Klimawandel wird das Bild unserer Insel verändern

Passend zum letzten Blogartikel „Trockenheit macht Dünenheide zu schaffen“ wurde mir eine wissenschaftliche Arbeit zugesandt, aus der ich hier zitiere. Dr. Metzing, ein Kenner der Küste und Botaniker beim Bundesnaturschutzamt hat sie vor einigen Jahren an der Uni Oldenburg veröffentlicht.

absterbende Krähenbeerenheide in den Sylter Dünen/sommer 2018

absterbende Krähenbeerenheide in den Sylter Dünen/sommer 2018

K4Detail

Krähenbeerenfrüchte vertrocknen an den Heidestengeln

Dr. Metzing macht darauf aufmerksam, dass die Erderwärmung nicht nur durch den steigenden Meeresspiegel Folgen für die Wattenmeerküste haben wird. Die steigenden Temperaturen werden auch die Vegetation der Inseln sichtbar verändern. Man stelle sich die Dünenlandschaft Sylts vor, ohne das Tannengrün der Krähenbeerenheide (Empetrum nigrum). Genau das könnte flächenhaft aber schon in 30-40 Jahren wahr werden, denn diese Pflanzenart reagiert auf eine Erhöhung der Erderwärmung um 2-2,5 Grad mit Rückzug nach Norden, da sie hier auf den Inseln bereits ihre südliche Verbreitungsgrenze hat. Rückzug heisst nichts anderes, als dass die Bestände absterben werden, so wie es in diesem trockenen Sommer an den Rändern bereits zu beobachten ist, und die Art dort im kommenden Jahr nicht wieder kommt. Ein ähnliches Szenario ist für den Strandroggen (Leymus arenarius) zu erwarten, der ja zum Teil auch eine Bedeutung für den Küsten-und Dünenschutz hat. Auch die Strandplatterbse (Lathyrus japonicus) wird betroffen sein, die als Leguminose Nährstoffe in den Boden abgibt.

vertrocknete Strandplatterbese bei K4-Dünen

vertrocknete Strandplatterbese bei K4-Dünen

Insgesamt überprüfte Metzing 213 Pflanzenarten der Küste auf ihre Sensibilität gegenüber des prognostizierten Klimawandels. Etwa ein Viertel der untersuchten Wattenmeer-Pflanzen-Arten sind anfällig für ein Abwandern wegen der steigenden Durchschnittstemperaturen um 1-2,5 Grad. Laut Metzing wird das die Zusammensetzung und Vielfalt unserer Küstenvegetation deutlich verändern. Einige Arten werden ganz verloren gehen, einige werden aus dem Gebiet nach Norden abwandern und etliche neue Arten von Südwesten her zuwandern. Dazu rechnet Metzing beispielsweise den gelben Hornmohn, den Meerfenchel und die Strandwolfsmilch in sandigen Bereichen der Dünen, oder die graue Glockenheide in den heutigen Arealen der Krähenbeere.

Die Veränderungen der Pflanzengesellschaften werden wiederum Auswirkungen auf die Tierwelt haben. Fallen beispielsweise die Früchte der Krähenbeere weg, werden die Vogelarten, die diese jetzt nutzen, wie zB. Regenbrachvögel und Stare die Dünen weniger aufsuchen. Die Zusammensetzung des Pflanzenkleides dürfte auch einen grossen Einfluss auf die Insektenfauna der Dünen mit sich bringen.

Lothar Koch

Ich habe aus dieser Arbeit zitiert: Global warming changes the terrestrial flora of the Wadden Sea
von Detlev Metzing, Institute of Biology and Environmental Sciences, University of Oldenburg,

 

Sylt und Felix Jaehn- zwei Marken laden sich auf

 

Jaehn-DJ-Festival vor Halle 28

Jaehn-DJ-Festival vor Halle 28

Auf Sylt fand laut Tourismusservice gerade das „Top-Event-Wochenende“ statt: Revolverheld und Felix Jaehn – zwei musikalisch angesagte Superstars der aktuellen Szene unmittelbar hintereinander auf der neuen Open Air Bühne an der Halle 28 auf dem alten Fliegerhorst. Sie folgten anderen Stars, wie Anastasia und Max Giesinger, die neben dem umfangreichen und kaum weniger hochrangigen Standardprogramm in den vergangenen 14 Tagen die Insel an anderen Orten  beglückten.

