Beiträge

Robbensterben: Die große Angst vorm toten Meer

Historischer Rückblick vom Hamburger Abendblatt 20.7.2013

Die täglichen Bilder vom Robbensterben führten vor 25 Jahren zur längsten Menschenkette des Nordens. Abendblatt-Redakteurin Irene Jung erinnert daran, was die Aktion bewirkte.

Trotz des bewölkten Himmels ist es ein warmer Sonntag – angenehmes Sylter Strandwetter. Aber nach Baden ist am 24. Juli 1988 nur wenigen zumute. In Westerland stehen Plakate: „Unsere Nordsee – lasst sie leben!“ Gegen 12 Uhr haben sich von List bis Hörnum mehr als 30.000 Menschen – Einheimische und Badegäste – aneinandergereiht. Eine Hubschrauberbesatzung registriert über 38 Kilometer die erste und längste Menschenkette, die Norddeutschland bis dahin gesehen hat.

Pastor Christoph Bornemann hat seinen Gottesdienst an die Westerländer Konzertmuschel verlegt. „Unsere Umwelt ist krank“, predigt er, „immer mehr Menschen leiden an Allergien, Pseudokrupp oder Krebs, und jetzt sterbe nach dem Wald auch das Meer.“ Bornemann mahnt: „Einschnitte und Abstriche an Gewohnheiten sind unumgänglich, wenn wir wollen, dass auch unsere Kinder noch am Strand toben und im Wald spazieren gehen können.“ Auch auf dem Festland sowie auf Föhr gibt es an diesem Sonntag Protestaktionen, auf Amrum bilden Hunderte am Strand den Schriftzug „Rettet unsere Nordsee“. Insgesamt sind mehr als 100.000 Demonstranten unterwegs.

Naturschützer, die Grünen und die engagierte Wenningstedter Bürgermeisterin Klara Enss

Frühgeburt eines Seehundes Vorbote des Seehundsterbens 1988 (Foto S.Menzel)

hatten Flyer verteilt und auch die Sommertouristen zum Mitmachen mobilisiert. „Das war wirklich eine unglaubliche Aktion“, erinnert sich der Biologe Lothar Koch, damals Sprecher der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt. „Sogar Bürgermeister, Kurdirektoren und Geschäftsleute nahmen teil. Das war eine neue Qualität. Vorher hatten sie uns Naturschützer immer gedeckelt, wenn wir auf Ölreste oder Plastikmüll am Strand aufmerksam machten. Dann hatte es geheißen, das ist geschäftsschädigend.“

In der Badesaison 1988 aber konnte niemand mehr wegsehen. Schon im April hatte man bei Seehunden in der westlichen  Ostsee und dann auch in der Nordsee vermehrt Fehlgeburten und lebensschwache Jungtiere beobachtet. Anfang Mai waren alle Jungtiere des Jahrgangs gestorben. Mitten in der Saison wurden überall an der Nordseeküste auch ältere verendete Seehunde angespült – im August allein in Schleswig-Holstein 500 pro Woche.“Eine so dramatische Entwicklung hatten weder die Experten noch die Öffentlichkeit bis dahin je erlebt“, sagt Koch. „Die Behörden waren völlig überfordert, zumal es schwierig war, die verseuchten Kadaver zu entsorgen. Das Seehundsterben war über Monate ein Top-Thema bis in die Fernsehnachrichten.“ Später, im Dezember 1988, zeigte eine vorläufige Bilanz: Mehr als 18.000 verendete Seehunde wurden in den Anrainerstaaten registriert, davon 5820 an Schleswig-Holsteins und 1100 an Niedersachsens Nordseeküste. Die rätselhafte Seuche reduzierte den Wattenmeerbestand von Holland, Deutschland und Dänemark um 60 Prozent.

