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Naturschutz auf Sylt, Folge 7: Das NSG Sylter Außenriff

Zeichnung Martin Camm

Zeichnung Martin Camm

In einer Serie stellt die Naturschutzgemeinschaft Sylt und die Söl’ring Foriining das Thema „Natur auf Sylt“ in seiner ganzen Bandbreite in der Sylter Rundschau dar. Erschienene Artikel werden auf natuerlichsylt.net veröffentlicht und archiviert. Es werden Institutionen und Vereine vorgestellt und auch  Menschen, die sich für die Sylter Natur einsetzen. In der sechsten Folge gibt der Diplombiologe Fabian Ritter einen Überblick über den Stand der Dinge beim kürzlich neu eingerichteten NSG Sylter Aussenriff.

Wichtiger Lebensraum & Naturschutzgebiet westlich des Nationalparks SH-Wattenmeer mit dem Walschutzgebiet

von Dipl. Biol. Fabian Ritter, Whale and Dolphin Conservation (WDC)

 

Landseitig ist Sylt vom Nationalpark Wattenmeer begrenzt, der recht strengen Schutz genießt. Seeseitig blicken wir vom Weststrand ebenfalls auf einen Teil des Nationalparks. Dort erstreckt sich auch Deutschlands erstes – und bisher einziges – Walschutzgebiet entlang der gesamten Insel und südlich bis Amrum. Für die heimischen Schweinswale ist es eines der wichtigsten Aufzuchtsgebiete, hier bringen sie jedes Jahr ihre Jungen zu Welt. Weniger bekannt ist jedoch, dass auch die Gewässer außerhalb der 12-Meilen-Zone (und damit in der deutschen „Ausschließlichen Wirtschaftszone“, AWZ) unter Schutz stehen. Das größte deutsche Meeresschutzgebiet der Nordsee „Sylter Außenriff“ schließt sich direkt an das küstennahe Schweinswalschutzgebiet an.

Walschutzgebiet

Befliegungskarte Schweinswale monitoring Sylter Aussenriff 2014-Karte

Ende 2017 wurde das Sylter Außenriff als Naturschutzgebiet gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ausgewiesen. Damit wurde endlich vollzogen, was seit über einem Jahrzehnt in der Entstehung, jedoch immer wieder erheblich verzögert worden war. Denn auf dem Papier besteht das Schutzgebiet schon seit 2007 – es ist Teil eines Schutzgebietsnetzwerkes „Natura2000“ unter der 2004 in Kraft getretenen Flora-Fauna-Habitat (FFH-) Richtlinie der EU in Kraft. Die EU-Mitgliedsstaaten verpflichteten sich, den Schutz der Lebensräume und Arten in den Natura2000-Gebieten zu gewährleisen und binnen sechs Jahren in nationales Recht umzuwandeln. Doch damit begannen auch die Schwierigkeiten.

Das Sylter Außenriff ist in der Tat ein besonderes Gebiet. Großräumig gibt es hier Steinriffe, die eine Vielzahl von bodennah lebenden Arten beherbergen. Zwischen den Riffen liegen wichtige Habitate für zahlreiche Organismen. Die Amrumbank ist als große Sandbank ein wichtiger Lebensraum für Fische. Die Vielgestaltigkeit dieses Mosaiks führt zu einem Fischreichtum, der wiederum Meeressäuger anzieht. Deshalb konzentrieren sich Schweinswale hier, aber auch Seehunde und Kegelrobben finden gute Bedingungen. Außerdem ist das Sylter Außenriff Nahrungs-, Überwinterungs-, Mauser-, Durchzugs- oder Rastgebiet für diverse Seevogelarten, darunter Seetaucher, Tordalken, Basstölpel, Trottellumme und Dreizehenmöwe.

All diese Charakteristika wurden ins Feld geführt, als es um die Ausweisung des Schutzgebietes ging. Und zu verbessern gibt es in der Tat einiges, denn obwohl es sich um einen Lebensraum von hohem Stellenwert für viele, seltene und bedrohte Arten handelt, ist sein Zustand alles andere als natürlich. Denn überall im Schutzgebiet wird kommerziell gefischt. Die grundberührende Fischerei ist im Sylter Außenriff praktisch flächendeckend verbreitet. Die schweren Geräte der Krabbenkutter hinterlassen mit jedem Fischzug deutliche Spuren der Zerstörung auf dem Meeresboden. Stellnetze tun ihr übriges, in ihnen verfangen sich bekanntermaßen besonders viele Meeressäuger und Seevögel. Zusätzlich trifft man Freizeit- und Stellnetzfischer landwärts, während große Trawler ihre Schleppnetze weiter draußen auf hoher See ausbringen. Wenngleich die Fischerei den größten negativen Effekt auf das Ökosystem hat, ist sie bei weitem nicht die einzige menschliche Nutzung. Die Schifffahrt, der Bau von Windparks, die Suche nach Öl- und Gas und massive militärische Übungen finden im Umfeld sowie innerhalb des Schutzgebietes statt. Unrühmliches Beispiel war zuletzt der Bau des Windparks „Butendiek“, der trotz massiver Störungen von Vögeln und Meeressäugern bis 2015 mitten ins Schutzgebiet gebaut wurde. An Tagen mit guter Sicht kann man die Windräder vom Sylter Weststrand aus in der Ferne sehen. 2015 hat der Windpark seinen Betrieb aufgenommen, und seit mehr als drei Jahren läuft auch eine Klage von Naturschützern gegen die Betriebserlaubnis der 80 Windenergieanlagen.

