Auf Sylt läuft was… Verkehr(t)

"umweltfreundlicher" Autoverleih am Zentrum für NaturgewaltenAm 28.8. endet eine vierwöchige Aktion von Volvo auf Sylt. Unter dem Motto „Schwedenflotte Sylt“ und dem Slogan „Rantum, Kampen,….glücklich für 0 Euro“ hat der Autokonzern in der „Primetime“ des Sylter-Werbesommers das Maximum an verkaufsfördernden Aktionen unter der Dachmarke „Sylt“ herausgeholt.

Für vier Stunden täglich konnte in den verhangenen Wochen jeder der mochte mit den protzig fetten SUVs über die Insel heizen. Als Sahnehäubchen durfte Volvo auch noch ein bisschen „Greenwashing“ betreiben, in dem der Konzern ein Hybridmodell am Erlebniszentrum Naturgewalten aufstellte und den Namenszug des Umweltzentrums auf die Autos druckte. Dabei zielt die Gesamtaktion des Autobauers in keinerlei Hinsicht auf klimafreundliches, sparsames Fahren ab, wie ein Blick auf deren Website beweist. Volvo ist nicht die einzige Firma, die diesen Sommer seine Fahrzeuge zum Ausprobieren auf die Insel karrte: Mercedes, VW, Mini, Bentley, Ferrari,…und natürlich die Harleyfahrer, die bereits zur Sylter Folklore gehören, wenn sie sich mit lautem Gedröhne auf der Promenade Westerland treffen.

Was hat Sylt eigentlich davon?

Die Insel stöhnt unter der allgemeinen Autolast- wie jedes Jahr. Wie jedes Jahr karrt die Deutsche Bahn mit ihrem Sylt Shuttle bis zu einer halben Million Fahrzeuge auf den kleinen Sandknust. Die mischen sich auf der knapp 40 km langen Landesstrasse zwischen Hörnum und List mit rund  70 000 Verladungen über die Syltfähre, 15 000 Autos der Einheimischen, sowie zahlreichen Bussen des Nah-und Fernverkehrs. Zusätzlich kommen noch all die unsicheren Urlaubsradler auf die Strasse, die neuerdings mit doppelter E-Bike-Geschindigkeit dem Gegenwind ein Schnäppchen schlagen wollen.
Diese Blechflut forderte bis heute immer breitere Straßen, asphaltierte Radwege und mehr Parkflächen in Orten und an Strandübergängen. Zusätzlich zur nahezu irreversiblen Zerstörung von Natur- und Landschaft durch den Strassen- und Parkplatzbau kommen die Belästigungen und Umweltbelastungen durch Lärm und Abgase, sowie die zunehmende Urbanisierung der Naturlandschaft durch große Verkehrsschilder, Ampeln, Parkleitsystemen etc.

Dieses Jahr ist es mit dem Verkehrschaos auf Sylt jedoch besonders schlimm. Dringend notwendige Sanierungsarbeiten die seit Sommerbeginn auf der Landesstrasse und im City-Bereich Westerland durchgeführt werden, verursachen zahlreiche Umleitungen. Die führen zu Doppel-und Dreifachbelastungen auf sonst ruhigeren und für solchen Verkehr ungeeigneten Nebenstrassen und langen Staus in Westerland und Tinnum.

Und wie reagieren Sylter Institutionen, Politiker und die Bahn darauf? Mit neuen Verkehrskonzepten, mit Förderung des ÖPNV, Carsharingmodellen, mit der Einführung umweltfreundlicher Technologien, mit der Reduzierung des Autotransportes über den Hindenburgdamm?
Weit gefehlt! Die Bahn hat beispielsweise für 2016 ihre Autozugtouren von 14 000 auf 20 000 aufgestockt, um einen unliebsamen, amerikanischen Konkurrenten auszubooten, der zu Jahresbeginn ankündigte, mit zusätzlichen 5000 Autozugfahrten ab Niebüll an den Start gehen zu gehen (bisher nicht passiert).

Der Landschaftszweckverband will „autonome  Autos“ (ohne Fahrer) fördern, ohne im Vorwege auf ein insulares Gesamtkonzept für alternativen Verkehr der Zukunft zu drängen.

Ideen gibt es schon viele, aber keiner scheint sich zu trauen, Sylt zur Modellregion für innovativen, alternativen Urlaubs-Verkehr zu machen.

Beispiele: insularen ÖPNV kostenlos bereitstellen für Urlauber, die ohne Auto anreisen, günstiges, flexibles Kleinbussystem aufbauen, das Urlauber auf Anruf mit Ihrem Strandspielzeug vom Hotel ans Meer oder zum Bahnhof kutschiert. Bereitstellung von freien Handwagen an Bushaltestellen, sodass Koffer etc. einfach zur Pension geschoben werden können. Verbesserung der Busse hinsichtlich der kostenlosen Mitnahme von Fahrrädern, Surfbrettern etc., Elektroleihfahrzeuge  subventionieren, sodass sie preisgünstig geliehen werden können, Carsharing. Räder oder Autos über die Insel verteilt stehenlassenund dort per Smartphone erneut angemietet können. Mitfahrzentralen-System umsetzen für Privatautos- zum Beispiel auch durch Einsatz neuer Medien wie Smartphone Apps….Zero Emission-Tickets ab Hamburg anbieten und den Gast CO2-frei zur und auf der Insel befördern…

autoWenn der Wille da wäre, kämen sicher noch viel mehr gute Ideen zusammen. Aber beim Blick auf das Engagement der vergangenen Jahrzehnte in dieser Sache ist klar: Sylt wird wohl eine konventionelle Verkehrsinsel bleiben und sich in dieser Hinsicht von anderen Regionen abhängen lassen.

 

Lothar Koch

www.syltopia.de