An der Tierärztlichen Hochschule Hannover forschten Wissenschaftler im Sommer fieberhaft nach der Ursache. Ergebnis: Es war das Seehundstaupevirus („phocine distemper virus“, PDV), das die Atmung der Tiere angreift, ihr Immunsystem schwächt und sie innerhalb von zwei Wochen tötet. Mysteriös bleibt bis heute, warum diese Epidemie – wie auch eine weitere im Jahr 2002 mit sogar 21.700 verendeten Seehunden – ausgerechnet auf der dänischen Ostseeinsel Anholt ihren Anfang nahm. Umweltschützer vermuten, das habe mit den dortigen Nerzfarmen zu tun. Virologen halten dagegen, dass in den Nerzbeständen schon seit Langem keine Staupe mehr aufgetreten sei. Weil Seehunde weite Strecken zurücklegen, breitete sich die Epidemie durch Kattegat und Skagerrak schnell in die Nordsee aus.

„Für uns war damals klar, dass die Staupeepidemie mit der Meeresverschmutzung zusammenhängt“, sagt die Goldschmiedin Edda Raspé, 1981 Mitbegründerin der Sylter Grünen. „1980 hatte ein Gutachten für die Bundesregierung schon alles genau beschrieben: die Schadstoffbelastung mit FCKW, Schwermetallen, Quecksilber, PCB, die Folgen für Meeressäuger, Fische, Krabben. Das hat uns die Augen geöffnet.“ In der Nordsee wurden Giftmüll und Dünnsäure verklappt, ölverschmutzte Bilgenwässer und Schlacken abgelassen. 1980 hatte Greenpeace mit spektakulären Aktionen dagegen protestiert und zentnerweise missgebildete Fische vor das Bayer-Werk in Brunsbüttel gekippt. Die 80er wurden zum Jahrzehnt der erbitterten Kämpfe um Umweltschutz, im Meer wie an Land.

Berndt Heydemann, Biologe und Umweltminister im Kabinett von Björn Engholm (SPD), ließ die Kläranlagen des Landes umrüsten. 1990 wurde die Dünnsäure-Verklappung in der Nordsee verboten. Eine Weile lang hielt die Umweltbegeisterung auch auf Sylt an, Geschäftsleute musterten Lösemittel, PCB- und FCKW-haltige Produkte aus und diskutierten über die Abschaffung von Plastiktüten. Zu einer „Umwelt-Vorzeige-Insel“, wie der örtliche Unternehmerverein damals beteuerte, ist Sylt leider nicht geworden. Immerhin: „Das Seehundsterben war die sichtbare Bestätigung für die rücksichtslose Meeresverschmutzung“, sagt Lothar Koch. „Es hat die ganze Region aktiviert. Ich glaube sogar, ohne die damalige Betroffenheit wären wir mit einigen Umweltstandards nicht da, wo wir heute stehen.“

von Irene Jung, Hamburger Abendblatt

Praktikanten für´s Weltnaturerbe Wattenmeer gesucht!

Vögel zählen auf Sylt, Wattwanderungen mit Nationalparkgästen in Büsum, Brutgebiete auf Föhr bewachen

Die Schutzstation Wattenmeer bietet ab April 2013 Studenten und Schulabgängern bezahlte Praktika im Weltnaturerbe Wattenmeer. Die bis zu sechsmonatigen Tätigkeiten an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins geben Einblicke in die Arbeit eines Naturschutzvereins und vermitteln Interessierten eine erste Berufsorientierung. Die Unterkunft wird kostenlos zur Verfügung gestellt.

„Eine Aufgabe unserer Freiwilligen ist die Erfassung von Brut- und Zugvögeln im Nationalpark,“ sagt Christof Goetze, Pressesprecher der Schutzstation Wattenmeer. „Im Mai zählen wir zum Beispiel die hier brütenden Vögel. Man muss aber kein Vogelkenner sein, um diese Aufgabe zu erfüllen. Die meisten Arten lassen sich leicht voneinander unterscheiden.“ Die gewonnenen Daten geben Auskunft über langfristige Entwicklungen und lassen erkennen, ob Schutzmaßnahmen ausreichend sind oder ob sie geändert werden müssen.

Eine wichtige Aufgabe für die Freiwilligen besteht darin, den Gästen des Nationalparks die Wattnatur näher zu bringen. Besonders Wattwanderungen vermitteln Urlaubern und Einheimischen die Faszination des Lebensraums zwischen Ebbe und Flut und werben für den Schutz dieser einzigartigen Naturlandschaft. An den meisten Einsatzstellen werden auch naturkundliche Ausstellungen betreut, in denen Aquarien den Blick unter die Wasseroberfläche des Weltnaturerbes ermöglichen.

