Beiträge

Erster Schritt zum Sylter Nordsee-Wale-Erlebnispfad gelungen!

Kampen Hauptstrand

Ansprache zur Einweihung von interaktiven Info-Einheiten am Walschutzgebiet des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer auf Sylt  von Lothar Koch

 

LKN-Küstenschutz-Leiter Frank Warten links, Lothar Koch/Schutzstation Wattenmeer rechts

LKN-Küstenschutz-Leiter Frank Barten links, Lothar Koch/Schutzstation Wattenmeer rechts

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Nordseefreunde,

Stellen Sie sich vor, ein Investor arbeitet zehn Jahre darauf hin, ein einzigartiges Top-Restaurant in bester Lage auf der Promenade zu eröffnen. Dann kommt der Tag, an dem das Restaurant steht, aber 16 Jahre lang werden weder Speisekarten noch Werbeschilder gedruckt. Das wäre absurd, oder? Sicherlich würde das Restaurant nicht lange durchhalten.

So ähnlich erging es Sylt mit dem Walschutzgebiet. Ab 1989 arbeiteten zahlreiche Naturschutzverbände, Wissenschaftler und Ämter zehn Jahre lang auf den Schutz der Kleinwal-Kinderstube vor Sylt hin. Im Dezember 1999 war es geschafft: Das 1240 qkm große Seegebiet, vor dem wir stehen, wurde zum ersten europäischen Walschutzgebiet erklärt und der Nationalpark SH-Wattenmeer wuchs um etwa ein Drittel seiner Fläche und wurde schliesslich zum UNESCO-Weltnaturerbe gekürt.

Eine angemessene Bürger-Information am Schutzgebiet blieb jedoch bis heute aus.

Genau hier an dieser „Ballungszone Touristenstrand“ klaffte bislang für  Millionen von Sylt -Urlauber und die Sylter Insulaner eine eklatante Informationslücke für das größte Schutzgebiet Deutschlands. Deshalb bin ich allen  sehr dankbar, die nun dazu beigetragen haben, daß wir den ersten großen Schritt zum Schliessen dieser Lücke heute feiern können. Mögen die spielerischen Informationen zur Akzeptanz des Nationalparkes und dem Verständnis von Nordseeschutz beitragen!

 

Ausgewiesene Nordsee-Experten aus Ämtern, Wissenschaft und Naturschutzverbänden haben in einem kleinen Team unter der Leitung von Matthias Kundy aus der Nationalparkverwaltung mit viel, teils ehrenamtlichen Engagement an den Inhalten der nun aufgestellten 12 Walschutzgebiets-Einheiten gearbeitet. Jedes einzelne der zwölf Elemente ist ein Unikat und vermittelt in einfacher Sprache neuste, differenzierte Informationen über Kleinwale, Hochseevögel, Nordsee-Ökologie und Sylter Küstenschutz.

Aber was nützen die schönsten Texte wenn sie nicht gelesen werden? In einer permanent vernetzten Onlinewelt und Informationsflut via Smartphones und Tablets, wird es schwieriger mit 08/15 Wanderwegtafeln auf das Wesentliche am richtigen Ort und zur richtigen Zeit hinzuweisen.

Deshalb war unser Anspruch von vornherein, den Tafeln in der Ausführung das „gewisse, einmalige Etwas“ zu verleihen. Es gelang uns, die schönsten Fotographien der so schwer ins Bild zu setzenden Schweinswale und vieler anderer Nordseearten zusammenzuholen.

Der Firma Naturerleben ist es gelungen mit uns gemeinsam ein ganz besonderes Design von Stelen und Pulten zu schaffen, das auch alltagstauglich über Jahre dem Salz-Sandstrahlgebläse der Sylter Westküste trotzen kann.

Der besondere Clou ist jedoch die Interaktivität der Tafeln. Der erste Impuls, der von den Pulten und Stelen ausgeht, sollte sein:  „Oh-da gibt es etwas Tolles zu entdecken und zu spielen“, statt „Da gibt es wichtige Schutzgebiets-Informationen“. Der oft gehörte Ausspruch Sylter Vermieter: „Die Gäste drehen mal wieder am Rad“ bekommt hier eine ganz neue Bedeutung 🙂

Im Spannungsfeld eines amtlich seriösen Gestaltungsanspruches und der spielerischen Kreativität der Designer ist, so meine ich, hier ein sehr guter Kompromiss gelungen.

Mir persönlich war es sehr wichtig, daß sich die Tafeln auch angemessen harmonisch ins sylter Landschaftsbild einpassen. Deswegen sind die meisten Infopunkte auch in Pultform umgesetzt worden, um den freien Blick auf´s Meer nicht zu stören. An einigen ausgewählten Punkten wurden hohe, formschöne Metall-Stelen gewählt.