Mir war klar, dass ich zu Felix Jaehn musste: Erstens wollte ich wissen, wie es heutzutage funktioniert im zarten Alter von 24 Jahren zum Musik-Weltstar aufzusteigen, und zweitens interessierte mich die neue Event-Location am Airport, eben da, wo ursprünglich eine Renaturierung von Kriegsbetonflächen geplant war, die aber durch ein Bürgerbegehren für die Halle 28 gestoppt wurde.(s. Artikel in diesem Blog dazu).

Beide Erwartungen wurden erfüllt. Zunächst zu Felix Jaehn: Auf meinem 50-Euro Ticket stand “ Felix Jaehn-DJ-Festival“. Es tritt also keine Band mit Instrumenten auf, sondern lediglich ein DJ, der seinen speziellen Mix mit einer Light- und Konfetti-Show abzieht. Das Konzept lockte an diesem wundervollen Sylt-Wetter-Abend einige Tausend Besucher- für Felix Jaehn und seinen Veranstalter sicher dennoch recht wenig- der junge Weltstar ist grössere Massen gewohnt. Aber sicher ging es um mehr als unmittelbar Kasse zu machen- es ging um das gegenseitige Aufladen von Trademarken®- Felix Jaehn lädt Sylt® auf und Sylt  lädt Felix Jaehn® auf, -soweit der Plan, der von Tourismusdirektor  Peter Douven, zumindest was die insulare Seite angeht, so kommentiert wurde. Jaehn tat sich schwer damit, das Sylter Publikum aufzuladen.  Der Altersschnitt war sehr gemischt- positiv ausgedrückt hätte es ein Fest der Generationen in lauer Sylter Sommernacht werden können-wurde es aber nicht. Jaehn gelang es trotz bester Wetterbedingungen nicht, magische Momente zu erzeugen. Am Ende blieb ihm nur ganz platt übrig, das Publikum direkt verbal anzuleiten und zu steuern, sodass zumindest die Fotos, die es über diesen Event in Zeitungen und social Medias geben wird, tolle Momente und gute Stimmung suggerieren:. Jaehn: „Jetzt mal alle die Arme mit den Handy-Leuchten hoch und so laut schreien wie ihr könnt!“ gesagt, dreht er den Rücken zum Publikum und macht ein Selfie mit der „Crowd“. Das reicht um eine Marke aufzuladen. Es bleibt jedoch ein Rätsel, weshalb man für diese PR des Publikums zugunsten eines Entertainers Eintritt zahlen muss.

es hätte ein schöner Festival Abend werden können-z.B. mit einer guten Rockband...

es hätte ein schöner Festival Abend werden können-z.B. mit einer guten Rockband…

 

Im Moment als Felix Jaehn die Bühne betrat startete hinter dem Publikum gerade eine Lufthansa-Maschine. Zum Konzerthöhepunkt hob eine  Suisse-Air ab, und zum Schluss, als nach 1,5 Stunden Felix Jaehn alle gingen donnerte nochmal eine weitere grosse Düsenmaschine über den Platz- das ist Sylt 2018!

