Zugvögel zurück im Sylter Watt
Pünktlich zum Frühlingsbeginn kehren immer mehr Zugvögel aus den Überwinterungsgebieten in den Nationalpark zurück. Auch auf Sylt kann man jetzt täglich grössere Trupps von Gänsen und Watvögel einfliegen sehen. Die dunklen Nonnengänse und ihre etwas kleineren Verwandten, die Ringelgänse erkennt man meist an der energiesparenden V-Flug-Formation am Himmel. Sie haben die kalte Jahreszeit an den milderen britischen und französichen Küsten verbracht und sind nun auf dem Rückweg ins sibirische Brutgebiet. Im Wattenmeer angekommen, haben sie nur noch sechs Wochen, bis Mitte Mai Zeit, um sich auf den Salzwiesen im Nationalpark und mancherorts auch auf Grünlandflächen binnendeichs Fettreserven anzufressen. „Je wohlgenährter die Gänse vom Wattenmeer abziehen können, desto größer sind später ihre Chancen in den arktischen Brutgebieten, hauptsächlich auf der sibirischen Taimyr-Halbinsel erfolgreich Nachwuchs aufzuziehen“, sagt Biologe Klaus Günther von der Schutzstation Wattenmeer, der das Rastvogelmonitoring im Nationalpark koordiniert. Knutts, Pfuhlschnepfen und andere Watvögel findet man inzwischen auch wieder in grossen Zahlen auf den Wattflächen östlich von Sylt. „Pfuhlschnepfen sind die Rekordhalter im Non-Stopp-Flug“, berichtet Günther. 11.600 Kilometer ohne Zwischenlandung, Schlafen oder Fressen war eine Schnepfe neun Tage über dem Pazifik von Alaska bis Neuseeland unterwegs. „Ein kürzere Strecke, nämlich bis zu 5.000 Kilometer müssen die Schnepfen vom Wattenmeer in die arktischen Brutgebiete bis hin zur Taimyr Halbinsel fliegen. Aber auch das ist eine sehr beeindruckende Leistung“, meint Günther begeistert. Mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit fressen sich die Schnepfen den notwendigen Flugtreibstoff an. Drei bis vier Wochen benötigen sie, um ihr Gewicht annähernd zu verdoppeln. Die Vögel müssen dafür mit ihrem zehn Zentimeter langen Schnabel genügend Krebse und Würmer im Wattboden erstochern. Hierbei hilft ihnen die druckempfindliche Schnabelspitze dabei, blind die Beute im tiefen Schlick aufzuspüren. Wer um diese Jahreszeit Vögel im Watt beobachtet, hat gute Chancen, den Alpenstrandläufer als häufigsten Zugvogel des Wattenmeeres zu entdecken. Den etwas irreführenden Namen bekam der starengroße Vogel von deutschsprachigen Vogelkundlern als Brutvogel der lappländischen Alpen, einer nordischen Gebirgsregion. Gut zur erkennen sind die Vögel im Sommer an ihrem schwarzen Brustfleck, den auch jetzt schon viele Tiere haben. „Sind die Wattflächen bei Hochwasser vom Meer überspült, können Vogelfreunde die Strandläufer zusammen mit anderen Watvögeln an besonderen Rastplätzen antreffen“, erklärt Vogelkenner Günther. Solche bevorzugten Sammelpunkte gibt es auf Sylt beispielsweise im Watt beim Lister Koog, bei den Keitumer Sandinseln, oder an der Hörnumer Nehrung. Für alle Besucher des Weltnaturerbes Wattenmeer hat Günther noch ein besonderes Anliegen: „Bitte halten Sie bei Ihren Beobachtungen ausreichend Abstand von Rastvogelschwärmen und respektieren Sie auch die abgesperrten Brut- und Rastgebiete. Jedes Auffliegen bedeutet für die Tiere einen unnötigen Energieaufwand.“ Gute Möglichkeiten, die Zugvögel im Nationalpark zu erleben, bieten auch die Führungen der Naturschutzverbände wie der Schutzstation Wattenmeer sowie der Nationalparkranger. Quelle: Schutzstation Wattenmeer, Fotos SW-Archiv, Alpi von Ulrich Holst, SW
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