Wunschliste im Spannungsfeld Naturschutz/Tourismus
Am kommenden Donnerstag tagen Naturschützer gemeinsam mit Touristikern der Wattenmeerküste Deutschlands und Dänemarks in Hörnum. Die Fachtagung „Natur & Tourismus“ wird von der Nationalparkverwaltung und der Nordsee-Tourismus-Service GMBH (zuständig für die Werbung der gesamten Nordseeküste Schleswig-Holsteins), dem WWF und weiteren Partnern veranstaltet.
Kernvorträge werden seitens der Insel Sylt von Moritz Luft, dem Geschäftsführer der Sylt Marketing Gesellschaft (SMG) und Thomas Vodde, dem Kurdirektor und Projektleiter „Klimainsel Juist“ vorgetragen.
Das Nationalparkamt wagt sich mit Martin Stocks Themenvortrag „Salzwiese“ aus ihrem Kernbereich Watt ein wenig auf die Insel hinauf, die ja selbst gar nicht Teil des Nationalparkes ist. Bleibt zu hoffen, dass der Vertreter der Uni Hamburg, Herr Martin Döring, mit seinem Exkurs zum „Heimatgefühl“ einen Kontrapunkt setzt, der zur angeregten Diskussion über Probleme im Spannungsfeld von Tourismus und Naturschutz auf Sylt und anderen Inseln beiträgt.
Zur Anregung einer lebhaften Diskussion (und weil bald Weihnachten ist) hier die Wunschliste eines sylter Naturschützers:
Wunschliste an den Tourismus auf den Inseln und an der Küste
Ich wünsche mir…
⁃ eine ehrliche und verlässliche Partnerschaft zwischen Naturschutz und Tourismus
weil der Tourismus weiss, dass die Naturlandschaft mit ihren Lebensformen die notwendige Grundlage für einen Inseltourismus ist und der Naturschutz weiss, dass gemeinsam mit dem Tourismus Forderungen zum Schutz von Natur und Umwelt besser gegenüber Profitinteressen und sonstige Begehrlichkeiten durchgesetzt werden können.
⁃ eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Viele Naturschützer haben derzeit die Wahrnehmung, dass Natur auf der Agenda des Tourismus eine Nische unter vielen ist, die vermarktet wird. Wir sehen den Schutz von Natur und Landschaft jedoch als Querschnittaufgabe und Grundlage für alle touristischen Aktivitäten.
Wir glauben, dass dies auch in den meisten Gremien Konsens ist, spätestens seit Anerkennung der Wattenmeerregion als Weltnaturerbe. Dieser Konsens wird jedoch zu wenig gelebt und zum Ausdruck gebracht. Gelebte Gemeinsamkeit würde für uns heissen, dass touristische Gremien offensiver und mit hoher Priorität Ziele des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes gegenüber anderen Interessen vertreten.
Dazu gehört auch die Wahrnehmung von Wachstumsgrenzen im Tourismus und eine Sensibilität dafür zu entwickeln, welche Veranstaltungen und Massnahmen in ein gutes Miteinander von Tourismus und Naturschutz passen. Diese Sensibilität wird derzeit seitens der Naturschutzseite häufig vermisst.
Konkret wünsche ich mir beispielsweise folgende Massnahmen:
⁃ Durchführung von Nachhaltigkeitskampagnen seitens der touristischen Organisationen (auf Sylt z.B. SMG und des ISTS (und weiterer insularer Tourismuspartner).
Diese sollte sowohl das Außen- wie auch das Binnenmarketing umfassen.
Beispiele: Aussen-Marketing
⁃ gezielte Werbekampagnen um Langzeittouristen zu locken und Kurzzeitgäste zu vermindern
⁃ gezielte Werbekampagne um Urlauber zu überzeugen ihr Auto stehen zu lassen (am Besten schon im Heimatort), bzw. eine Klima- freundliche Anreise zu wählen.
⁃ gezielte Kampagne für eine Plastik-verpackungsfreie-Insel/Küste
⁃ gezielte Aktionen und Anreize für Gäste um klimafreundliches Verhalten auf am Urlaubsortl zu fördern
Beispiele: Binnen-Marketing
⁃ Nachhaltigkeits-Zertifizierung aller touristischen Einrichtungen durchführen
⁃ Nachhaltigkeit-Fortbildungen für alle Mitarbeiter anbieten
⁃ eigene Fuhrparke auf E-Mobilität umstellen
⁃ innovative Ideen zum Thema Verkehr proaktiv durchsetzen
(kostenloser ÖPNV, Co2 frei-mobil)
⁃ eigene Veranstaltungen „plastikfrei“ und „CO2-frei“ durchführen
⁃ gezielte Aktionen und Anreize für Mitarbeiter und Partner um klimafreundliches Verhalten zu fördern
⁃ Nachhaltigkeit (Klima, Umwelt, Natur) als hohen Wert in die touristischen Bilanzen mit hineinzunehmen, statt nur Gästezahlen, Bettenzahlen und Gewinne zu betrachten. (Wertewandel)
– Selbstverpflichtung: die Kooperation mit-, die Bewerbung und Gutheissung von …offensichtlich klimaschädlicher/n oder dem Landschafts-/Umwelt-und Naturschutz abträglicher/n Veranstaltungen, Vorhaben und Aktivitäten zu unterlassen.
Proaktiv auf Partner einwirken, das Klimawandelziel umzusetzen (zB. Autofirmen die bei Großveranstaltungen ausstellen dazu zwingen nur ihre E-mobile vorzustellen).
⁃ umgekehrt „inselfreundliche“ Aktivitäten zu fördern.
⁃ möglichst Win-Win Situationen zu verfolgen-sowohl in Hinblick auf Natur, als auch in Hinblick auf die Lebensqualität der Einheimischen.
Um zu entscheiden, was „inselfreundlich“ ist und was nicht könnte ein Beratungsgremium von Fachleuten unterschiedlicher Richtungen zusammengestellt werden, die ein Leitbild erstellen.
Lothar Koch, Sylter & Juister, Biologe,
aktiver Mitdenker in verschiedenen Naturschutzorganisationen der Insel Sylt
und Autor der tourismuskritischen Utopie Syltopia