Goldschakal(e) auf Sylt!

Goldschakale sind Wildtiere, die zum Beispiel in der Serengeti Tanzanias vorkommen.

Derzeit ist die Diskussion auf Sylt um einen Goldschakal entbrannt, der hier angeblich in einer Nacht 76 Schafe gerissen haben soll.

Wo soll der herkommen? Wie kam er auf die Insel? Weshalb sollte ein so relativ kleines Tier das tun? Welche Beweise werden für so eine Behauptung vorgelegt? Angeblich DNA Spuren in den Opfern-sind die in allen getöteten Tieren zu finden?

Wildtiere jagen normalerweise nur das, was sie benötigen um satt zu werden. Handelte es sich etwa um ein Rudel Goldschakale, dasss plötzlich auf Sylt aufgetaucht ist? Oder laufen diese Tiere plötzlich Amok?

Das Landesumweltministerium hat Goldschakale auf Sylt nun zum Abschuss freigegeben- obwohl diese unter Schutz stehen. Gäbe andere Möglichkeiten, den Goldschakal zu entnehmen (Fallen, Abtransport…?) Fragen die sich nun die Sylter Naturschutzverbände stellen sollten.

Update 5.6.: Inzwischen sollen in weiteren Nächten weitere ca 20 Schafe gerissen worden sein. Offenbar liegen 3 DNA Proben vor, die auf Goldschakal hinweisen. Vermutet werden zwei Schakale. Es gibt auch Videos, die einen Schakal in der Nähe der Schafe zeigen. Es scheint also tatsächlich zu stimmen, dass Goldschakale die sylter Schafe gerissen haben. Eine solche Menge von Schfsrissen durch Goldschakale hat es bislang nie in Deutschland gegeben. Die Naturschutzverbände haben der Schussgenehmigung des Landes daher nur zugestimmt, da es sich um einen aussergewöhnlichen Ausnahmefall handelt.

Walstrandung bei Rantum

4.6.2025/ 7:00 Uhr Rantum Weststrand

Als ich heute morgen um kurz nach Sieben mein morgendliches Nordseebad nehmen wollte staunte ich nicht schlecht, beim ersten Überblick hoch oben von der Strandtreppe des Übergangs am Sölring Hof.

Dort manövrierte gerade ein Radlader, um einen mächtigen toten Wal aus dem Wasser zu ziehen.

Bei näherem Hinschauen war klar: aufgrund der Finnenform (Rückenflosse) liess sich der Bartenwal als 6-9 m langer Zwergwal identifizieren. Die Färbung gab keinen sicheren Aufschluss zur Artbestimmung, da grosse Bereiche der dunklen Oberhaut bereits abgeschubbert waren und der Wal deshalb eher rosa wirkte.

Zwergwale kommen selten in die Region der friesischen Inseln, sind aber in der nördlichen Nordsee recht häufig.
Sollte kein Institut interesse an der kostspieligen Skelettierung des Wals haben, wird er wohl nach einer wissenschaftlichen Gewebeprobennahme zum Abdecker in die Sondermüllverwertung gebracht.

DiplBiol.Lothar Koch/Fotos:A.Becker

Pottwalstrandung bei Hörnum

Bereits am Freitagabend den 15.2.2025 wurde der Schutzstation Wattenmeer in Hörnum / Sylt ein Wal gemeldet, der westlich vor der Insel treiben würde. Am Samstag früh trieb der Kadaver südlich der Hörnum-Odde und später östlich des Ortes. Muschelfischer schleppten ihn schließlich vor den Hafen und sicherten ihn dort. Das männliche, etwa 12 bis 14 Meter lange Tier ist offenbar schon einige Zeit tot. Voraussichtlich am Montag soll es genauer untersucht und dann abtransportiert werden.