Aber wie kann es sein, dass all diese Aktivitäten innerhalb eines Naturschutzgebietes stattfinden? An Land würde niemand auf die Idee kommen, Straßen oder Großanlagen in ein Naturschutzgebiet zu bauen, militärische Übungen oder die massenhafte Entnahme von Organismen zu genehmigen. Ein Grund für den mangelnden Schutz im Sylter Außenriff war lange das Fehlen eines Managementplans, der fest legt was im Schutzgebiet erlaubt ist und was nicht. Für das Sylter Außenriff wurde jedoch erst Ende 2017 vom Bundesumweltministerium der Entwurf eines Managementplans vorgestellt. Vorangegangen war eine schier unendlich politische Auseinandersetzung, bei der sich verschiedene Bundesministerien gegenseitig blockierten. Dass auch in Zukunft wirtschaftliche Interessen an vielen Stellen über den Naturschutz gestellt werden, ist den Managementplan-Entwürfen bereits anzusehen. Kaum eine Aktivität soll im Sylter Außenriff per se verboten werden. Windparks, ja sogar der Abbau von Rohstoffen können nach einer Umweltverträglichkeits-prüfung weiterhin genehmigt werden. Hier wird im Vergleich mit Naturschutzgebieten an Land mit unterschiedlichem Maß gemessen.

Thema Schifffahrt: Der viele Verkehr in der Nordsee kreuzt mitten durch das Schutzgebiet, und bringt damit die Gefahr von Müllverschmutzung, Kollisionen mit Meeressäugern und Unterwasserlärm. Insbesondere Schweinswale reagieren sehr empfindlich auf den Lärm, und erst vor kurzem wurde nachgewiesen, dass Schweinswale aufgrund von Schiffslärm weniger effektiv jagen können. Andere Folgen des Lärms sind Stress, Vertreibung und mögliche Effekte auf Populationsebene. Zu bedenken ist stets auch, dass alle Einflüsse kumulativ auf die Meeresorganismen einwirken und synergistische Effekte entstehen können, welche den Gesamtdruck zusätzlich verstärken.

Thema militärische Übungen: Die Bundeswehr darf im Sylter Außenriff heute praktisch alles tun und lassen was sie für notwendig erachtet, auch wenn dadurch die Natur – buchstäblich – unter Beschuss gerät. Manöver, Schießübungen, Tiefflüge, Sonareinsatz, usw. werden auch zukünftig erlaubt bleiben – inmitten der Schutzgebiete und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Totschlagsargumente „innere Sicherheit“ und „Terrorabwehr“ sorgen dafür, dass es hier bis auf Weiteres keine Einschränkungen geben wird. Immerhin hat die Marine mittlerweile Dialogbereitschaft signalisiert, zukünftig mehr auf Naturschutzaspekte zu achten. Ob das zu wirksamen Veränderungen führen wird, darf jedoch bezweifelt werden.

Thema Fischerei: Da Deutschland aufgrund von EU-Beschlüssen die Aktivitäten der Fischer in der AWZ nicht selbstständig beschränken darf, müssen alle Vorschläge zur Regulierung bestimmter Fangmethoden oder zeitlich-räumliche Begrenzungen mit den EU-Nachbarstaaten abgesprochen werden. So werden bis heute Deutschlands Vorschläge im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik verhandelt. Nun hat die Fischerei in Deutschland eine starke Lobby, die im zuständigen Landwirtschaftsministerium stets auf offene Ohren stößt. Das Ergebnis der Verhandlungen wird aus Sicht des Naturschutzes enttäuschend sein, denn weder wird Fischerei flächendeckend verboten (was für ein Naturschutzgebiet ja durchaus adäquat wäre), noch werden umweltzerstörerische Fangmethoden abgeschafft. Im Gegenteil: je länger die Verhandlungen dauern, desto mehr werden die ursprünglichen Maßnahmen verwässert. Leidtragende sind Schweinswale, Seevögel und viele andere schützenswerte Arten. Leider hat die Bundesregierung hier ihre Chance verspielt, eine Vorreiterrolle im Meeresschutz innerhalb der EU einzunehmen.

Whale and Dolphin Conservation (WDC) setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass Meeresschutzgebiete in Deutschland ihren Namen verdienen. In Kooperation mit anderen Umweltschutzorganisation – darunter auch die Schutzstation Wattenmeer – werden dazu Gespräche mit Entscheidungsträgern gesucht, Kampagnen zur öffentlichen Bildung ins Leben gerufen und fachliche Stellungnahmen verfasst. Ohne diese wichtige Arbeit hätte der Meeresschutz in Deutschland deutlich weniger Gewicht.

Bedauerlicherweise bestehen die Nordsee-Meeresschutzgebiete, inklusive dem Sylter Außenriff bisher also praktisch nur auf dem Papier. Ob wir Menschen unsere störenden Aktivitäten zukünftig fast unverändert fortführen werden, oder ob es zu echten Einschränkungen kommt, die der Natur dienen (sprich: ob die Schutzgebiete das Papier wert sind, auf dem sie stehen), daran wird sich die Meeresschutzpolitik in Deutschland trefflich messen lassen können.