Die Stellen bei der Schutzstation Wattenmeer haben einen besonderen Flair. Die Praktikantinnen und Praktikanten organisieren ihre Arbeit weitgehend selbstständig in kleinen Teams mit BFDlern und Teilnehmerinnen im FÖJ. Dies bietet viele Freiheiten, erfordert allerdings auch die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Haupt- und ehrenamtliche Beauftragte des Vereins unterstützen hierbei die Praktikanten.

Jedes Jahr werden etwa 60 junge Leute bei der Schutzstation Wattenmeer in mehrmonatigen Praktika an 20 Einsatzstellen aktiv. Die Unterbringung erfolgt in kleinen Wohngemeinschaften, die nur wenige Minuten von den Schutzgebieten entfernt liegen. Die Unterkunft ist frei und es wird eine Vergütung gezahlt, die sich nach der Praktikumsdauer richtet. Für kurzentschlossene junge Leute gibt es auch noch die Möglichkeit, sich für einen Bundesfreiwilligendienst (ab Juli) oder einen Platz im Freiwilligen Ökologischen Jahr (bis 26 Jahre) (ab August, Anmeldefrist bis 28.2.13) zu bewerben.

Dipl.Biol.Christof Goetze, – Pressesprecher- , Naturschutzgesellschaft SCHUTZSTATION WATTENMEER e.V.,
Hafenstr. 3, 25813 Husum, Tel.: 0 4841 / 66 85 46 , Fax: 0 43 31 / 66 85 39,
E-Mail: c.goetze@schutzstation-wattenmeer.de,
Internet: www.schutzstation-wattenmeer.de

Fighting for Fish mit Sternekoch Tim Mälzer

Lieber Leser von NatürlichSylt,

haben Sie schon von der Fish Fight Kampagne des Sternekochs Tim Mälzer gehört?
Ich habe meinen Namen zu der Petition hinzugefügt und ich denke, dass Sie dasselbe tun könnten. Sie können sich hier anmelden: www.fishfight.net . Hierfür benötigen Sie nur einige Sekunden und können einen echten Unterschied bewirken.

Rund die Hälfte des Fisches, der in der Nordsee gefangen wird, wird tot zurück ins Meer geworfen und Fish Fight kämpft dafür, die Gesetze der EU zu ändern, um dies zu stoppen. Gemeinsam können wir dabei helfen, diesen Wahnsinn zu stoppen.

Ich danke Ihnen ganz herzlich,

Lothar Koch

Naturschutzverbände übergaben Unterschriften gegen BOS-Funkturm am Königshafen

Teilerfolg der Sylter Heimat- und Naturschutzverbände in List

Der Lister Gemeinderat hat auf seiner gestrigen Sitzung klargestellt, dass sowohl der Standort „Jenslongtal“, als auch den Standort „Lister Koog“ für die Aufstellung eines BOS Funkturmes seitens der Gemeinde abgelehnt wird. Damit haben beide gegen das Projekt des Bundes agierenden Initiativen einen Teilerfolg errungen.

Nachdem Sven Lappoehn von der Sölring Foriining im Namen der beteiligten Naturschutzverbände dem Lister Bürgermeister Wolfgang Strenger 191 Unterschriften (davon 111 aus List, innerhalb von 3 Tagen auf Papierlisten gesammelt) von Bürgern gegen Landschaftsverschandelung und Naturgefährdung am Königshafen überreicht hatte, verlas Strenger eine Erklärung, in der die Gemeinde List mitteilt, den Standort am Nationalpark Wattenmeer wegen der Einwände von Naturschutzverbänden und Verwaltungen abzulehnen. Das Jenslongtal würde wegen des Protestes einer weiteren Bürgerinitiative von Anliegern verworfen, die hauptsächlich gesundheitliche Gründe gegen den BOS-Funkturm ins Feld führt.