Bis dahin sollte man sich dem stinkenden Kadaver auch nicht per Boot nähern. Wegen der Verwesungsgase liegt er entsprechend hoch im Wasser und ist am Rücken offenbar schon einmal aufgeplatzt. Unter dem Druck der Gase könnte er auch an anderen Stellen explosionsartig platzen.

Pottwale sind mit bis gut 20 m Länge und teils über 50 t Gewicht die größten Zahnwal der Welt. Sie sind Spezialisten im Tieftauchen und bleiben auf der Jagd oft 1,5 Stunden unter Wasser, wobei sie 3000 m Tiefe erreichen können. Verirren sich Pottwale in die flache Nordsee, stranden sie hier oft – wie zuletzt 2016, als 30 Pottwale hier verunglückten, davon 12 in deutschen Wattenmeer (https://www.schutzstation-wattenmeer.de/…/gestrandete…/).

Teilweise sterben die Wale auch an Plastik im Magen oder weil sie sich in Seile oder Netzreste verwickeln. Nur Männchen kommen bis in die Nordsee, da die nur etwa 12 m großen Weibchen kühle Gewässer meiden und in den Subtropen bleiben.

Der riesige vorgewölbte Kopf des Pottwals ist mit einem körpereigenen Öl gefüllt, das früher als Schmieröl sehr begehrt war. Die bis zu 30 cm dicke Speckschicht der Wale wurde ausgekocht und ergab z.B. Lampenöl, ehe das Petroleum aus Erdöl für diesen Zweck eingesetzt wurde.

Pottwale wurden ab etwa 1810 weltweit gejagt, wobei industrielle Fangschiffe um 1960 wahre Gemetzel mit bis zu 250.000 getöteten Pottwalen pro Jahr anrichteten. Die Jagd wurde 1983 verboten und es ist unklar, wie viele Pottwale es noch gibt, da sie weltweit wandern. Die Männchen ziehen im Sommer in die Polarmeere, wobei die jüngeren Bullen bis etwa zum 30. Lebensjahr in Gruppen wandern und so möglicherweise die Wege von älteren Gruppenmitgliedern kennenlernen. Dass seit einigen Jahrzehnten immer wieder ganze Gruppen von Jungbullen stranden, könnte ein Folge der Bejagung sein, die alle erfahrenen Bullen getötet hat und das Traditionswissen über sichere Zugwege zerstört haben könnte. Sonnenstürme, die das Magnetfeld der Erde „vernebeln“, sind auch oft Auslöser von Pottwalstrandungen.

Die Jagdtechnik der Pottwale ist noch immer noch nicht sicher erforscht, aber besteht vermutlich darin, dass sie Fische oder Tintenfische „bewusstlos brüllen“, also durch sehr laute Schallwellen von bis zu 230 dB lähmen und dann verschlucken. Kämpfe mit Tiefsee-Riesenkraken gibt es auch, manche Pottwale haben Abdrücke der Saugnäpfe dieser Tintenfische auf der Nase. Im Magen von Pottwalen finden sich oft Hunderte von Hornschnäbeln von Tintenfischen, was Rückschlüsse auf die letzten Mahlzeiten der Wale erlaubt.

Fotos :Schutzstation Wattenmeer

Weitere Informationen: https://www.schutzstation-wattenmeer.de/…/pottwalstran…/

Unseren kostenlosen E-Mail-Newsletter erhalten:

www.schutzstation-wattenmeer.de/newsletter

Dies ist eine Pressemiteilung der Schutzstation Wattenmeer

Der Weg zum Walschutzgebiet- eine Erfolgsgeschichte im Naturschutz

Anlässlich des 25 jährigen Bestehens des grössten deutschen Schutzgebietes blickt Wegbereiter Lothar Koch zurück auf die Anfänge.