Dipl.-Biol. Fabian Ritter, und Meeresschutzexperte bei WDC setzt sich zusammen mit seiner Organisation und dem Projekt „Walheimat“ { http://de.whales.org/themen-und-projekte/walheimat-sichere-schutzgebiete-jetzt } für den verbesserten Schutz der Schweinswale in deutschen Gewässern ein.

Sein neues Buch über Wale und Delphine bei den Kanarischen Inseln gibt es hier:Delfinbuch Titelhttp://clarityverlag.de/shop/edition-claritycollection/delfine-detail.html

Naturschutz auf Sylt, Folge 5: MIND THE GAP: wer schliesst die Walschutzlücke?

Zeichnung Martin Camm

Schweinswal Phocoena phocoena, Zeichnung: Martin Camm

In einer Serie stellt die Naturschutzgemeinschaft Sylt und die Söl’ring Foriining das Thema „Natur auf Sylt“ in seiner ganzen Bandbreite in der Sylter Rundschau dar. Erschienene Artikel werden auf natuerlichsylt.net veröffentlicht und archiviert. Es werden Institutionen und Vereine vorgestellt und auch  Menschen, die sich für die Sylter Natur einsetzen.

In der fünften Folge gibt Lothar Koch, freier Biologe und Autor einen Überblick über das Walschutzgebiet im Nationalpark Wattenmeer vor der Insel.

 

 

Zum Sylter Walschutzgebiet – Geschichte und aktueller Status

MIND THE GAP!– Achtung Sicherheitslücke! so schallt es über die Lautsprecher der Londoner U-Bahn, wenn der Zug in den Bahnhof eingefahren ist. Zwischen Zug und Bahnsteig bleibt für die Ein-und Austretenden oft ein gefährlicher Spalt.

Ähnliches möchte man den Sylter Schweinswalen zurufen, wenn sie im Sommer mit ihren frisch geborenen Kälbern durch die warmen Priele direkt entlang des Sylter Strandes ziehen und Sandaalen nachjagen: MIND THE GAP!

Ja, es gibt eine Sicherheitslücke für die streng geschützte Tierart- trotz Walschutzgebiet. Und die ist 150 Meter breit und liegt genau entlang des Sylter und Amrumer Strandes.

Woran das liegt, erklärt die Entstehungsgeschichte des Walschutzgebietes.

Ein Blick zurück:

Die 1980iger Jahre waren  an der Küste von hitzigen Debatten um Wattenmeer- und Nordseeschutz geprägt. Ein jahrelanges Gerangel um die Idee, ein Großschutzgebiet als  Nationalpark im deutschen Wattenmeer einzurichten, brachte  Fischer, Jäger, Touristiker, Skipper und alteingesessenen Insulaner auf die Barrikaden. 1985 wurden in Schleswig-Holstein Kompromisse zwischen „Schützern“ und „Nutzern“ geschlossen, um das Vorhaben hier doch noch zu realisieren. Ein wesentlicher Punkt lag darin, dass sämtliche Inseln und große Halligen nicht Teil des Nationalparkes werden und die Grenze des Parkes 150 m seewärts  der MTHW-Linie von Inseln und Küste gezogen würde. Ökologisch unsinnig, aber politische Notwendigkeit.

Eine erste Novellierung des Nationalparkgesetzes stand knapp 15 Jahre später an. Das Landesamt für den Nationalpark hatte die Jahre genutzt, um das Großschutzgebiet im Detail zu erforschen. Die zahllosen Ergebnisse dieser Ökosystemforschung und weitere Streitereien um Nutzungsinteressen machten erhebliche Anpassungen im Gesetz erforderlich. Der sogenannte „150 Meter-Streifen“ blieb jedoch unangetastet, obwohl in Niedersachsen Teilflächen der Inseln inzwischen in den dortigen Nationalpark Wattenmeer integriert worden waren.

Meeressäuger rücken in den Fokus

In Schleswig-Holstein, insbesondere auf Sylt,  hatten Naturschützer während der Forschungsjahre ihren Blick über den „Tellerrand“ des klassischen Wattenmeeres, auf die offene Nordsee hinaus gerichtet. Der Grund war auch eine Epidemie unter den Seehunden, die 1988 bundesweit für drastische Empörung angesichts der sterbenden „Nordsee-Kuscheltiere“  gesorgt hatte. Allein vom Sylter Strand wurden rund 800 Kadaver in wenigen Wochen der Hauptsaison geborgen. Am Ende waren es 23 000 im gesamten Gebiet der Epidemie. Dies geschah gerade in dem Sommer, der einer Internationalen Nordseeschutzkonferenz in London (Herbst 1987) folgte, zu der sowohl die Natur-und Umweltverbände der Küste, als auch Gemeindevertreter und Nordseebäderverbände reisten, um gemeinsam für eine „saubere Nordsee“ zu protestieren. Das Seehundsterben wirkte demzufolge wie eine brutale Bestätigung all dieser Bemühungen um ein Müll- und schadstofffreies Hausmeer, denn die Seehundstaupe grassierte auf der Basis eines Tierbestandes, dessen Immunsystem durch enorm hohe Schadstoffwerte geschädigt war.