Die inhaltlich unterschiedliche Ausführung jedes einzelnen Infoelementes machen dieses Projekt in Zukunft zu einem einzigartigen „Kleinwal-Lehrpfad“ an Europas Küsten. Schon jetzt werden die Infoelemente in den Köpfen der Betrachter einen attraktiven und wichtigen Beitrag zum Meeresschutz im Welterbe Wattenmeer leisten.

Der wichtige Effekt von zwölf Tafeln entlang einer 40 Kilometer langen Westseite kann naturgemäß durch weitere Infostelen gesteigert werden. Viele wichtige Strandübergänge sind noch nicht versorg. Wir hoffen darauf, in Teil 2 unserer Planung auch abrufbare Audioeinheiten für Smartphones, Walskulpturen und anderes mehr einsetzen zu können.

Eine mehrsprachige Broschüre die das Projekt zu einem „Sylter Nordsee-Wale-Erlebnispfad“ zusammenfassen würde wäre eine „hitverdächtige“ Ergänzung für alle Radwanderer und naturbegeisterte Sylturlauber.

So könnten unsere Bemühungen zum Verständnis des Meeresschutzes insbesondere der Wale und Hochseevögel vor Sylt einen wirklich hohen Effiziensgrad erreichen und eine Win-Win Situation für Bürger, Nordsee-Arten,  den Tourismus und das Welterbe Wattenmeer wäre hergestellt. Das Land Schleswig-Holstein und die Insel Sylt könnte dann mit einem europaweit einzigartigen Wale-Lehrpfad als „Alleinstellungsmerkmal“ punkten.

Kann das Land sich diese Werbung für seine Meeres- und Küstenschutzbemühungen leisten? Ich meine ja! Es lohnt sich für alle!

Wie wichtig bürgernahe Informationen für die Schutzgebiete des offenen Meeres sind, zeigt die aktuelle öffentliche Diskussion um die Neuordnung der Befahrensregelung im Nationalpark, den Küstenschutz an der Hörnum Odde, die Diskussionen um Kiter, Angler, Robbenbestände, Plastikmüll und Möwenplagen und anderes mehr.

Da Natur- und Umweltschutz bekanntlich in den Köpfen der Menschen beginnt, sollte uns das allemal die erforderliche Investition wert sein.

 

Vielen Dank !

Lothar Koch

Diplombiologe Lothar Koch (www.natuerlichsylt.net)

hier für für die Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer e.V

 

 

Endlich Infos direkt am Walschutzgebiet

Heute ist historischer Moment auf Sylt: Das Erlebniszentrum Naturgewalten und der

die neuen interaktiven Infopulte

die neuen interaktiven Infopulte

Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz laden zur Einweihung der neuen Infoe-Elemente für das Walschutzgebiet auf Sylt ein:

Heute, den 23. März 2016

um 10:00 Uhr

auf der Plattform am Kampener Kliff (beim großen Parkplatz bei der Sturmhaube).

Folgender Ablauf ist vorgesehen:

Begrüßung durch Frank Barten (Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz) und Matthias Kundy (Nationalparkverwaltung)

Informationen zum Nationalpark und Walschutzgebiet auf Sylt durch Dr. Matthias Strasser (Erlebniszentrum Naturgewalten)

Die Idee der interaktiven Stelen – Informationen von Mitinitiator Lothar Koch (Schutzstation Wattenmeer, Sylt)