Foto: L.Koch

Hier geht es zum Video-Interview mit Lothar Koch: Der Weg zum Walschutzgebiet vor Sylt :

Das gekürzte Interview (8 min): https://youtu.be/SoLAANmpPVA

Das komplette Interview (16 min): https://youtu.be/3GcruIHZJSY

1985: Der Schweinswal, das unbekannte Wesen

„Die Schweinswale sind Syltern seit Jahrhunderten als kleine Tümmler oder Meerschweine bekannt. Ab Ende der 1960 Jahre jedoch, wurden bis ca. 1988 vor Sylt kaum noch Sichtungen und Totfunde registriert. In den achtziger Jahren erregte der WORLD WILDLIFE FUND (WWF) mit einer bei britischen Wissenschaftlern in Auftrag gegebenen Literaturstudie Aufmerksamkeit, in der auf einen Rückgang der Bestände und erhebliche Wissenslücken über die Tierart berichtet wurde. Inzwischen vermutet man, dass der Nordseebestand dieser Tierart damals um bis zu 90 % geschrumpft war. Wissenschaftliche Studien an lebendigen Walen in deutschen Gewässern gab es zu jener Zeit demzufolge nicht.

Die Tiergruppe „Wale“ wurde daher, auch seitens der Wissenschaft, nicht wirklich ernsthaft dem nationalen Tierartenkatalog zugeordnet. Forschungen an Cetaceen (Wale und Delphine) begrenzten sich in Deutschland auf Studien an musealen Knochenfunden dieser Meeressäugetiere und Kirchenchroniken über Walstrandungen. Aufgeschreckt durch Warnsignale des WWF im Jahre 1985 und aus der Wissenschaft äußerte die EUROPÄISCHE GESELLSCHAFT DER WALFORSCHER (ECS) auf ihrer ersten Konferenz im Jahre 1987 erstmals offiziell ihre Besorgnis um die Schweinswalbestände in nordeuropäischen Gewässern („Statement of concern“).

1988: Der Tod der Seehunde bringt Leben in den Meeressäugerschutz

Dann brach 1988 das große Seehundsterben mit über 23 000 toten Tieren über die Küsten der Nord-und Ostseestaaten herein und lenkte die Aufmerksamkeit auf den Schutz der heimischen Meeressäuger. Vor dem Hintergrund langjähriger Umweltschutzbemühungen in Nord- und Ostsee seitens zahlreicher Verbände, wie Greenpeace, Aktionskonferenz Nordsee, Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer und anderer, sowie dem seinerzeit ohnehin hochdiskutierten Thema Umweltverschmutzung, galt die massiv sichtbare Seuche unter den Nordseerobben als aufrüttelndes Warnsignal an die Politik, umgehend die Qualität der Hausmeere zu verbessern.

Bereits 1985 und 1986 waren an Schleswig-Holsteins und Niedersachsens Nordseeküste die Nationalparke Wattenmeer eingerichtet worden. Der Ausweisung dieser Schutzgebiete ging ein harter Diskussionskampf widerstreitenden Parteien voran (Fischern, Jägern, Bauern, Wassersportler, Tourismus versus Natur- und Umweltschutz). Fast alle Inselpolitiker zwischen Borkum und Sylt zeigten beim Thema Nationalpark wenig Begeisterung, weil sie Einschränkungen in der persönlichen Freiheit, dem Tourismus und beim Küstenschutz befürchteten. Das Seehundsterben änderte die Grundstimmung hinsichtlich des Meeresschutzes schlagartig. Plötzlich sammelten sich Entschlossene aus unterschiedlichsten Lagern, um etwas für „Ihre Nordsee“ zu tun. Zahlreiche Aktionen und Konferenzen folgten.