Das Augenmerk lag also ab jetzt mehr auf den Meeressäugern, statt auf den Vögeln und Wattwürmern. Als hätte diese Tiergruppe der Nordsee das Interesse wahrgenommen, rückten ab 1989 plötzlich zwei weitere Meeressäugetierarten in den Fokus, die bislang kaum eine Rolle in den Debatten um den Nationalpark gespielt hatten: Die Kegelrobben und Schweinswale. Der Fund einer kleinen neugeborenen Kegelrobbe im Winter 1988/89 an der Hörnum Odde war der Auftakt eines Kegelrobben-Schutzprojektes der Schutzstation Wattenmeer. Und wenige Monate später folgte ein Schweinswalprojekt.

Ein internationales Forschungsgutachten, das die Sorge um Kleinwale in der Nordsee zum Ausdruck gebracht hatte, sowie eine erhöhte Rate von Schweinswal-Totfunden an sylter Stränden motivierte den WWF, das Nationalparkamt und die Schutzstation Wattenmeer damals zur Herausgabe eines Zählbogens für diese bislang weitgehend übersehenen Meeressäuger. In den Folgejahren zog die Schutzstation Wattenmeer gemeinsam mit anderen sylter Verbänden eine Schweinswal-Synchronzählung auf, bei der vierzehntäglich an 20 festen Beobachtungspunkten entlang des Sylter Strandes gleichzeitig nach Walen Ausschau gehalten wurde. So entstanden die ersten belastbaren, statistischen Zahlen zum Kleinwaldbestand vor Sylt.

Inzwischen hatten rund um die Nordsee Walschützer und Universitäten ihre Forschungsaktivitäten in Hinblick auf die Kleinwale verstärkt. Das führte im Jahre 1994 zu SCANS, der ersten international koordinierten Erfassung von Walen in Nord-und Ostsee.

Das Ergebnis bestätigte die bereits von den lokalen Verbänden geäusserten Thesen: Vor Sylt schälte sich ein nordseeweiter „Hotspot“ für diese Tierart heraus, der eindeutig als „Kinderstube“, also Kalbungsgebiet identifiziert werden konnte. Damit landete die Verantwortung für den Schutz dieser Tierart in unseren nationalen Gewässern bei Schleswig-Holstein und letztendlich auch bei den Syltern.

Bald folgten weitere Forschungsergebnisse zu Seehunden, Kegelrobben, Hochseevögeln und Bodenorganismen des Sylter Riffs, die die Bedeutung des Seegebietes vor Sylt und Amrum für den Jahreszyklus zahlreicher Tiergruppen heraus stellten.

Die Forderung nach einem Walschutzgebiet wird formuliert

neue interaktive Infofotafeln am Walschutzgebiet auf Sylt

Info-Stele des neuen interaktiven sylter Walpfades/Foto:Koch

Info-Stele des neuen interaktive sylter Walpfades/Foto:Koch

Durch diese Fakten beschleunigt, wurden die Schweinswale zum Motor einer Forderung, die wenige Jahre zuvor niemand zu äussern gewagt hätte:

Stellt das offene Meer vor Sylt vorsorglich flächenhaft unter Schutz! Ziel: die Bewahrung als intaktes Rückzugs- Nahrungs-, Kalbungs- und Rastgebiet für Schweinswale, Robben und Hochseevögel.

Bislang war die Nordsee schliesslich nur als Badegewässer, Schifffahrtsstrasse und Fischereigebiet wahrgenommen worden. Die Gunst der Stunde wurde genutzt, mit der Novellierung des Nationalparkgesetzes im Jahre 1999 das erste europäische Walschutzgebiet, ausgerechnet vor Sylt und Amrum, auszuweisen. Als Bestandteil des Nationalparkes, erhielt es dann 2009 auch den Segen der UNESCO mit dem Siegel  „Weltnaturerbe“.

Kurz nach Einrichtung des Walschutzgebietes brach  das „Windhunderennen“ um die besten Bauplätze für Offshore Windparks los. Der zügigen Einrichtung des Walschutzgebietes  ist es zu verdanken, dass das Seegebiet vor unserer Insel bis zur 12 Seemeilen-Landesgrenze von vornherein dafür tabu war und wir auch in Zukunft keine Industrieanlagen in Strandnähe zu befürchten haben.

Alles gut- eine Erfolgsgeschichte des Naturschutzes, könnte man meinen, aber –

MIND THE GAP! Es gibt dennoch Gefährdungspotential für die Kleinwale und andere Nordseetiere:

– Die Meeresschutzgebiete des Bundes (FFH), die unmittelbar nordwestlich an das Walschutzgebiet des Landes anschliessen, wurden erst 2007 eingerichtet, Jahre nachdem der Windpark Butendiek schon genehmigt war. Der Windpark mit 80 Anlagen hat Bestandsschutz und steht etwa 19 Seemeilen entfernt der Insel. Er ist ein eklatanter Wermutstropfen im Vogelschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“. Die Offshoreanlagen haben während der Bauzeit negative Auswirkungen auf die Schweinswale in ihrer Umgebung gehabt. Die Versorgung des Parkes mit sehr schnellen Transportschiffen, könnte sich permanent negativ auf die Schweinswale entlang der Schiffahrtsroute auswirken.