Seltener Leuchthering an Sylter Strand gespült

Leuchthering
Foto: Melanie Weppner
Seit Anfang Januar auffällige Zahl von Nordatlantikarten in der Nordsee 
Wenige Gramm wiegt ein Leuchthering, bis zu 60 Tonnen ein Pottwal. Trotzdem teilten im Februar beide Arten offenbar ein ähnliches Schicksal. Im Strandfunde-Internetportal beachexplorer.org meldete die Biologin Melanie Weppner den Fund dieses bis zu acht Zentimeter großen Fisches, auch Lachshering genannt, am Sylter Weststrand.
„Leuchtheringe leben eigentlich im offenen Atlantik in Tiefen von 150 bis 250 Metern“, erklärt Biologe Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer, der das Strandfundeportal betreut. Im Wattenmeer sei diese Art ein seltener Irrgast. Seinen Namen verdankt der Fisch mehreren Reihen von Leuchtorganen an seiner Unterseite. Diese könnten dazu dienen, ihn gegenüber der hellen Wasseroberfläche zu tarnen.
Eine besondere Bedeutung kann der Sylter Fund vor dem Hintergrund der auffälligen Häufung der Strandungen von Pottwalen, Orcas und Streifendelfinen in der südlichen Nordsee im Januar und Februar haben.
„Wenn neben den seltenen Meeressäugern auch kleine Fische des offenen Ozeans im Wattenmeer auftauchen, kann dieses ein Indiz dafür sein, dass sich Anfang Januar eine größere Zahl nordatlantischer Tierarten in die Nordsee ausgebreitet hat“, sagt Biologe Rainer Schulz. Die Kalmare, hinter denen möglicherweise die Pottwale her waren, könnten ihrerseits den Leuchtheringen auf der Spur gewesen sein.
Bei Wanderungen im und am Wattenmeer bittet die Schutzstation Wattenmeer darum, auf jeden Fall weiterhin auf unbekannt erscheinende Funde zu achten und diese möglichst samt Foto bei beachexplorer.org zu melden. „Selbst ein winziger, unscheinbarer Fisch kann für Forschung und Wissenschaft zu einem wichtigen Puzzlestein werden“, sagt Biologe Borcherding. Wer weiß, welche ungewöhnlichen Arten sich seit Anfang des Jahres noch in der Nordsee tummeln.

 

Sind Pottwalstrandungen eine Spätfolge der Waljagd?

Die Schutzstation Wattenmeer entdeckt wenig diskutierte Erklärungsversuche für Pottwalstrandungen in der wissenschaftlichen Literatur:

Walpopulation leidet möglicherweise an kollektivem Orientierungsverlust mangels Lernmöglichkeiten von der Elterngeneration:

test0007
Pottwale sind sehr soziale Tiere, die oft in Gruppen zu beobachten sind.

Bis heute ist unklar, warum es in unregelmäßiger Folge zu Strandungen von Pottwalgruppen an der Nordseeküste kommt. In den vergangenen Tagen waren erneut 10 Jungbullen vor der Küste Schleswig-Holsteins beim Kaiser-Wilhelm-Koog und vor Eiderstedt verendet und liessen die Statistik des Winters nordseeweit auf 27 Totfunde hochschnellen.

Der Biologe Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer stieß in der wissenschaftlichen Literatur auf eine mögliche Erklärung: „Pottwale sind überaus gesellige und langlebige Tiere. Die Walfänger haben bis 1980 fast alle Leitbullen weggeschossen. Es ist gut möglich, dass die Tiere immer noch an einem kollektiven Orientierungsverlust leiden.“ Die Art müsse erst wieder neu lernen, dass es keine gute Idee sei, in flache Küstengewässer wie die Nordsee zu schwimmen. „Die heutigen Massenstrandungen sind möglicherweise eine Spätfolge der Waljagd“, vermutet der Husumer Biologe.

Pottwale können über 60 Jahre alt werden. In die Nordsee kommen nur männliche Pottwale, da nur sie zum Beutefang bis in polare Gewässer ziehen. Pottwalbullen schwimmen in Gruppen durch die Weltmeere, bis sie 25 oder 30 Jahre alt sind. „Bei Strandungen zeigt sich immer wieder, dass die Tiere sehr anhänglich sind und oft lieber gemeinsam sterben, als sich einzeln retten zu lassen“, sagt Borcherding. Daher sei es naheliegend, dass Pottwalbullen, wenn sie über 20 Jahre lang in Gruppen auf Wanderschaft seien, von ihren älteren Artgenossen nicht nur etwas über die Nahrungsbeschaffung lernen, sondern auch, auf welchem Weg man sicher von der Arktis zurück zu den Azoren findet, ohne zu stranden.
Britische Forscher haben die Meldungen von Pottwalstrandungen der vergangenen Jahrhunderte verglichen und herausgefunden, dass nach 1960 an den britischen Küsten eine drastische Veränderung eingetreten ist: Ab 1800 strandeten bis zum Jahr 1960 immer nur einzelne alte Bullen, im Mittel etwa einer pro Jahr. Nach 1960 stieg die Strandungsrate auf das Siebenfache an. Außerdem strandeten nun vor allem Gruppen von jüngeren Tieren, was zuvor niemals beobachtet worden war. „Diese Veränderung fällt mit der Periode des industriellen Walfangs zusammen“, erläutert Borcherding. Von 1950 bis 1980 seien weltweit etwa zwei Drittel aller Pottwale abgeschlachtet worden, gezielt vor allem die großen Bullen.
„Durch die Tötung praktisch aller älteren Leittiere haben die Pottwale möglicherweise ihr gesammeltes Wissen über traditionelle und ungefährliche Wanderrouten verloren“, vermutet Borcherding. Selbst die ältesten heute lebenden Pottwalbullen hätten vor 30 Jahren, als sie in der Lernphase gewesen seien, ihre Leittiere verloren. „Die überlebende Population muss nun ‚auf die harte Tour‘ neu herausfinden, dass es lebensgefährlich ist, in flache Küstengewässer wie die Nordsee hineinzuschwimmen“, folgert der Biologe. Unterwasserlärm, Umweltgifte und Fischnetze machen den Walen diesen schmerzhaften Prozess sicher nicht leichter.