1989: Die Kegelrobben kehren zurück


Im Winter 1988/89 entdeckten Mitarbeiter der Schutzstation Wattenmeer in Hörnum eine kleine weiße Robbe am Dünenfuß der Südspitze Sylts. Bald stellte sich heraus, dass es sich um eine neugeborene Kegelrobbe im Lanugofell handelte. Bis dahin hatte, bis auf wenige Experten, keiner vermutet und gewusst, dass es neben den Seehunden auch Kegelrobben in diesen Gewässern gab. Meine Mitarbeiter und ich mussten also mühsam Informationen zu dieser „neuen“ Tierart zusammenholen. Wir reisten bis an die Britische Ostküste, um Genaueres über die Kegelrobben in der Meeressäuger-Forschungsabteilung der Schottischen Universität St. Andrews zu erfahren. An der schottischen Küste leben in großen Zahlen Kegelrobben auf vorgelagerten Felsen. Dort lernten wir, dass die Tiere, ganz anders als Seehunde, ihre Jungen im Winter zur Welt bringen.
Der Nationalpark Wattenmeer bekam also quasi eine „neue Tierart“, wenngleich später bekannt wurde, dass Knochenfunde von Archäologen die Anwesenheit der Tierart im Wattenmeer für das Mittelalter belegen.
Der Fund des Kegelrobbenjungtiers von Sylt war schon eine kleine Sensation, die kurz vor Weihnachten für viel Anklang in der bundesweiten Presse sorgte, eben auch, weil es nach all den Schreckensmeldungen vom Seehundsterben, einmal eine positive Nachricht in Zusammenhang mit Robben an unserer Küste gab. So wurde also der Blick von Naturschützern und Medien immer mehr auf die Meeressäuger gelenkt und es war kein Wunder, dass im Jahr 1990 auch der Schweinswal zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses geriet.

1990: Durchbruch für die Schweinswal-Forschung

Das Nationalparkamt, der WWF und die Schutzstation Wattenmeer hatten bereits 1989 Meldebögen zur Erfassung von toten und lebendigen Schweinswalen drucken lassen, um angesichts der seit 1988 ansteigenden Totfunde mehr Licht ins Dunkel der Schweinswalverbreitung zu bekommen. Wir verteilten die Fragebögen an Segler, Insulaner und Urlauber, um Zufallssichtungen zu registrieren. Bald zeigte sich, dass der Rücklauf von Sichtungen immer mehr wurde.

Mit Hilfe dieser Aktivitäten konnte allmählich ein Entscheidungsdruck in Richtung Wissenschaft und Politik aufgebaut werden. Ab 1990 war es dann soweit: Es wurden der Universität Kiel Bundesmittel für ein ein dreijähriges Forschungsvorhaben mit dem Titel „Untersuchungen über Bestand, Gesundheitszustand und Wanderungen der Kleinwalpopulationen in deutschen Gewässern“, bewilligt. Das Projekt stand unter der Leitung Dr. HARALD BENKEs von der Universität Kiel.


Unterdessen, überlegten wir von der Schutzstation Wattenmeer, wie die Sichtungsdaten noch hieb- und stichfester erfasst werden könnten. Angeregt durch ein ehrenamtliches Walzählerprojekt an der britischen Küste, rief ich die auf Sylt aktiven Naturschutzverbände und interessierten Einzelpersonen zusammen und kreierte die erste Wal-Synchronzählung an der deutschen Küste.

Dieses Projekt unterschied sich von den Urlauber-Meldebögen durch seine Systematik und den berechenbaren Aufwand. An zwanzig Standorten zwischen List und Hörnum postierten sich alle vierzehn Tage Walzähler. Zur gleichen Zeit wurden also alle sichtbaren Wale entlang der ca. 40 km langen Westseite von Sylt gezählt. Die Synchronzählung brachte zuverlässigere Daten als die Zufallssichtung und wurde über 10 Jahre zwischen 1991 und 2000 durchgeführt. Der Vorteil war offensichtlich: Obgleich Wissenschaftler das Projekt skeptisch beäugten, konnten so eine fundiertere Informationsarbeit und damit auch eine glaubwürdigere Pressearbeit gestartet werden. Die Aussage mancher Sylter, es würde dort nur ein einziger Schweinswal auf- und abschwimmen, der von Urlaubern immer wieder gezählt werden würde, konnte mittels der Synchrondaten beispielsweise leicht entkräftet werden. Auch konnten wir so beweisen, dass sich die Kleinwale hier rund um´s Jahr, aber in höheren Zahlen im Frühjahr und Herbst einstellen. Und das Wichtigste: dass ab Juni überwiegend Mutter-Kalbgruppen gesichtet wurden. Wir hatten es also hier mit einer Kinderstube der Kleinwale zu tun.

