Forschende entdecken Methanaustritte in der Deutschen Buch

Pockmarkfelder vor Helgoland

Innerhalb weniger Monate sind auf dem Grund vor der Nordseeinsel Helgoland tausende Krater am Meeresboden entstanden. Aus dem Meeresboden ist Gas entwichen, das Sand aufwirbelt und daraus die Kraterhügel hat entstehen lassen. Es ist das erste Mal, dass im Gebiet Helgoland-Riff die Spuren von massiven Methanausbrüchen beobachtet wurden. Ihre Studie haben Wissenschaftler unter Federführung von Knut Krämer vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen jetzt im Fachblatt Scientific Reports veröffentlicht.
„Wir waren überrascht, als wir plötzlich eine Kraterlandschaft gesehen haben, wo sonst nur ebene Sandfläche war“, sagt Knut Krämer, Erstautor des Artikels und Doktorand am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen. Die Studie zeigt anhand genauer Vermessungen eine einschneidende Entwicklung im Gebiet „Helgoland-Riff“, etwa 45 Kilometer nordwestlich von Helgoland: In den vergangenen Jahren bis Juli 2015 fand man hier einen überwiegend flachen Meeresboden ohne besondere Merkmale. Bei einer erneuten Kartierung im November 2015 war der Meeresboden übersät mit Vertiefungen von der Größe eines Tennisplatzes. Bei Ausfahrten mit dem Forschungsschiff Heincke im August/September 2016 zeigte sich, dass sich diese Krater über eine Fläche von rund 915 Quadratkilometern erstrecken – das entspricht mehr als der doppelten Fläche des Landes Bremen. Pro Quadratkilometer finden sich bis zu 1.200 Krater. Im Zusammenhang mit erhöhten Methankonzentrationen im Sediment wurden die Krater als so genannte Pockmarks identifiziert.

Bakterien bilden Methan

Der englische Begriff pockmark (deutsch: Pockennarbe) bezeichnet charakteristische Krater am Gewässerboden, die beim Austritt von Flüssigkeiten oder Gasen aus dem Untergrund entstehen. Sie sind in vielen Gewässern wie Seen, Flüssen, Flussmündungen, von Küstengewässern bis in die Tiefsee weltweit zu finden. In tonhaltigen Sedimenten und bei geringem Einfluss von Strömungen und Wellen bestehen sie teilweise über viele Jahrhunderte und sind Zeugnis vergangener Gasaustritte.

In flachen Küstengewässern mit sandigem Boden und unter dem Einfluss von Tideströmungen und Wellen verschwinden die Krater schnell und wurden deshalb bisher sehr selten beobachtet. Gerade die küstennahen Gebiete waren aber vor dem nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstieg oft Feuchtgebiete und damit reich an organischem Material. Aus diesem Material kann durch bakterielle Zersetzung Methan gebildet werden. Dieses kann sich dann unterhalb von undurchlässigen Schichten im Meeresuntergrund sammeln. Gelangt Methan in die Erdatmosphäre, wirkt es dort als Treibhausgas etwa 25-mal stärker als Kohlenstoffdioxid (CO2).

Die Messungen des Forschungsteams haben ergeben, dass beim Ausbruch des Methans rund 6,9 Millionen Kubikmeter Sediment umgelagert wurden – so viel wie in 200.000 Standardcontainer passen würde. „Die Menge des dabei freigewordenen Methans lässt sich nur schwer abschätzen. Wie sich das Gas vor dem Austreten im Untergrund verteilt hat, wissen wir nicht genau. Selbst eine vorsichtige Schätzung ergibt aber eine Menge von rund 5.000 Tonnen. Das entspricht etwa zwei Dritteln des bisher angenommenen jährlichen Ausstoßes der gesamten Nordsee“, erklärt Knut Krämer.

Meeresboden verändert sich durch Strömungen und Wellen

Als Auslöser für das Ausbrechen der Pockmarks vermutet er zusammen mit seinen Co-Autoren Sturmwellen von bis zu sieben Metern Höhe und einer Periode von um die zehn Sekunden, die Druckschwankungen am Meeresboden verursacht haben. Die wiederum haben wie eine Pumpe auf das dort gespeicherte Gas gewirkt. Schließlich hat der Meeresboden dem Druck nachgegeben, das Gas entwich in die Wassersäule, wobei es Sediment mit sich riss. Dieses lagerte sich dann auf der strömungs- oder wellenabgewandten Seite wieder ab und erzeugte ein charakteristisches Muster aus Kratern und Hügeln.

„Diese Studie ist ein prima Beispiel für die Zusammenarbeit der verschiedenen Institute, die sich mit Küstenforschung beschäftigen: Wir messen gemeinsam auf den deutschen Forschungsschiffen und bündeln die Expertisen der verschiedenen Fachrichtungen“, sagt Dr. Christian Winter, Fahrtleiter der Messfahrt und Leiter der Arbeitsgruppe Küstendynamik am MARUM.

Die Pockmarks am Helgoland-Riff wurden in dieser Form zu ersten Mal in der Deutschen Bucht beobachtet. „Die Häufigkeit der auslösenden Sturmwellen legt nahe, dass es sich dabei um ein wiederkehrendes Phänomen handeln könnte, das bisher möglicherweise übersehen wurde“, meint Knut Krämer. Die Detektion der relativ flachen Krater sei überhaupt erst möglich durch die Tatsache, dass Messsysteme wie hochgenaue Fächerecholote weiterentwickelt wurden. Auch sei davon auszugehen, dass die Krater in beweglichen, sandigen Sedimenten durch Wellen und Strömungen schnell wieder eingeebnet werden, sobald kein Methan mehr austritt.