Sven Lappoehn, Sölring Foriining „Wir Sylter Verbände begrüssen die Entscheidung der Gemeinde List ausserordentlich, den Standort „Lister Koog/Königshafen“ aus der BOS-Diskussion zu nehmen. Ein historisch und landschaftlich wertvolles Stück Heimat bleibt  vor Verunstaltung bewahrt“

Mitinitiator Biologe Lothar Koch fügt hinzu: „Die Gemeinde List hat mit ihrer Entscheidung  Verantwortung für Natur und Mensch übernommen und damit ein wichtiges Zeichen für den Schutz der Sylter Naturlandschaft gesetzt.“

Dr. Matthias Strasser vom Zentrum für Naturgewalten Sylt zeigt sich erleichtert: „Unseren zahlreichen Gästen in den“ NaturgewaltenSylt“ hätten wir einen Gemeinderatsbeschluss für ein 40 m hohes Bauwerk mitten in der Lister Naturlandschaft schwer vermitteln können“.

Dennoch können sich die Verbände und Initiativen noch nicht endgültig zurücklehnen. De facto hat die Gemeinde nur beratende Funktion und gibt das Signal für eine neue Standortsuche. Der soll nach ihrer Vorstellung „mindestens 500 m“ von bewohnten Gebäuden entfernt liegen. Wenn nicht der Lister Hafen, oder einer der Leuchttürme in Frage kommt, könnte es weitere Konflikte mit Naturschutzinteressen geben.

Bund und Land können auch gegen den Willen von Gemeinde und Bevölkerung einen Standort für den Funkturm bestimmen.

„Solange kein Ort gefunden ist, den alle akzeptieren können, bleiben wir wachsam“, so die Verbandsvertreter des Naturschutzes, Sven Lappoehn und Lothar Koch.

Für die Verbände:

Sölring Foriining (Sylter Heimatverein),  Naturschutzgemeinschaft Sylt, Verein Jordsand,
Schutzstation Wattenmeer,  WWF-Wattenmeerbüro, und Naturschutzbund Deutschland

Helfen Sie mit ein wunderschönes Stück Deutschland auf Sylt zu retten!

Wie bereits in diesem Blog angekündigt (Artikel „Böse Falle…“), soll auch in List ein BOS Funkmast (für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) aufgestellt werden. Wegen des Protestes einer Bürgerinitiative, die gegen den geplanten Standort am Lister Siedlungsbereich (Jenslongtal, „Industrietal“) agiert, ist nun wieder eine Lösung auf Kosten der Natur ins Visier genommen worden. Wenn niemand protestiert, könnte der ca 40 m hohe Funkmast direkt an den Königshafen im Lister Koog beim Klärwerk gestellt werden. Damit würde

eine der schönsten Landschaftsteile Sylts, ja Deutschlands, optisch verschandelt. Ausserdem bestünde eine deutlich erhöhte Gefahr von Vogelschlag, da sich im Lister Koog und im Königshafen besonders hohe Konzentrationen von geschützten Brut-und Zugvögeln aufhalten können. Besonders bei Schlechtwetterlagen und Nachts kommt es immer wieder vor, dass Vögel gegen hohen Türme fliegen. Es gibt einen starken Vogel-Flugbetrieb zwischen den Hochwasserrast-und Nahrungsflächen im Nationalpark und dem Lister Koog.

Helfen Sie bitte mit die Unberührtheit dieser wundervollen Naturlandschaft am Weltnaturerbe Wattenmeer zu bewahren.

Unterstützen Sie die Allianz Sylter und überregionaler Verbände für eine unverbaute Sylter Naturlandschaft!

Sölring Foriining (Sylter Heimatverein),  Naturschutzgemeinschaft Sylt,
Schutzstation Wattenmeer,  WWF-Wattenmeerbüro, Verein Jordsand und Naturschutzbund Deutschland (NABU)

 Leisten Sie Ihre Protestunterschrift gegen den BOS-Mast am Königshafen

Hier die Unterschriftenliste zum downloaden und sammeln: BOS-Protest

Bitte senden Sie die unterschriebene Liste baldmöglichst an den Sylter Heimatverein:

Söl´ring Foriining e.V., Am Kliff 19a, 25980 Sylt/Keitum, Tel: 04651/32805, Fax: 32844, info@soelring-foriining.de

Weitere Listen liegen aus:

List: Zentrum für Naturgewalten Sylt

Braderup: Naturzentrum

Hörnum: Schutzstation Wattenmeer

 

Vielen Dank,

Lothar Koch