1992: Durchbruch für den europäischen Kleinwalschutz

Ich erinnere mich noch genau, wie ich im Frühjahr 1990 im Büro der Schutzstations-Holzbaracke vor einer alten rostigen Schreibmaschine vom Typ „Gabriele“ saß. Computer gab es damals hier noch nicht. Ich tippte mit Gabriele eine denkwürdige Pressemitteilung, Schlagzeile: „Schweinswale kalben vor Sylt“. Diese Meldung verbreitete sich aus der kleinen Naturschutzhütte über die Presseagenturen wie ein Lauffeuer über die Republik und stand am nächsten Tag in allen Zeitungen. Es war der Beginn einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit für „Deutschlands kleine Wale“.

Zeichnung Martin Camm

Unser Sichtungsaufwand und unsere Pressearbeit, sowie Aktivitäten anderer Verbände, Ämter und Institute führten letztlich dazu, dass sich die EU dem Thema immer mehr annahm. Zahlreiche Anrainerstaaten unterzeichneten 1992 das Regionalabkommen zur Erhaltung der Schweinswale in Nord- und Ostsee (ASCOBANS). Gleichzeitig setzte die EU den Schweinswal auf Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. In Anhang II werden Tierarten gelistet, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden sollten. Ab 1994 bewilligte die EU weitere Mittel für die Schweinswalforschung. Dr. Harald Benke und seine Kollegen bekamen den Zuschlag für weitere Forschung an Kleinwalen in deutschen Gewässern und europaweit wurde mit internationaler Beteiligung das SCANS-Projekt durchgeführt. Dieses Kürzel stand für eine breit angelegte Synchronzählung von Walen in Nord-und Ostsee, die mit Schiffen und Flugzeugen umgesetzt wurde und vier Wochen lang, im Sommer 1994 in einer konzertierten Aktion ablief. Dabei wurde deutlich, dass sich die Kleinwale in der Nordsee nicht flächendeckend gleichmäßig verteilen, sondern vermehrt an bestimmten Bereichen sammeln, sogenannten „Hot Spots“. Auch wurden Kalbungs- und Paarungsgebiete ausgemacht. Dass dazu auch die Gewässer vor Sylt und Amrum gehören, wurde mit SCANS nun wissenschaftlich bestätigt, nachdem wir von der Schutzstation es ja schon einige Jahre zuvor gemeldet hatten. Im gleichen Jahr verabschiedete der Bundestag das erste „Kleinwalgesetz“, das die gesetzliche Grundlage zur Umsetzung des europäischen ASCOBANS-Abkommen in Deutschland legte.

1996: Die neue Schutzgebietsdebatte

Die politische Forderung, nach einem Walschutzgebiet vor Sylt und Amrum, wurde offiziell erstmalig 1996 auf einer Konferenz der Deutschen Kleinwal-AG formuliert, einem Zusammenschluss deutscher Wissenschaftler, relevanter Ämter und Naturschutzverbandsvertreter. Diese Forderung traf mitten in die hitzige Debatte um die Novellierung des Nationalparkgesetzes des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeers von 1985. Als Grundlage für die Gesetzesnovellierung diente ein Ökosystem-Systemforschungsbericht, der die Forschung der vergangenen Jahrzehnte zusammenfasste und Verbesserungen anmahnte. Doch wieder gab es heftigen Gegenwind an der Küste zu dem Vorhaben, vor allem seitens der Fischerei und anderer Interessengruppen im Nationalpark. Auf Sylt war die Stimmung tendenziell jedoch pro Schweinswalschutzgebiet und Nationalpark. Westerlands Bürgermeisterin Petra Reiber und Vertreter des Landschaftszweckverbandes Sylt, ließen sich davon überzeugen, dass eine Ausweisung mehr Vor- als Nachteile für die insulare Entwicklung bringen würde.