– Durch die Ausweitung des Nationalparkes bis zur 12 Seemeilenlinie hat sich die 150-Meter Klausel nicht aufgelöst. Der schmale Meeres-Streifen entlang der Strände, der von den Schweinswalen so gern genutzt wird, ist vor Sylt lediglich durch eine lockere Vereinbarung der Gemeinden geschützt, die hier den Einsatz von schnellen Flitzern, also Jetskis, Bananaboats, Rennbooten und ähnliches nicht dulden wollen. Vor eindeutig erkennbaren Badestränden bietet die Seewasserstrassenverkehrsordnung einen gewissen Schutz durch ein Tempolimit von 8 Knoten. Ausnahmeregelungen für Not-Einsätze und bei speziellen Regatten bleiben erlaubt.  Die Kontrollen sind dürftig und wer garantiert, dass diese Absprachen nach der nächsten Kommunalwal so bleiben?

-Untersuchungen, inwieweit sich schnelle Wasserfahrzeuge, also auch Kiter und Windsurfer auf das Verhalten von Walen und Walkälbern auswirken wurden bislang nicht in Auftrag gegeben. Demzufolge werden diese auch nicht im Walschutzgebiet reglementiert. Zu einer neuen Gefahrenquelle könnten neue motorisierte Wassersportgeräte werden, wie z.B. elektrobetriebene Surfbretter und andere Erfindungen dieser Art, die schnell Trendsport werden können und dann von Gemeinden kaum regulierbar sind.

– Das Walschutzgebiet mit einer entsprechenden Befahrensregelung ist als solches  bis heute nicht in die offiziellen Seekarten der Schiffahrt eingetragen worden. Dies soll nun dieses Jahr durch den dafür zuständigen Bund geschehen. Die neue Befahrensregelung bleibt im 150-Meter-Streifen jedoch unwirksam.Walschutzgebiet

Walgefährdende Fischerei ist im Walschutzgebiet bislang immer noch nicht gänzlich ausgeschlossen. Grund dafür ist die Zuständigkeit von Bund und EU hinsichtlich des Fischereirechtes. Das Land hat die Möglichkeit genutzt, walgefährdende Stellnetzfischerei bis zur Drei-Seemeilengrenze für alle und  bis zur 12 -Sm-Grenze für deutsche Fischer, zu verbieten. Die Internationale Fischerei kann jenseits der 3 Seemeilen Zone jedoch bislang national nicht eingeschränkt werden. Das wäre nur per EU-Verordnung machbar. Angeln und Stellnetzfischerei ist vom Strand aus weiterhin mit Lizenz erlaubt.

– Nach wie vor werden rund 100 Schweinswale pro Jahr tot am Sylter Strand geborgen-viele davon sind stark schadstoffbelastet und von Parasiten durchseucht. Deshalb müssen die Forderungen des Nordsees-Umweltschutzes weiter verfolgt werden.

– eine umfassende und angemessene Bürger-Information am Schutzgebiet blieb das Land Schleswig-Holstein der Insel bis zum Jahre 2016 schuldig. Nun soll im Frühjahr 2018 die Errichtung eines Sylter Wal-Indopfades mit hochwertigen interaktiven Stelen und Pulten direkt  am Gebiet abgeschlossen werden.

– nach wie vor fehlt ein umfassender Management- und Entwicklungsplan für das Gebiet.

– Eine ausreichende Kontrolle und Beforschung des Walschutzgebietes ist nicht gegeben.

Fazit: MIND THE GAP!

Einrichtung des Walschutzgebietes war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Sie hatte keinerlei negative Auswirkung auf touristische Belange (im Gegenteil!) und notwendige Maßnahmen des Küstenschutzes. Es bleibt aber noch viel zu tun, um Sicherheitslücken für Kleinwale und andere Tiergruppen verlässlich zu schliessen. Ein Management-und Entwicklungsplan könnte helfen, vorsorglich die richtigen Maßnahmen zum Schutz des Meeresgebietes zu ergreifen. Das käme in jedem Fall auch der Insel zu Gute, denn gute ökologische Badewasserquälität und biologische Vielfalt ist ein wichtiges Kapital.

Ein guter Schritt, der Sylt glaubwürdig als „die Insel der Nordseeschützer“ auszeichnen würde, wäre  die Übernahme einer offiziellen und engagierten Schirmherrschaft der Sylter Gemeinden und ihrer Tourismuseinrichtungen für „Wal- und Meeresschutz im 150-Meter-Streifen“. Das könnte schnell zu einer Win-win Situation für Natur und Tourismus führen, wenn  die Schirmherrschaft mehr als ein symbolisches Markenzeichen würde.

Lothar Koch

der sylter Biologe und Buchautor  war als Verantwortlicher der Schutzstation Wattenmeer zwischen 1988 und 2003 federführend im Einsatz für das Walschutzgebiet. Heute engagiert er sich weiter ehrenamtlich für die Meeressäuger u.a. als Vorstandsmitglied im Freundeskreis des Naturerlebniszentrums für Naturgewalten/List.

