von Dolly Ropes und anderen ersetzbaren Plastikgarnen in der Fischerei

Darüber hinaus wünschen wir uns: 

  1. Staatlich anerkanntes No-Plastik Label mit entsprechender staatlicher Kontrolle
  2. Mindestanteil an Recyclingplastik in Kunststoffprodukten  
  3. Müllentsorgungspflicht in Deutschen Häfen für alle Schiffe
  4. Förderung flächendeckender Einsatz von innovativen Wassermülleimern in Häfen und Hafengebieten. Entwicklung von Plastikbarrieren in Flußmündungen
  5. Durchsetzung des Verursacherprinzips auch hinsichtlich der Kosten für die Entsorgung von Strandmüll (finanzielle Entlastung von Küstengemeinden).
  6. Verbot/Besteuerung von dünnen Gemüse- und Obsttüten aus Plastik 
  7. Mehr plastikfreie Ferienunterkünfte, Hotelgastronomie und Einkaufsmöglichkeiten – Steuervergünstigungen für Plastikfreie/plastikbewusste Unternehmen
  8. Gesetzlich festgelegte Geldstrafe (z.B. 250 €) für das Wegwerfen von Zigarettenstummeln in die Landschaft 

Eine PM der  SCHUTZSTATION WATTENMEER – Naturschutzgemeinschaft Sylt – Söl’ring Foriining – Erlebniszentrum Naturgewalten – Plastik Crew vom Schulzentrum Sylt –  Initiative Bye Bye Plastik Sylt

Frühere Temperatur-Rekorde wurden in Europa durch die jüngste Hitzewelle ausgelöscht

NaturReporter Sylt weicht in Sachen Klima-Notstand von seiner Linie ab, nur über Sylter Probleme in Natur und Landschaft zu berichten. Angesichts der alarmierenden Entwicklung des Weltklimas, sehen wir die Dringlichkeit, wichtige Meldungen hier zu verbreiten. Diese sammeln wir aus weltweiten Nachrichtenportalen und veröffentlichen hier sporadisch Auszüge.

Die rekordverdächtige Hitzewelle Europas im Sommer 2019 war die Folge des heißesten Juni, den es hier je gab. Der Copernicus Climate Change Service (C3S), eine Satellitenagentur, die das Wetter in Europa für die Europäische Gemeinschaft im Auge behält, gab an, dass die globale Durchschnittstemperatur im Juni die höchste für diesen Monat gemessene Temperatur war.

absterbende Krähenbeerenheide in den Sylter Dünen/Hitzesommer 2018

Während der Hitzewelle lagen die Durchschnittstemperaturen in den meisten Teilen Frankreichs, Deutschlands und Nordspaniens bis zu 10 Grad Celsius über dem Normalwert. Die Temperaturen in Frankreich überstiegen 45 Grad Celsius. In Lingen (Emsland/Norddeutschland) wurde im Juli der Deutsche Temperaturrekord mit knapp 42,6 Grad gemessen. „Wir wussten, dass der Juni in Europa heiß war, aber diese Studie zeigt, dass Temperaturrekorde nicht nur gebrochen wurden. Sie wurden ausgelöscht“, sagte Hannah Cloke, eine Forscherin an der University of Reading, England gegenüber The Independent. Die Ergebnisse der Agentur erregten die Aufmerksamkeit von Klimaforschern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Alexandria Ocasio-Cortez, New Yorker Abgeordnete, twitterte erneut McKibbens Botschaft und fügte hinzu: „Wenn wir jetzt nicht drastisch handeln, wird es nur noch schlimmer. Was bedeutet das für unsere Nahrung, unser Wasser, unsere Unterkunft und unsere Sicherheit? Wir brauchen jetzt ein #GreenNewDeal. Jetzt.“ „

Hitzewellen sind Folgen des Klimawandels

Eine neue Studie von Forschern der World Weather Attribution Organisation kam zu dem Schluss, dass der Klimawandel die Hitzewelle der vergangenen Woche mindestens fünfmal wahrscheinlicher machte.“Jede Hitzewelle, die heute in Europa auftritt, wird durch den vom Menschen verursachten Klimawandel wahrscheinlicher und intensiver“, schrieben die Wissenschaftler. Experten der europäischen Satellitenagentur stimmten dieser Analyse zu.

„Unsere Daten zeigen, dass die Temperaturen im Südwesten Europas in der letzten Juniwoche ungewöhnlich hoch waren“, sagte Jean-Noel Thepaut, Leiter von C3S, in einer Pressemitteilung.“Obwohl dies außergewöhnlich war, werden wir aufgrund des Klimawandels wahrscheinlich in Zukunft mehr dieser Ereignisse erleben.“ Im Juli 2018 erlebte Europa eine ähnliche Hitzewelle mit Temperaturen über 32,2 Grad Celsius bis zum nördlichen Polarkreis.

Insgesamt hat sich nach Angaben der französischen Wetterbehörde die Anzahl der Hitzewellen in den letzten 34 Jahren verdoppelt und wird sich voraussichtlich bis 2050 wieder verdoppeln. „Diese Zunahme der Hitzeextreme ist klimawissenschaftlich ebenso prognostiziert wie die Folge der globalen Erwärmung durch die zunehmenden Treibhausgase bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas“, sagte Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gegenüber The Associated Press.

Quelle: Aylin Woodward, Juli 2019, NaturReporter Sylt dankt NYA