1999: Europas erstes Walschutzgebiet ist besiegelt



Im Dezember 1999 war es nach einigen Jahren heftiger Auseinandersetzungen dann soweit: Im Zuge der Nationalparkgesetz-Novellierung wurde das erste europäische Schutzgebiet für Wale ausgerechnet vor zwei deutschen Nordseeinseln, nämlich Sylt und Amrum, ausgewiesen. Die unter Schutz gestellte Meeresfläche hat eine Größe von 124 000 Hektar (1240 qkm) und erstreckt sich zwischen der Dänischen Grenze und der Südspitze Amrums bis zur Zwölf-Seemeilen-Grenze als Zone 2 des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Die offene Nordsee vor Sylt wurde so als ein wichtiges und schützenswertes Ökosystem aufgewertet, in dem neben den Schweinswalen auch Seehunde, Kegelrobben, Trauerenten, Stern- und Prachttaucher und viele andere bedrohte Meerestiere ein Refugium finden sollen. Dank einer jahrelangen, konzertierten und ausdauernden Aktion von Umweltverbänden, Naturschutzämtern und Forschungsinstituten ist heute deutlich geworden, dass die Nordsee nicht nur ein schönes Badegewässer und eine wichtige Fischereizone und Schifffahrtsstraße ist, sondern vor allem ein lebendiges, schützenswertes Ökosystem.

© Lothar Koch, Dünengrund 14, 25980 Sylt/Rantum, Tel:04651201088, info@syltopia.de

„Ich mache keinen Krummen Dinger“

von der BürgerIni Merret reicht´s – aus Liebe zu Sylt

Die Hecken abgeholzt, die Kinderspielwiese umgegraben, die Fenster vernagelt, die Wohnhäuser mit Bauzäunen umschlossen, die Mieter mit falschen und viel zu hohen Nebenkostenabrechnungen schikaniert und mit ständigen Besuchen zum Auszug gedrängt. Es gab keine Reinigung mehr, der Strom fiel aus. Vor fünfzehn Jahren vertrieb die SL Immobilien GmbH aus Bremen 22 Sylter Familien erfolgreich aus ihren Mietwohnungen in den gelben Mehrfamilienhäusern am unteren Ende der Bomhoffstraße in Westerland. 

Unmenschlicher Umgang“ mit Sylter Familien

„Das war der härteste Umgang, den ich je mit Mietern in ganz Schleswig-Holstein erlebt habe“, erklärte Stephan Sombrutzki vom Kieler Mieterverein, an den sich die Familien schutzsuchend gewandt hatten. Als „unmenschlich“ brandmarkte der damalige Vorsitzende des Bauausschusses Holger Flessau (CDU) das Vorgehen des Bremer Investors, der dort eine neue Wohnanlage errichten wollte. „Das ist einfach unmöglich“, beklagte Bürgermeisterin Petra Reiber und wollte die Häuser sogar beschlagnahmen lassen. 

In den Gemeinderatssitzungen ging es über Monate hoch her. Der Berg kreißte – gebar aber am Ende nur eine Maus. Man einigte sich auf ein paar Zeilen Resolution: „Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen und verurteilen den Menschen verachtenden Umgang der Bremer SL Immobilien GmbH.“ Mehr war offenbar nicht drin. 22 Sylter Familien verloren ihr Zuhause. Angeblich machtlos die Politik. „Baurechtlich war das nicht zu verhindern“, ließ sich Holger Flessau zitieren. Rein rechtlich sahen sich die Gemeindevertreter außerstande, die Mieter zu schützen. 