Infokasten

Das Walschutzgebiet
– 1999 als Teil des Nationalparkes SH-Wattenmeer eingerichtet und erstes Walschutzgebiet Europas. Zuständig ist das Land Schleswig-Holstein.
– Es erstreckt sich über 1562 qkm von der Dänischen Grenze bis südlich von Amrum und bis zur 12 Seemeilen-Landesgrenze entlang der Inselstrände 150 m entfernt der MTHW-Linie.
Schweinswale
– stehen unter strengem Schutz des Anhang II und IV der Flora-Fauna Habitat-Richtlinie der EU
– stehen über das Bundesgesetz zum Schutz der Kleinwale in Nord-und Ostsee, dem Gesetz zum Schutz wandernder Tierarten und dem EU-ASCOBANS-Abkommen der Nord- & Ostseeanrainerstaaten unter Naturschutz- und auf der Internationalen und nationalen „Roten Liste für gefährdete Tierarten“.

Studie belegt hohe Störempfindlichkeit von Schweinswalen

schweinswal2_w_rolfes-kleinSchweinswale sind aufgrund ihres Energiebedarfes

Kampen 2.6.2015 Gabi Vogt

Foto: Gabi Vogt

besonders störanfällige Meeressäuger. Dies belegt eine Studie, die gemeinsam von Wissenschaftlern verschiedener Universitäten aus UK,DK,GER und AUS durchgeführt wurde. Wiss. Studie von 2016 (Ultra-High Foraging Rates of Harbour Porpoises Make them Vulnarable to Anthrpogenic Disturbance).

Die Studie sollte besonders im Rahmen der Neufassung von Befahrensregeln im Welterbe Wattenmeer und bei der Beurteilung von Bauprojekten in der Nordsee (Offshore-WKA) herangezogen werden. Sie weist nach, daß Schweinswale durch Störungen sehr schnell gefährdet werden, da sie wertvolle Zeit und Energie, die sie zur Erbeutung von Nahrung benötigen in Fluchtverhalten stecken müssen.

Die Wissenschaftler bezeichnen Schweinswale als „aquatische Spitzmäuse“, weil sie wie diese kleinen Landsäuger sehr viel Nahrung im Verhältnis zu Körpergröße und Gewicht aufnehmen müssen, um ihren Energiehaushalt aufrecht zu erhalten. Für Meeressäuger gilt der hohe Aufwand der Thermoregulation  aufgrund der niedrigeren Umwelttemperaturen noch mehr, als für die Landsäuger.

Die Kombination von hohem Nahrungsbedarf pro Stunde und der Spitzenposition im Nahrungsnetz machen Schweinswale besonders besonders störempfindlich im Ökosystem Meer.

Mit Hilfe neuartiger Echolokationstechnik fanden die Forscher heraus, daß Schweinswale fast kontinuierlich Tag und Nacht auf Beutezug sind und dabei bis zu 550 Kleinfische (3-10 cm) pro Stunde fangen. Ihre Erfolgsquote liegt bei 90%.  Damit fischen sie ausserhalb der Klassengröße, die für kommerzielle Fischerei relevant ist. Die Wissenschaftler gehen davon aus, daß Schweinswale rund 10% ihres Körpergewichtes pro Tag als Nahrung aufnehmen müssen, um ihren Stoffwechsel aufrecht zu erhalten. Im Vergleich würde das bei einem Menschen mit 80 kg Gewicht eine Nahrungsaufnahme von täglich 8 kg bedeuten. Schweinswale haben jedoch keinen Supermarkt, in dem sie mal eben einkaufen können. Für den Menschen hiesse das vergleichsweise, 8 kg Krähenbeeren und Brombeeren pro Tag in den sylter Dünen zu sammeln (ohne vorher genau zu wissen, wo die wachsen). Oder besser: 8 kg Singvögel mit der Hand zu erbeuten.

Die Notwendigkeit der ständigen Nahrungsaufnahme zeigt die hohe Empfindlichkeit der Tiere, besonders solcher, die in flachen Gewässen wie vor Sylt leben und ihr Nahrungsbiotop mit menschlichen Aktivitäten teilen (Fischerei, Wassersport, WKA-Bau).

Die Forscher konstatieren dann auch:“Folglich können für diese „aquatischen Spitzmäuse“ schon moderate anthropogene Störlevel in solchen genutzten Meeresgebieten ernsthafte Auswirkungen auf die Fitness von Individuen und der ganzen Population haben“.

Freiheit, solange der Akku reicht!

Freiheit, solange der Akku reicht!

 

Vor dem Hintergrund immer neuer Wassersportgeräte und E-mobiler-Trends, wie neuerdings motorbetriebener Surfbretter, muss dringend über eine diesbezügliche Regelung im Walschutzgebiet des Nationalparkes Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer nachgedacht werden. Noch stärker dürfte der sogenannte 150-Meter Streifen, der sich vor dem Walschutzgebiet befindet und nicht gesetzlich geschützt ist betroffen sein. Gerade dort im Badegewässer befindet sich dann in Zukunft möglicherweise die „Kampfzone“ zwischen Strandwassersportlern und Schweinswalen, die dort mit ihren Kälbern fischen.

Lothar Koch

Mexiko, Neuseeland und Deutschland werden ihrer Verantwortung für aussterbende Walarten nicht gerecht.