Der Festivalplatz an der Halle 28 ist für solche Events sicher geeignet- als Sylter ist es toll, Konzerte ohne grosse Anreise vor die Haustür zu bekommen. Bedenkt man jedoch den Preis, den der Bürger letztendlich über die Ausgaben der Gemeinde für den Platz samt Halle 28  zahlt, um zwei, drei Grosskonzerte im Jahr herzuholen, kommt man ins Grübeln. Und: Braucht Sylt solche Events wirklich? Ist das die Marke Sylt, die wir aufladen wollen? Hiess es seitens der Touristik nicht, wir seien in der Hauptsaison schon ausreichend ausgelastet und wollen nur noch für die Nebensaison ziehen? Und Tagesgäste, die für solche Konzerte rüberkommen brauchen wir schon gar nicht, oder? (Der eigens engagierte Einheizer rief vor dem Top-Act das Publikum dazu auf, die Petition der SMG für eine zweigleisige Bahnstrecke ab Niebüll zu unterschreiben, denn „ohne Euch (Tagesgäste vom Festland) können wir so etwas nicht wieder machen“.)

 

Lothar Koch

 

 

Trockenheit macht Dünenheide zu schaffen

Rosa Rugosa am vertrocknen

Rosa Rugosa am vertrocknen

Zuerst litten standortfremde Bäume und Rasenflächen auf Sylt unter der Trockenheit. Leuchtet in normalen Sommern der Nössedeich zwischen Tinnum und Morsum in sattem Grün zieht sich dort nach rund vier Monaten Dauersonne ohne nennenswerte Niederschläge ein rotbraunes Gras-Band, auf dem Schafe meist vergeblich nach Fressbarem suchen .In den Dörfern zeigen schon seit Juli etliche Laubbäume nur noch vetrocknete Blätter.

Nun beginnt es jedoch auch für die Dünenvegetation kritisch zu werden, die ja bekanntlich Einiges gewohnt ist: Salz-und Sandstrahlgebläse, Nährstoffarmut und auch Trockenheit sind typische Bedingungen in diesen meernahen Biotopen. Die Heidegewächse haben nur kurze Wurzeln, die nicht ans Grundwasser reichen und daher sind sie darauf angewiesen, dass ihre Rohhumusschicht durch Regenwasser befeuchtet wird.

Meine Bilder zeigen jedoch: Nach der, als besonders widerstandsfähig bekannten Sylt-Rose (Rosa Rugosa), die als Fremdart in die Dünen eingedrungen ist, beginnt nun auch die heimische Krähenbeere zu schwächeln. Besonders an ostwärts gerichteten Dünenkuppen zeigen sich rostbraune Flächen in der sonst tannengrünen Heide. Es ist der heisse Ostwind, der den geschützten Pflanzen, die in der Fläche auch als 1000jährige Heide bezeichnet werden, nun den Rest gibt.

Krähenbeerenheide stirbt flächenhaft ab

Krähenbeerenheide stirbt flächenhaft ab

Müssen wir uns deswegen Sorgen machen? Ich meine nicht. Dürreperioden gehören zum Naturhaushalt und die Dünenheide ist recht überaltert und wegen der jahrelangen Statik, die der Küstenschutz (teilweise unter dem Deckmantel des Naturschutzes) verordnet (Das Betreten der Dünen ist aus Küstenschutzgründen nicht gestattet), ohnehin mürbe geworden. Ein maßvolles Absterben von Heide-Kleinflächen kann zur notwendigen  Verjüngung der Dünen beitragen. Ähnlich wie es durch das Abbrennen der Braderuper/Morsumer Heide künstlich von Menschenhand initiiert wird, vollzieht hier die Natur selbst diesen Schritt.

Dies darf jedoch nicht mit den Problemen feuchter, anmooriger Dünentäler verwechselt werden, die dauerhaft Kontakt zum Grundwasser halten müssen. Wenn die Grundwasserblase durch zu starke Entnahme seitens der Wasserwerke absinkt und die an stehendes Wasser angepassten Dünenmoorpflanzen keine Feuchtigkeit mehr bekommen, sterben die Raritäten weg und mit ihnen eine besonders schützenswerte Fauna, wie z.B. Moorfrösche und Kreuzkröten. Hie ist eine zunehmnde Sorge durchaus angebracht.

Lothar Koch

Schuld ist die Wasserknappheit

Schuld ist mangelnder Niederschlag und heisser Ostwind