Dauerwohnungen gingen in die Ferienvermietung

In der entscheidenden Sitzung waren sie alle anwesend, die heute immer noch die Geschicke der Gemeinde lenken: Günther Frank, Kay Abeling, Eberhard Eberle, Gerd Nielsen, Carsten Kerkamm und auch Manfred Uekermann, mittlerweile Landtagsabgeordneter. Anfang 2010 waren die Wohnungen dann schließlich erfolgreich entmietet. Die zwischen den Häusern gelegene Grünfläche, wo bisher Kinder spielten, wurde einer „sinnvollen“ Nutzung zugeführt. Hier entstanden Parkplätze für Feriengäste.

Nach der Fertigstellung gingen nahezu alle 22 Einheiten in die Ferienvermietung. Von Anfang an ein unsauberer Deal. Denn die gesamte Anlage durfte laut Baugenehmigung ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Der Bebauungsplan ließ daran überhaupt keinen Zweifel. Doch niemand rührte eine Hand, niemand kontrollierte, niemand griff ins Getriebe, und so geriet diese unschöne Episode insularer Wohnraumvernichtung wie so viele andere in Vergessenheit. 

Käuferin zahlte 1 Mio für eine illegale Fewo

Auch Frau Brinkmann (Name geändert) wusste davon nichts, als ihr im Spätsommer 2022 eine Zeitungsannonce der Sylter Firma RT Immobilien auffiel, in der eine Zwei-Zimmer-Erdgeschosswohnung in der Bomhoffstraße 17 für 950.000 Euro mit „eingeführter Ferienvermietung“ angeboten wurde. Die Geschäftsfrau aus Niedersachsen war auf der Suche nach einer Kapitalanlage mit guter Rendite. Sie zögerte. Denn für eine 65m²-Wohnung mit allen Nebenkosten rund 1,1 Millionen Euro zu bezahlen, erschien ihr selbst für Sylter Verhältnisse überteuert, immerhin sollte der Quadratmeter umgerechnet 17.000 Euro kosten. Der Verkäufer, ein Sylter Unternehmer, der im Immobiliengeschäft einen guten Ruf genießt, zeigte sich gesprächsbereit und ließ sich auf Verhandlungen ein. Frau Brinkmann unterschrieb schließlich den Kaufvertrag und zahlte knapp eine Million für zwei Zimmer und eine kleine Terrasse. Darin enthalten war auch ein saftiges Honorar für den testierenden Notar. Auch kein Unbekannter, ganz im Gegenteil. Dieser Sylter Notar setzte seine Unterschrift unter einen Kaufvertrag, in dem sich Frau Brinkmann ausdrücklich zusichern ließ, dass es sich bei der Eigentumswohnung um eine „Ferienwohnung“ mit entsprechender Genehmigung handelte (Merret liegt der Kaufvertrag mit allen Unterschriften vor). Denn auch Frau Brinkmann hatte mittlerweile registriert, dass man sich bei diesem heiklen Thema besser absicherte. Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel. 