 

Quellen: 

EVANS, P.G.H. (1997): Ecology of sperm whales (Physeter macrocephalus) in the Eastern North Atlantic, with special reference to sightings & stranding records from the British Isles. Bull.Inst.Sci.Nat.Belg., Biologie, Suppl. 67: 37-46. Brussels.
WHITEHEAD, H. et al. (1997): Past and Distant Whaling and the Rapid Decline of Sperm Whales off the Galápagos Islands. Conservation Biology 11:1387-1396.

Mitteilung der Schutzstation Wattenmeer e.V.

Schutzstation Wattenmeer begrüßt die Installation von interaktiven Infotafeln am Sylter Walschutzgebiet

IMG_1998 List/Sylt

Nach 15 jährigem Bestehen des Walschutzgebietes, wurde heute auf Sylt im Beisein von Vertretern des LKN, der Gemeinde List, dem Landschaftszweckverband Sylt und den Naturschutzverbänden des Naturerlebniszentrums Naturgewalten Sylt, ein erster Prototyp von neuartigen, interaktiven, Informationstafeln zum Walschutzgebiet aufgestellt.

Insgesamt zwölf Informationselemente zu den Themen Nationalpark-Fauna der offenen Nordsee (speziell Trauerenten und Schweinswale) und Küstenschutz (Speziell Sandvorspülung) werden in dieses Jahr an zahlreichen Strandübergängen entlang der gesamten Sylter Westküste folgen.

IMG_1999

„Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt. Wir werden in den nächsten Wochen im ersten Schritt zwei Prototypen aufstellen, die bis April getestet werden.“erklärte Matthias Kundy vom LKN/Nationalparkverwaltung.

„Wir wollen jetzt bis zum Saisonbeginn sehen, inwieweit gerade die interaktiven Bedienelemente der extremen Sylter Witterung standhalten“, so Matthias Strasser vom Erlebniszentrum Naturgewalten, der das Projekt vor Ort betreut und zusammen mit Lothar Koch von der Schutzstation Wattenmeer initiiert hat.

„Wir haben bei der Konzeption der Info-Stelen vor allem auf eine außergewöhnlich spielerische und urlauberfreundliche Darstellung hingearbeitet, die dennoch sturmtauglich und finanzierbar ist“, so Lothar Koch.
Neben einem reinen Erklärstück, inklusive Karte mit eingezeichneten Schutzgebieten, ergänzt ein Drehrad die Stele mit detaillierten Informationen zum Nationalpark,  Küstenschutz, den Schweinswalen und den Trauerenten.

Die Gesamtkonzeption und technische Umsetzung wurde Firma „NaturErleben“ aus Kiel durchgeführt. „Nun hoffen wir, daß es nach der besonderen Kenntlichmachung des Walschutzgebietes, auch politisch mit Verbesserungen für die Kleinwale weitergeht. Es gibt noch Verbesserungen hinsichtlich Fischerei, Befahrensregelungen und Lärmemissionen im Bereich des Wal-Kalbungsgebietes zu verbessern“, so Koch

Bereits im Dezember 1999 wurde das Walschutzgebiet vor der Westküste Sylts und Amrum ausgewiesen und ist Teil des Nationalparks Wattenmeer. „Die Beharrlichkeit der Sylter Verbände in dieser Sache hat sich gelohnt, wenn im Sommer alle Infoelemente stehen.“, so  der Biologe Lothar Koch.  Matthias Kundy ergänzt: „Schlussendlich haben wir jetzt eine gute Lösung gefunden, hinter der auch die Tourismusdirektoren der Insel stehen und somit kann unser Projekt Schweinswal-Infostelen in diesem Jahr endlich  umgesetzt werden.“

Finanziert wurde das Kooperationsprojekt durch fällige Ausgleichsgelder aus den Eingriffen ins Schutzgebiet wegen der jährlichen Sandvorspülungen. Eine schicke, aufrechte Stele mit Fundament soll Anfang März zusätzlich auf der Plattform Ellenbogenberg errichtet werden. Heute wird jedoch zunächst die Pultvariante auf die Brüstung des Geländers am Übergang Weststrandhalle in List angebracht.