Verglichen mit den menschgemachten Methanemissionen ist der Beitrag des entdeckten Pockmark-Feldes gering. So beträgt die Menge nur 0,5 Prozent des jährlichen antropogenen Methanausstoßes Deutschlands. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich küstennahe Gebiete mit reichen Methanvorkommen weltweit in einem ähnlich labilen Zustand befinden. Ein wichtiger Beitrag zum globalen Methanhaushalt aus hoch dynamischen Küstenregionen sei daher möglicherweise bisher übersehen worden, sagt Knut Krämer. „Wir hoffen, mit unserem Artikel eine wissenschaftliche Diskussion und weitere Untersuchungen über diese Art von Methanquellen anzuregen.“

Kontakt:
Knut Krämer
Telefon:0421-21865582
E-Mail: kkraemer@marum.de

Originalveröffentlichung:
Knut Krämer, Peter Holler, Gabriel Herbst, Alexander Bratek, Soeren Ahmerkamp, Andreas Neumann, Alexander Bartholomä, Justus E.E. van Beusekom, Moritz Holtappels und Christian Winter: Abrupt emergence of a large pockmark field in the German Bight, southeastern North Sea. Scientific Reports 7, 2017; DOI: 10.1038/s41598-017-05536-1

Ulrike Prange Pressestelle
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen

 

Sylt im Radwege-Sanierungs-Stau

geschenkter Radweg: Treibseewege an den Landesdeichen

geschenkter Radweg: Treibselwege an den Landesdeichen

Sylt hat wunderbare Radwege. Das gilt vor allem für die Langstrecken nach Hörnum und List, die entlang der Landesstrasse verlaufen und damit unter die Finanz-Hoheit Schleswig-Holsteins fallen. Ganz anders sieht es aber im Gemeindegebiet Sylt, vor allem in Westerland aus. Dort herrscht zur Zeit ein 6 Millionen Euro-Sanierungsstau. Dies erläuterte Bürgermeister Nikolas Häckel gestern im Umweltausschuss der Gemeinde.

Hintergrund ist die Erarbeitung eines Radwegekonzeptes, das der Verwaltung aufgetragen wurde. Dies sollte eigentlich längst fertig sein, aber in der Sitzung musste Nikolas Häckel weiter um Geduld bitten. Zu Recht: Die Erfassung von Radwegeschäden und -Problemen erwies sich als weit aufwendiger als erwartet. Vor allem wird es finanziell eng. Als Bürger macht man sich kaum klar, daß die durchschnittliche Verbesserung einer Strassenkreuzung mit vernünftiger Radwegführung ganz schnell mal mit 100 000 Euro Kosten zu Buche schlägt. Was auch viele nicht wissen: Einfach scheinende Lösungen, wie auf die Strasse gemalte Linien und Zeichen für Radfahrer sind laut Verkehrs- und Strassenbauordnung der Gemeinde gar nicht gestattet.

Sylt- moderne Fahrradinsel oder rostiges Radierimage?

Sylt- moderne Fahrradinsel oder rostiges Radierimage?

Die errechnete Summe für eine komplette Optimierung des Radwegenetzes in der Gemeinde Sylt summiert sich dann auch auf 6 Millionen Euro. Eine Summe, die die Gemeinde lieber in Wohnungsbau für Sylter stecken würde. „Aber wir kommen um eine Sanierung der Radwege, von denen fast keiner der vorgeschrieben Norm entspricht, nicht herum“, so Häckel. Viele sind bis zu 1 m schmaler als erlaubt.“ Das bedeutet, wir müssen fast alle Schilder abbauen, die heutzutage den Radfahrer auf die Radwege zwingen, da das gesetzlich bei den Fahrspurbreiten gar nicht zugelassen ist. Die Radler fahren sicherer auf der Autostrasse.“

Lothar Koch von den Grünen plädierte dafür, endlich einen Grundsatzbeschluss der Gemeinde zu treffen, daß Fahrräder und Fussgänger Vorrang vor motorisiertem Individualverkehr haben. Nach so einem Beschluss könnten dann viel leichter Prioritäten im Radwegekonzept gesetzt und abgearbeitet werden. Ausserdem sei eine Förderung der neue Welle der E-Bike Mobilität eine gute Chance für Sylt, endlich den Autoverkehr im Citybereich herunterzufahren. Dafür müsste man Gelder von der neuen Jamaika-Koalition in Kiel abrufen, die eine starke Förderung des Radverkehrs vereinbart hätten.“

Dieser Sanierungs-Prozess wird wohl in drei Etappen geschehen und bis 2030 dauern, hieß es aus der Verwaltung. Nach weiteren Statements der Ausschussmitglieder  Koch, Uekermann, Mungart und Lemissiah waren sich die Umweltausschuss-Vertreter aller Parteien schnell einig und fassten folgenden Beschluss (sinngemäss):

Die Gemeindeverwaltung soll den erarbeiteten Radwege-Sanierungsplan in kleinen Schritten aber konsequent umsetzen. Dabei sollten Aspekte der Sicherheit und der Information beachtet werden. Dazu solle ein Radverkehrsleitsystem erarbeitet und umgesetzt werden. Die Gemeindeverwaltung sollte unverzüglich ausloten, ob Fördergelder dafür in Kiel abrufbar seien.

 

Lothar Koch