Interview zur aktuellen Walausstellung in der Arche Wattenmeer/Hörnum auf Sylt

Hörnum/Sylt
Der Biologe und sylter Natur-Reporter Lothar Koch führt ein Interview mit dem Walforscher Dr. Fabian Ritter, Leiter der Meeresschutzgebiets-Kampagne des WDC (Whale and Dolphin Conservation). 
WDC ist die weltweit führende gemeinnützige Organisation zum Schutz von Walen und Delfinen.

Fabian Walexperte Fabian Ritter (WDC): "Der Sylter "Wal-Pfad" ist eine vorbildhafte Öffentlichkeitsarbeit für den Meeresschutz".

Walexperte Fabian Ritter (WDC): „Der Sylter „Wal-Pfad“ ist eine vorbildhafte Öffentlichkeitsarbeit für den Meeresschutz“.

L.Koch: Herr Ritter, Sie kommen gerade von der jährlichen Konferenz des Wissenschaftskommitees  der IWC  (Internationalen Walfangkommission) aus Slowenien nach Sylt um eine Ausstellung zum Walschutz zu präsentieren. Welche Wal-und Delfinarten sind denn weltweit am meisten gefährdet.

 F. Ritter: Vaquitas, Nördlicher Glattwal (Nordkaper), Maui-Delfin und leider auch der Schweinswal in der zentralen Ostsee führen die Liste der akut vom Aussterben bedrohten Waltiere an.

Vaquita, auch kalifornischer Schweinswal genannt, stirbt gerade  wegen einer mexikanischen Fischerei-„mafia“. Es gibt vermutlich nur noch weniger als 30 Tiere in der Sea of Cortez, Teilgebiet der Baja California. Die mexikanische Regierung hat auf die Warnungen der vergangenen zwanzig Jahre viel zu spät reagiert. Die Tiere sterben dort in den Stellnetzen, die für den Totoaba ausgesetzt werden, einem Fisch dessen Schwimmblase auf dem chinesischen Markt hohe Summen erwirtschaftet.

L.Koch: Können wir Deutschen denn mit erhobenem Zeige-Finger auf die Mexikaner deuten?

 F. Ritter:

Nein, das steht uns nicht zu, denn unserem Ostseeschweinswal geht es ja ganz ähnlich. Schätzungen besagen es gibt gerade mal noch 450 Tiere der eigenständigen Population in der zentralen Ostsee. Dennoch werden seitens des Bundes und der Länder nur halbherzige Massnahmen ergriffen. Auch hier ist die Fischerei mit Stellnetzen die Haupt-Todesursache. Ähnlich ist es bei den Nordseeschweinswalen, die zahlenmässig zwar noch recht gut dastehen. Aber es verenden in europäischen Gewesen jährlich nach wie vor viele Tausend der kleinen Wale in Stellnetzen. Dabei gibt es spezielle Gesetze und Schutzabkommen auf Bundes- und EU-Ebene, aber deren Umsetzung erfolgt lücken- bis mangelhaft.

 

 

Meeresschutzgebiete (Natura 2000-FFH) in Nord-und Ostsee

Meeresschutzgebiete (Natura 2000-FFH) in Nord-und Ostsee (Karte: Nabu)

 L.Koch: Schaut man auf die Karte der deutschen Meeresschutzgebiete, sieht das flächenhaft in Nord- und Ostsee doch ganz ordentlich aus.

 F. Ritter:

Schutzgebiete sind nur so gut, wie die Massnahmen, die dort ergriffen werden. Die Managementpläne für die Meeresschutzgebiete in der deutschen AWZ sind nach Auffassung der grossen Umweltschutzverbände und Walschutzorganisationen wie der WDC eine Farce.  Wir nennen sie „paper parks“, die eher einen Ausverkauf der Meere bedeuten, weil sie die brisantesten Gefährdungen dort nicht ausschliessen: Seismische Untersuchungenauf der Suche nach Erdöl und -gas, militärische Übungen und der Bau von Offshore-Windkraftanlagen. Fischerei bleibt aber auch dort das größte Problem. Sie wird nur uneffektiv eingeschränkt. Selbst der Grüne Landes-Umweltminister Habeck hat trotz fulminanter Ankündigungen in seiner Amtszeit nur eine laxe freiwillige Vereinbarung mit den deutschen Ostseefischern hinbekommen.

 

L.Koch: Was sind denn Ihre Forderungen an Bund und Land?

 F. Ritter:

Kategorischen Vorrang für Natur in Meeresschutzgebieten. Das heisst: Regulierung und Einschränkung der Fischerei sowie flächendeckende Einführung naturschonender Fischereitechnik, die ja im Prinzip bereits verfügbar sind. Tabu für schnellen und lärmenden Schiffsverkehr, Industrieansiedlung, Sprengung von Altlasten und militärische Übungen sowie Ressourcenabbau  in den sensiblen Gebieten. Generell muss weiter die Verschmutzung und Überdüngung der beiden Hausmeere durch die Landwirtschaft vermindert werden.

 

L.Koch: Wie bewerten Sie als weltweiter Kenner von Meeres-Schutzgebieten das Landes-Walschutzgebiet vor Sylt?