Notar, Verkäufer und Makler gaben Brief und Siegel

Dann das böse Erwachen, als Frau Brinkmann anschließend die Baugenehmigung einsah: Dauerwohnung! Und der Schock wurde noch größer, als ihr klar wurde, dass sie sich im Kaufvertrag sogar verpflichtet hatte, die Vermietagentur weiterzubeschäftigen. Das gab ihr den Rest. „Ich war vertraglich gezwungen, illegal an Feriengäste zu vermieten. Aber ich mache keine krummen Dinger. Das habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht.“ Sofort fordert sie vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrags ein. Sie fühlt sich betrogen und getäuscht „von diesen angeblich so renommierten Insulanern, die hier alles miteinander verquicken“, Ämter, Posten, Finanzierungen, Vermittlungen und Testate. „Sie haben mich alle zusammen aufs Kreuz gelegt.“ Doch von einer Rückabwicklung will bis heute niemand etwas wissen. Frau Brinkmann hat Fristen gesetzt. Die sind längst verstrichen, Monate sind vergangen, Frau Brinkmann verlor irgendwann die Geduld. Im Juli dieses Jahres (2024) reichte sie über eine Westerländer Kanzlei Klage ein. „Das könnte mich jetzt nochmal richtig Geld kosten, aber das ist es mir wert. Und mir ist klar, ich nehme es hier mit den Spitzen der Sylter Gesellschaft auf.“ 

Geld zurück? Die Gerichte müssen entscheiden

Zufall oder nicht, auf einmal gibt es für die Bomhoffstraße und das Gebiet drumherum einen neuen Bebauungsplan. Plötzlich ist Ferienwohnen dort erlaubt. Und wie Frau Brinkmann feststellen durfte, hat jemand für ihre neue Eigentumswohnung einen Umnutzungsantrag gestellt. Das war nicht sie selbst. Sie wusste gar nichts davon. Sie wusste auch nicht, dass das überhaupt möglich ist, dass Nicht-Eigentümer für eine Wohnung, die ihnen nicht gehört, eine Nutzungsänderung beantragen können. Und sie hat es auch gar nicht gewollt. 

Nun verlangt sie erst recht ihr Geld zurück. „Das geht doch hier nicht mit rechten Dingen zu.“ 

Ausgang offen. Das Verfahren läuft. Verstrickt sind in diesen Fall die ganz Großen dieser Insel. Keine Auswärtigen. Diese wohlbekannten Leute haben sich gleich mehrfach persönlich bereichert und davon profitiert, dass vor fünfzehn Jahren 22 Sylter Familien in der Bomhoffstraße ihr (bezahlbares) Zuhause verloren. Durch ungerechtfertigte Mieteinnahmen, überteuerte Preise und Provisionen, die sich auf falsche Fakten stützten. Kein Einzelfall. Auf Merret-Nachfrage bestätigen Sylter Anwälte, dass immer mehr Schadenersatzforderungen eingehen, weil Immobilien überall auf der Insel mit solchen „Mängeln behaftet“ und deshalb zu teuer verkauft worden seien. 

Merret fordert sauberen Umgang mit den Fakten

Aus Merrets Sicht ist es höchste Zeit, endlich aufzuräumen. Es ist Zeit, sich ehrlich zu machen. Politiker dürfen nicht gleichzeitig die Rahmensetzung der Sylter Baupolitik bestimmen und sich anschließend über geltendes Recht hinwegsetzen, um auch noch persönlich wirtschaftlich davon zu profitieren. Schwer erträglich wird es dann, wenn dieselben Politiker auch noch öffentlich fordern, die Behörden mögen über diese Rechtsverstöße hinwegsehen, weil sonst die Sylter Wirtschaft zusammenbrechen würde. 

Diese Praktiken beschädigen das Image der Insel viel nachhaltiger als eine Horde Punks auf einer Festwiese. Es ist allerhöchste Zeit, dass Sylt endlich supergute Bebauungspläne bekommt, die die Bevölkerung schützen und den Zuzug von Familien und Normalverdienern ermöglichen, weil sie genügend Dauerwohnungen vorschreiben. Hoffentlich erfüllt der „B-Plan 28“, der als Blaupause für den künftigen Umgang mit Immobiliennutzung dienen soll, diese hohen Erwartungen. 

Dies ist Artikel der Bürgerinitiative „Merret reicht´s- aus Liebe zu Sylt (nicht von Lothar Koch).
Alle Namen der beteiligten Personen sind Merret bekannt. 

( https://merret-sylt.de, Fotos: Moritz Unruh und Merret reicht’s)