Das Schutzgebiet ist im Prinzip eine gute Sache, weil damit Schweinswale in Deutschland erstmals in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt wurden. Leider wurde bislang jedoch nur eine Maßnahme umgesetzt, die man als echte Schutzmassnahme bezeichnen könnte:  die Stellnetznetzhöhe wurde begrenzt – und das auch nur für deutsche Fischereifahrzeuge. Ansonsten kann ich keine Schutzwirkung erkennen, wenn man davon absieht, dass eine Errichtung von Industrieanlagen wie Windparks hier ausgeschlossen ist.

Dabei müsste das wichtige Kalbungs- und  Paarungsgebiet der heimischen Wale auch vor schnellen Flitzern und anderen Eingriffen geschützt werden. Sogar die Kennzeichnung des Gebietes in offiziellen Seekarten steht  auch nach siebzehnjährigem Bestehen noch aus.

 

L.Koch: Herr Ritter, Ich danke für das Gespräch.

Kontakt zu Fabian Ritter:

Fabian.Ritter@whales.org

01577-344 82 74

Lothar Koch, www.natuerlichsylt.net, Info@syltopia.de, Tel:04651/201088

 

 

Schweinswal-Ausstellung „Die letzten 300“ in der Arche Wattenmeer

IMG_1171_Arche Wattenmeer_dennis_schaperEröffnung der Sonderausstellung am 1. Juni 2017 um 15 Uhr, Eintritt frei! 
 

Ab dem 1. Juni 2017 zeigen WDC, NABU, OceanCare und das Kleinwalschutzabkommen ASCOBANS die künstlerischen Beiträge zum Kreativwettbewerb „Die letzten 300“ in der Arche Wattenmeer auf Sylt. Mit der Ausstellung machen die Organisationen auf die kritische Lage des Ostseeschweinswals aufmerksam. Nur noch wenige Hundert Tiere des einzigen in Deutschland heimischen Wals leben in der zentralen Ostsee. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ist Schirmherrin der Ausstellung.

Neben Malereien, Illustrationen, Filmen und Skulpturen sind in der Ausstellung auch vielfältige Informationen zur Situation des Ostseeschweinswals zu finden. Begleitet wird die Ausstellung, die bis zum 31. Oktober zu sehen sein wird, von weiteren Theateraufführungen und Fachvorträgen. Anlässlich der Eröffnungsfeier am 1. Juni wird es ein besonderes Programm geben, u.a. wird WDC-Meeresbiologe Fabian Ritter einen Vortrag um 18 Uhr über Schweinswale halten. Die Werke zum Thema „Was bedeuten dir Schweinswale?“ wurden bereits im Jahr 2015 im Meeresmuseum Stralsund gezeigt.

„Wir sind immer wieder fasziniert von der Vielfalt der Werke, die von Kinderbildern bis zu Skulpturen professioneller Künstler reichen. Sie sind Ausdruck der großen Besorgnis der Menschen über die Situation der Wale und gleichzeitig eine dringliche Aufforderung für verbesserten Schutz der Tiere“, so die Organisatoren.

Die Ausstellung bietet den Besuchern eine außergewöhnliche Möglichkeit, sich mit dem Schweinswal, seiner Bedrohung und seinem Schutz auseinanderzusetzen. Jüngsten wissenschaftlichen Schätzungen zufolge leben nur noch wenige Hundert Tiere in der zentralen Ostsee, östlich der Halbinsel Darß. Insbesondere der ungewollte Beifang in Fischernetzen und die zunehmende Belastung durch Unterwasserlärm machen der kleinen Restpopulation das Leben schwer. Die Weltnaturschutzunion stuft diese Population als akut vom Aussterben bedroht ein.

„Den Nordsee-Schweinswalen vor Sylt geht es deutlich besser als den Brüdern und Schwestern in der Ostsee, dennoch braucht es weitere Schutzmaßnahmen“, so Dennis Schaper, Leiter der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt. „Zum Schutz der Kleinwale wurde im Jahr 1999 wurde das erste Walschutzgebiet Europas im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer eingerichtet, welches jedoch bis heute nicht in den offiziellen Seekarten eingezeichnet wurde. Auch der Lärm durch den Ausbau der Offshore Windkraft beeinträchtigt die Schweinswale hier bei uns“ betont Schaper.

Adresse des Veranstaltungsortes: Arche Wattenmeer, Rantumerstr. 33 25997 Hörnum / Sylt, www.arche-wattenmeer.de

Das vollständige Ausstellungsprogramm und mehr Infos zum Wettbewerb unter www.schweinswal.eu

 
Über die Schutzstation Wattenmeer e.V. 

Die Schutzstation Wattenmeer ist der größte betreuende Naturschutzverband im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Die gemeinnützige Organisation betreibt 20 Stationen entlang der Westküste, darunter drei Wattenmeer Seminarhäuser, zahlreiche Ausstellungen wovon die Arche Wattenmeer in Hörnum auf Sylt die Größte ist. Mit Hilfe von vielen freiwilligen Mitarbeitern wird umfangreiche Umweltbildungsarbeit geleistet, die stets mit dem Ziel Verständnis und Faszination für das Ökosystem Wattenmeer und die Nordsee zu wecken und somit Schutz und Schutzbereitschaft für diese Lebensräume zu erhöhen.

Kontakt Interviews: Dennis Schaper, d.schaper@schutzstation-wattenmeer.de Tel. 04651 / 8862 227 oder 0151 / 5810 2141